„Mein Müll – meine Flasche“
Das Besondere an der Flasche: Sie wird zu 100 Prozent aus Hamburger Müll hergestellt, gelangt ausschließlich hier in den Einzelhandel und ist keine Getränkeflasche. „Wir zeigen damit, dass Kreislaufwirtschaft regional möglich ist“, sagt Kerstin Kuchta.
Bisher werden Abfälle aus Kunststoff grundsätzlich in einem niedrigeren Bereich wiederverwendet. Downcycling nennt man das. Aus Shampooflaschen oder Lebensmittelverpackungen etwa werden Parkbänke. Einzig die durchsichtigen Getränkeflaschen aus Plastik werden auch wieder zu ebensolchen Produkten. „Das funktioniert nur, weil das Material rein ist, also nicht mit anderen Kunststoffen vermischt wird“, erklärt die Wissenschaftlerin. Die Flaschen werden zudem getrennt vom übrigen Müll gesammelt und bestehen aus dem Kunststoff PET, der sich gut erneut verarbeiten lässt.
PE – das Papier der Kunststoffindustrie
Flaschen, in die Shampoo, Duschbad, Wasch- oder Putzmittel abgefüllt werden, bestehen meist aus Polyethylen oder kurz PE. Der Kunststoff wird mit Abstand am häufigsten verwendet. Ihn in einen geschlossenen Stoffkreislauf zu bringen, ist deshalb ein wichtiges Ziel der nachhaltigen Wirtschaft. Doch PE-Flaschen sind meist bunt eingefärbt, das daraus gewonnene Recyclingmaterial ist nicht strahlend weiß. „Wir sind beim PE-Recycling ungefähr da, wo das erste Recyclingpapier war“, sagt Kerstin Kuchta. Alles noch ein bisschen rau und grau und skeptisch von Verbrauchern beäugt. Aber bald werde das Recyclat so schick sein, dass es für den breiten Massenmarkt taugt, etwa für die Glitzerwelt der Kosmetikindustrie. „Es muss einfach zum guten Ton gehören, aufbereitetes Material für diese Produkte zu nutzen“, sagt die Professorin.
Alle Beteiligten wollen die recycelte Flasche
Die Hamburg-Flasche wurde nur entwickelt, weil von der Wissenschaft (TUHH) und dem Produzenten (Unilever) über den Rohstofflieferanten (Veolia und die Stadtreinigung) bis zum Retailer (Budnikowsky) alle an einem Tisch sitzen und sich für ein Produkt im geschlossenen Lebenszyklus eingesetzt haben. Unilever etwa hat sich selbst verpflichtet, den Abfall, der durch die Entsorgung seiner Produkte entsteht, bis 2020 um 50 Prozent zu reduzieren. Ab 2025 sollen von dort nur noch wiederverwendbare, recycelfähige oder kompostierbare Kunststoffverpackungen in den Handel gelangen. Die Hamburg-Flasche ist ein wichtiges Etappenziel.
Nur sauberes Plastik ist gutes Plastik
Kerstin Kuchta ist davon überzeugt, dass es in zehn Jahren nur noch sogenannte Mono-Materialien geben wird. Kunststoffe also, die nur aus einer Polymer-Verbindung bestehen. Sie lassen sich in den Sortieranlagen einfacher trennen und dann im gleichen Produktsegment erneut einsetzen. „Hamburg ist unglaublich gut im Recycling“, sagt die Spezialistin. Was auch daran liege, dass ungefähr 70 Prozent des Mülls gut getrennt in den Sortieranlagen ankommt. Allerdings, so Kuchta, verlässt auch rund ein Drittel die Anlagen wieder, um verbrannt zu werden. Schwarzes Plastik etwa, das von den Sortiermaschinen nicht erfasst wird, oder halbvolle Joghurtbecher und Ketchup-Flaschen, die erst aufwändig gereinigt werden müssten, um in die Wiederverwertung zu gelangen. Kerstin Kuchta: „Die neue Flasche zeigt, dass aus Hamburger Abfall wieder Hamburger Produkte werden können. Jetzt geht es darum, derartige Produkte dauerhaft zu etablieren und den Stoffkreislauf voll auszunutzen.“
Die Hamburg-Flasche wird voraussichtlich im Sommer in die Budnikowsky-Filialen kommen.