Vor knapp einem Jahr fiel der Startschuss für das Startchancen-Programm in Hamburg. Die milliardenschwere Bund-Länder-Initiative unterstützt über einen Zeitraum von zehn Jahren deutschlandweit etwa 4.000 Schulen, die viele Schülerinnen und Schüler aus sozial benachteiligten Haushalten unterrichten. In Hamburg nehmen 90 Schulen am Programm teil, rund 42.000 Kinder und Jugendliche profitieren davon. Am vergangenen Dienstag kamen rund 200 Teilnehmende aus den Startchancen-Schulen sowie zahlreiche Fachleute aus der Bildungsbehörde zusammen, um eine erste Bilanz zu ziehen – und einen Blick in die Zukunft zu wagen. Senatorin Ksenija Bekeris eröffnete die Veranstaltung mit einem klaren Bekenntnis für mehr Bildungsgerechtigkeit.
„Der Bildungserfolg unserer Schülerinnen und Schüler darf nicht vom sozialen Hintergrund eines Kindes abhängig sein. Der Abbau von Bildungsbenachteiligung ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe, zu der unsere Schulen einen großen Beitrag leisten können“, so Bekeris. Die Senatorin würdigte die engagierte Arbeit der Schulleitungen und Kollegien für die Kinder und Jugendlichen und zeigte erste Erfolge des Starterjahres auf. Darüber hinaus gab sie einen Ausblick auf die geplante Ausweitung des Startchancen-Programms auf Bundesebene – auch auf die Kitas. „Hamburg wird sich aktiv in die Weiterentwicklung einbringen“, betonte Bekeris mit Blick auf die anstehende Bildungsministerinnenkonferenz in Mecklenburg-Vorpommern.
Ein inhaltlicher Höhepunkt war der Vortrag von Dr. Nina Bremm, Professorin an der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied im Startchancen-Wissenschaftsverbund. Ungeschönt und pointiert zeigte sie Steuerungsfehler und organisatorische Schwachstellen im deutschen Bildungssystem auf, eröffnete aber zugleich Perspektiven, hinter denen sich das Hamburger Startchancenprogramm voller Überzeugung stellen kann. Das Lernen aller Beteiligten müsse das sein, woran sich das Bildungssystem ausrichtet, das gelte für die Bildungspolitik, die Schulführung, die Lehrpraktiken und alle anderen Ebenen, so Bremm.
Der Vortrag kam bei den Gästen gut an. Andreas Alfers, stellvertretender Leiter der Gretel-Bergmann-Schule, kommentierte nachdenklich: „Wir sind in Hamburg schon weiter als viele andere Bundesländer. Natürlich noch nicht am Ziel, aber wir haben hier schon viele Prozesse aufgebaut, während andere Bundesländer bei null beginnen.“ Laut Schulleiterin Anja Oettinger, ebenfalls von der Gretel-Bergmann-Schule, hat der Vortrag viele Themen berührt, die die Schulen gerade sehr beschäftigen. „Frau Dr. Bremm hat einen Nerv getroffen“, so Oettinger. Peter Heinrichs von der Schulaufsicht fühlte sich ebenfalls gut abgeholt: „Der Punkt Kohärenz, der im Vortrag thematisiert wurde, ist auch in der Bildungsbehörde ein aktuelles und wichtiges Thema.“ Hierzu passt das Motto der Veranstaltung „Auf Kurs – Gemeinsam weiter steuern“. Denn alle Kräfte im System zu mobilisieren, Kohärenz herzustellen und professionelle Schulentwicklung voranzutreiben – das gelingt nur gemeinsam.
Bevor es in die Austauschforen ging - die Themen reichten von der Zusammenarbeit zwischen Schulaufsicht und Schulleitung über datengestützte Schul- und Unterrichtsentwicklung bis hin zu Fragen der kollegialen Beratung - kündigte Dr. Jenny Tränkmann, Programmleiterin des Hamburger Startchancen-Programms, noch einen Innovationsfonds an. Damit soll ein Entwicklungsraum für Schulen geschaffen werden, um gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern aus dem Sozialraum neue Wege zu erproben. Dabei gehe es nicht nur um neue Ansätze, sondern auch um ein verändertes Verständnis von Kooperation im Sinne der Kinder und Jugendlichen. Tränkmann: „Denn Kooperation schafft gemeinsame Verantwortung und dadurch auch mehr Wirksamkeit.“
Die interaktive, kurze und intensive Vorstellung der Ergebnisse aus den zehn Austauschforen führte zum letzten, aber nichtsdestotrotz sehr wichtigen Tagesordnungspunkt: dem sommerlichen Ausklang mit einem Eisbecher für alle, kollegialem Fachaustausch und lebhaften Unterhaltungen. Die Akteurinnen und Akteure im Startchancen-Programm kennen sich inzwischen schon recht gut und schätzen den Austausch. Die Kontakte, die das Programm als durchaus gewünschten Nebeneffekt schafft, wurden rege genutzt und ausgebaut – unter anderem am Kickertisch im Vorraum der Aula. Programmleiterin Jenny Tränkmann zieht am Ende des Tages ein kurzes und treffendes Fazit: „Das Startchancen-Programm lebt – ganz besonders von den teilnehmenden Schulen, ihren engagierten Leitungen und Lehrkräften.“
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