Bildungssenatorin Ksenija Bekeris ist mit den Ergebnissen für Hamburg zufrieden: „Insgesamt ist das Abschneiden der Hamburger Schülerinnen und Schüler im bundesweiten Vergleich sehr erfreulich. Die vielen Maßnahmen, die wir seit dem letzten IQB-Bildungstrend 2018 eingeführt und umgesetzt haben, haben Wirkung gezeigt. Hamburgs Schülerinnen und Schüler gehören jetzt auch in Mathematik bundesweit zur Spitzengruppe. Der deutschlandweite Trend ist aber besorgniserregend. Und auch für Hamburg gilt: Wir wollen weiter daran arbeiten, die Bildungschancen aller Kinder und Jugendlichen zu verbessern.“
Die Studie des „Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen“ (IQB Berlin) im Auftrag der Kultusministerkonferenz zeigt, dass bundesweit die Leistungen in Klasse 9 in Mathematik, Biologie, Physik und Chemie im Vergleich zur letzten Studie aus 2018 und 2012 noch einmal deutlich schlechter geworden sind. So verringerte sich der mittlere Kompetenzwert in Mathematik und Biologie über alle Bundesländer hinweg um jeweils 24 Punkte und in Physik und Chemie um jeweils 23 Punkte (auf einer 500er Skala). Entsprechend nahm der Anteil an Schülerinnen und Schülern, die die Mindeststandards verfehlen, in allen getesteten Bereichen zu. In Mathematik liegt dieser Anteil für alle Schülerinnen und Schüler bundesweit bei 34,1 Prozent. Für die Schülerinnen und Schüler, die mindestens den Mittleren Schulabschluss (MSA) anstreben, liegt der Anteil bei 23,6 Prozent. In Biologie betragen diese Anteile 10,0 Prozent, in Physik 16,2 Prozent und in Chemie 25,4 Prozent.
Hamburg ist es als einzigem Bundesland gelungen, das Kompetenzniveau in allen getesteten Bereichen zu halten und keine signifikanten Verschlechterungen zu verzeichnen. Nach dem letzten Bildungstrend 2018 konnte Hamburg damit in allen Bereichen erheblich aufholen und liegt mit seinen Kompetenzwerten in den naturwissenschaftlichen Fächern im bundesweiten Mittel und im Ländervergleich nunmehr auf Platz 9. Im Fach Mathematik erzielten die Hamburger Neuntklässlerinnen und -klässler sogar signifikant bessere Leistungen als der Bundesdurchschnitt und können mit Platz 4 im Ländervergleich zur Spitzengruppe der Bundesländer im Fach Mathematik aufschließen. In Bezug auf die Veränderungen vom letzten zum aktuellen Bildungstrend belegt Hamburg durchgängig einen Spitzenplatz.
Für Hamburg schreibt sich die positive Entwicklung der letzten Bildungstrends fort. Wie auch beim letzten IQB-Bildungstrend der Primarstufe und dem Bildungstrend der Sekundarstufe für die sprachlichen Fächer konnte sich Hamburg im aktuellen Bildungstrend für Mathematik und die Naturwissenschaften im Ländervergleich deutlich verbessern. Dazu haben die umfangreichen Reformen und eingeführten Maßnahmen wie auch die konsequente Qualitätsentwicklung im Hamburger Bildungssystem beigetragen. Auch die vielfältigen und umfangreichen (und auch weiter umgesetzten) Corona-Maßnahmen stabilisieren die Schülerleistungen: deutlich ausgebaute schulische Lernförderung, Mentor:innen-Programm „Anschluss“, Hamburger Lernferien sowie zusätzliche Stellen für Schulpsycholog:innen und Schulsozialarbeit zur Abfederung von psychosozialen Belastungen.
