Als Wissenschaftsstandort setzt sich Hamburg für moderne Forschung im Einklang mit den Anforderungen des Tierschutzes ein und ist bestrebt Tierversuche durch Alternativverfahren zu ersetzen. Um die Entwicklung von Alternativmethoden voranzutreiben, wurde durch die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz und die Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke am 30.09.2024 wieder ein Förderpreis vergeben. Der Preis wird für drei innovative Projekte vergeben, die einen vielversprechenden Ansatz verfolgen, Tierversuche zu ersetzen oder zu minimieren.
Insgesamt gingen 15 Bewerbungen um die Auszeichnung mit dem 4. Hamburger Forschungspreis ein, die verschiedene innovative Ansätze zur Vermeidung, Verringerung und Verbesserung von Tierversuchen verfolgen. Die Auswahl erfolgte mit Unterstützung eines wissenschaftlich zusammengesetzten Gremiums fiel bei insgesamt hervorragenden Projekten schwer. Letztlich wurden jedoch drei Projekte ausgewählt, die mit dem Preis ausgezeichnet wurden. Die Verleihung des Preises fand im festlichen Rahmen am 30.09.2024 durch die Senatorin der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz Anna Gallina und die Senatorin der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke Katharina Fegebank statt.
Mit einem Preisgeld in Höhe von 30.000 Euro wurde das Project A novel three-dimensional Nrf2 reporter epidermis model for skin sensitization assessment von der Arbeitsgruppe Dr. Johanna Ebmeyer, Beiersdorf in Koopeation mit dem Fraunhofer Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart ausgezeichnet. Es umfasst ein dreidimensionales Epidermismodell, das als vollständig tierversuchs- und tierproduktfreies in vitro Verfahren einen Tierversuch zur Testung hautsensibilisierender Eigenschaften hydrophiler und hydrophober Stoffe ersetzen kann. Das Modell verspricht ein Verfahren, welches in der nach Vorgaben der REACH-Verordnung erforderlichen Prüfung von Chemikalien und Bioziden bei Anerkennung durch die OECD als Standardersatzmethode zum Tierversuch in großem Maße zum Einsatz kommen und viele Tierversuche einsparen könnte. Auch für Untersuchungen in der Arzneimittelforschung wäre es einsetzbar.
Das Project An integrated organoid omics map extends modeling potential of kidney disease von der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Markus M. Rinschen, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wurde mit einem Preis von 10.000 Euro ausgezeichnet. Es handelt sich um eine neue Methode der Charakterisierung bereits vorhandener spezifischer Alternativmethoden, den sogenannten Organoiden. Es erfolgt eine Evaluierung und systematische Erfassung von bereits veröffentlichten Organoidmodellen anderer Arbeitsgruppen, um über eine zugängliche Website eine geeignete Auswahl des passenden Organoids für eine wissenschaftliche Fragestellung zu ermöglichen.
Das Project Bioprinting of Perfusable Vascularized Organ Models for Drug Development via Sacrificial-free Direct Ink Writing von der Arbeitsgruppe Prof. Dr. Jens Kurrek, Technische Universität Berlin wurde ebenfalls mit einem Preis von 10.000 Euro ausgezeichnet. Es beschreibt die Entwicklung eines humanisierten perfundierbaren menschlichen 3D-biogedruckten Lebermetastasenmodells. Hierbei handelt es sich um ein technisch neuartiges in vitro-Verfahren mit der Möglichkeit des Druckens biologischer 3D-Gebilde Organmodelle, die vaskularisiert und perfundiert sind. Noch werden tierische Bestandteile im Kultivierungsmedium benötigt, jedoch besteht großes Potenzial zur Weiterentwicklung.
Forschung ist ein wesentlicher Antrieb für zusätzlichen Erkenntnisgewinn und damit erforderlich für die Weiterentwicklung auf verschiedensten Gebieten. Der gewonnene Erkenntnisgewinn stellt die Grundlage dar, die medizinische Versorgung und Behandlung von Mensch und Tier zu verbessern und gesundheitliche Gefahren zu erkennen. Zur Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen, die den Menschen oder das Tier betreffen, werden noch immer Tierversuche eingesetzt und sind nicht in jedem Fall durch ein Alternativverfahren ersetzbar, obgleich ein Umdenken bereits eingesetzt hat. Mit der Vergabe des 4. Hamburger Forschungspreises möchte die Freie und Hansestadt Hamburg Bemühungen auf dem Gebiet der Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch honorieren und einen Anreiz schaffen, die Forschung auf diesem Gebiet weiter voranzutreiben.
Bisherige Preisträger
2021 hat die Jury die Projekte "A functional ex vivo assay to detect PARP1-EJ repair and radiosensitization by PARP-inhibitor in prostate cancer" von Dr. Sabrina Köcher vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und "Functional detection of botulinum neurotoxin serotypes A to F by monoclonal neoepitope-specific antibodies and suspension array technology" von Dr. Brigitte Dorner und Dr. Daniel Stern vom Robert Koch-Institut prämiert. Das Projekt von Frau Dr. Köcher befasst sich mit der individualisierten Krebstherapie am Beispiel des Prostatakarzinoms, das Projekt von Dr. Brigitte Dorner und Dr. Daniel Stern stellt erstmals ein technisch einfaches, robustes in vitro-Verfahren als Alternative für den Tierversuch zur Botulismus-Diagnostik vor.
2018 hat die Jury das Projekt „Human Engineered Heart Tissue Technology“ von Prof. Dr. Arne Hansen vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) prämiert. Überzeugt hat der eingereichte Vorschlag mit einem künstlich entwickelten Herzgewebe, durch das die Anzahl der in Versuchen eingesetzten Tiere reduziert werden könnte.
2016 war der Forschungspreis zum ersten Mal vergeben worden. Ausgezeichnet wurden Arbeiten von Professor Dr. Marcel Leist von der Universität Konstanz und Dr. Christopher Weidner, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesinstituts für Risikobewertung.