Ksenija Bekeris: „Wir freuen uns, dass Hamburg jetzt auch im Fach Mathematik zur Spitzengruppe der Bundesländer gehört. Wir werden die Ergebnisse im Detail analysieren. In Mathematik haben wir Handlungsbedarfe bereits vor einiger Zeit erkannt und mit der Mathematikoffensive ab 2015 eine ganze Reihe zielgenauer Veränderungen eingeleitet. Diese Reformen haben dazu geführt, dass die Hamburger Schülerinnen und Schüler über dem bundesweiten Durchschnitt liegen.“ Zu den Reformmaßnahmen zählt unter anderem, dass seit dem Schuljahr 2018/19 in den Klassenstufen 5, 6, 7 und 8 die Zahl der Unterrichtsstunden in Mathematik um eine zusätzliche Stunde pro Woche erhöht wurde. Zudem dürfen seitdem nur noch ausgebildete Mathematik-Lehrkräfte das Fach an Gymnasien und Stadtteilschulen unterrichten.“
Ergänzt wurden diese Maßnahmen durch die Einrichtung einer Expertenkommission zur Weiterentwicklung des Mathematik-Unterrichts in Hamburg im Oktober 2017, mit namhaften Bildungsexperten und Mathematik-Didaktikern aus verschiedenen Bundesländern und unter der Leitung von Professor Olaf Köller (Direktor des IPN Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, inzwischen auch Präsident der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission SWK). Die Kommission hatte Empfehlungen zur qualitativen Verbesserung des Mathematikunterrichts erarbeitet. Viele dieser Empfehlungen wurden in Hamburg umgesetzt. So wurden die Bildungspläne 2022 überarbeitet und hierbei Kerncurricula für die Grundschule sowie die Sekundarstufe I und II entwickelt, die verpflichtend von den Lehrkräften zu unterrichtende Inhalte festlegen, um ein gemeinsames Grundwissen bei allen Schülerinnen und Schülern zu sichern. Schon 2020 stellte die Bildungsbehörde im Bildungsprogramm für Vorschulklassen in Hamburg „Kleine Kinder – Große Chancen“ die frühe mathematische Bildung analog zur sprachlichen Bildung in den Mittelpunkt der Vorschulklassenarbeit.
Ksenija Bekeris weiter: „In den Naturwissenschaften haben wir uns ebenfalls erfreulich verbessert, sehen aber noch weiteren Aufholbedarf. Auch hier haben wir inzwischen Maßnahmen und Programme entwickelt, die in den nächsten Jahren flächendeckend umgesetzt ihre Wirkung entfalten sollen. Als ein wesentliches Element zur Stärkung der fachsprachlichen Kompetenzen wurde Sprachbildung als Querschnittsaufgabe und durchgängiges Unterrichtsprinzip in allen naturwissenschaftlichen Fächern und Jahrgangsstufen hervorgehoben und in den Kerncurricula integrativ berücksichtigt. Die sprachliche Entwicklung einer Schülerin, eines Schülers ist somit eine essenzielle Grundlage zum Verständnis von mathematisch-naturwissenschaftlichen Zusammenhängen und Fragestellungen. Mein Anspruch ist, dass Hamburgs Schülerinnen und Schüler sich auch in den Naturwissenschaften weiter verbessern.“
Bekeris: „Ziel all unserer Anstrengungen muss es sein, den Anteil der Schülerinnen und Schüler zu verringern, die die Mindeststandards nicht erreichen. Mit dem Startchancen-Programm haben sich alle Bundesländer auf den Weg gemacht, diese Gruppe gezielt zu fördern und deren Bildungschancen zu verbessern. Nur so ist gesellschaftliche Teilhabe und ein demokratisches Miteinander möglich.“
Die Studie beleuchtet auch den Leistungsstand der zugewanderten und nach Deutschland geflüchteten Jugendlichen. Wie in den vergangenen Studien zeigen sich erhebliche Leistungsunterschiede in Abhängigkeit vom Zuwanderungshintergrund, die sich im Ausmaß seit der letzten Erhebung nicht verändert haben. Die Unterschiede gehen zu einem bedeutsamen Anteil auf das durchschnittlich geringere sozioökonomische und kulturelle Kapital der Familien mit Zuwanderungshintergrund zurück. Wiederum zeigt sich eine starke Kopplung zwischen sozioökonomischem Status und dem erreichten Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler. Der sogenannte soziale Gradient hat sich im Vergleich zu den letzten Erhebungen ebenfalls nicht verändert.
Auch die geschlechterbezogenen Unterschiede sind weitgehend konstant geblieben. So schnitten die Jungen in Mathematik signifikant besser ab, während die Mädchen in Chemie und besonders in Biologie die Nase vorn hatten. Die Kompetenzunterschiede zwischen Jungen und Mädchen spiegeln sich dabei nicht in der fachbezogenen Selbsteinschätzung, dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wider. So schätzen Jungen ihre Fähigkeiten und Interessen in Mathematik, Chemie und Physik im Mittel höher ein als Mädchen. Lediglich im Fach Biologie schätzen sich Mädchen als fähiger und interessierter ein als Jungen. Beunruhigend sind die Entwicklungen der motivationalen Aspekte: Sowohl das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten als auch das Interesse an den getesteten Fächern sind im Vergleich zur letzten Erhebung 2018 noch einmal geringer geworden.
Vor dem Hintergrund, dass ein erheblicher Anteil der Jugendlichen angibt, kaum von psychosozialen Auffälligkeiten betroffen zu sein, hohe soziale Fähigkeiten zu haben und eine starke Schulverbundenheit zu empfingen, zeigen sich dennoch ungünstige Trends mit Blick auf die sozio-emotionalen Merkmale. So gibt etwa jede/r sechste Jugendliche an, in höherem Maße emotionale Probleme zu haben und sich im letzten Monat häufig unaufmerksam und ablenkbar gefühlt zu haben. Jede/r achte gibt an, nicht gut mit Konflikten umgehen zu können. Der Anteil mit psychosozialen Auffälligkeiten hat sich seit 2018 vergrößert, und die Schulverbundenheit der Jugendlichen verringert. Insbesondere Mädchen sind von diesen negativen Entwicklungen betroffen.
Zur Einordnung der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass sich die Jugendlichen, die am IQB-Bildungstrend 2024 teilgenommen haben, zu Beginn der Corona-Pandemie in der Regel in der 5. Jahrgangsstufe befanden. Sie waren damit zu Beginn der Sekundarstufe I von den pandemiebedingten Einschränkungen betroffen, was ihre Entwicklung beeinträchtigt haben dürfte. Die aktuelle Weltlage wie auch die verstärkte Nutzung sozialer Medien könnten zudem die sozio-emotionale Entwicklung negativ beeinflusst haben.
Zum Hintergrund
Im IQB-Bildungstrend 2024 wurde zwölf Jahre nach dem IQB-Ländervergleich 2012 und sechs Jahre nach dem IQB-Bildungstrend 2018 zum dritten Mal überprüft, inwieweit schulische Erträge im Fach Mathematik und in den naturwissenschaftlichen Fächern Biologie, Chemie und Physik gegen Ende der Sekundarstufe I den mit den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz (KMK) vereinbarten Kompetenzerwartungen entsprechen. Damit war es im Rahmen der Studie möglich, nicht nur die von Schülerinnen und Schülern in der 9. Jahrgangsstufe im Jahr 2024 erreichten mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen zu beschreiben, sondern auch anhand von Trendanalysen zu prüfen, inwieweit sich die Ergebnismuster seit den Erhebungen in den Jahre 2012 und 2018 verändert haben.
Die Stichprobe des IQB-Bildungstrends 2024 wurde anhand eines Zufallsverfahrens ausgewählt und umfasst 48.279 Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe an 1.556 Schulen. In Hamburg haben 3.142 Neuntklässlerinnen und Neuntklässler an 113 Schulen teilgenommen.
Bei der Überprüfung der Bildungsstandards arbeitet das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) eng mit der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) zusammen. Die IEA übernimmt dabei die Durchführung der Stichprobenziehung in allen Bundesländern in einem standardisierten Verfahren.
Weiterführende Informationen zum IQB-Bildungstrend 2024 finden sich auf der Website des IQB unter: https://www.iqb.hu-berlin.de/de/schule/sekundarstufe-i/bildungstrend/2024/.
Weitere Informationen zu Maßnahmen der Mathematik-Förde
TIMMS-Studie Dezember 2024: Hamburgs Grundschülerinnen und -schüler halten ihre Leistungen in Mathematik und Naturwissenschaften – und das trotz Pandemie - hamburg.de
Wichtiges Werkzeug zur Steigerung der Mathematik-Leistungen der Schülerinnen und Schüler: „Mathe sicher können“: Mathe sicher können: Förderung in Kleingruppen, intensive Fortbildung für Lehrkräfte, Unterrichtsentwicklung an Schulen Mathe-Förderprogramm für Risiko-Schülerinnen und -Schüler - hamburg.de
Mathe-App: Bei der Verbesserung der Leistungen im Fach Mathematik der Hamburger Schülerinnen und Schüler setzen immer mehr Schulen der Hansestadt auch auf digitale Hilfsmittel: 7,2 Millionen digitale Mathematikaufgaben im aktuellen Schuljahr - Mathe-Lernprogramme bei fast allen weiterführenden Schulen aktiv im Einsatz - hamburg.de
Rückfragen der Medien
Behörde für Schule, Familie und Berufsbildung (BSFB)
Peter Albrecht | Pressesprecher
Telefon: 040 42863 2003
E-Mail: pressestelle@bsfb.hamburg.de
Internet: www.hamburg.de/bsfb
Instagram: @schulbehoerde | @familienbehoerde