Zum Unternehmen
Die Ernst Heinrich GmbH & Co. KG ist seit mehr als 60 Jahren am Standort Hamburg tätig und beschäftigt neun festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Betrieb fertigt Kabelverschraubungen, Gegenmuttern, Anschweiß-Stutzen und Präzisionsdrehteile aus Metall an. Zu seiner Hauptkundschaft gehören Firmen aus der Schifffahrtsindustrie sowie den Bereichen Motorenherstellung, Automation und Sensorik. Im Jahr 2015 übernahm der heutige Geschäftsführer, Sven Buckenberger, die Leitung der Ernst Heinrich GmbH & Co. KG. Er änderte die Managementphilosophie des Unternehmens und stellte die Weichen für mehr Prozesseffizienz und Wirtschaftswachstum.
Ausgangslage und Ziele
Ein Kernprodukt der Ernst Heinrich GmbH & Co. KG ist die Kabelverschraubung. Diese wird in verschiedenen Größen (von M12 bis M105) und Materialien (Messing, Edelstahl) sowie mit unterschiedlichen Oberflächen (Messing blank, vernickelt, verchromt) hergestellt. Im Rahmen des MFCA-Projekts wurden die Produktionsprozesse der Messing-Kabelverschraubung M24 untersucht, da das Produkt eines der meistverkauften des Unternehmens ist und hier eine hohe Transparenz bezüglich möglicher Verluste bei der Herstellung erwartet wurde. Dabei konzentrierte sich die MFCA-Analyse auf die vier wichtigsten Komponenten, aus denen die Kabelverschraubung besteht und die im Betrieb selbst produziert werden: Stutzen, Schraubbuchse sowie der äußere und innere Erdungseinsatz.
Während der Fertigung einer Messing-Kabelverschraubung drehen CNC-Fräsmaschinen die Teile entsprechend ihrer spezifischen Anforderungen. Dadurch entsteht ein Ausstoßprodukt: Die Messingspäne werden erst gelagert und dann zum Schmelzen an den Lieferanten zurückgeschickt. 90 Prozent des Retourwertes werden gutgeschrieben. Des Weiteren bleibt in der Produktion Kühlemulsion als Abfall übrig, welche in erster Linie recycelt wird.
Hauptaugenmerk im MFCA-Projekt lag darauf, die Material- und Kostenflüsse der eingesetzten Produkte und anfallenden Reststoffe zur Herstellung der Kabelverschraubung M24 zu identifizieren und zu analysieren. Zudem galt es, den Energieverbrauch der eingesetzten Maschinen zu erfassen, um Einsparpotenziale aufzudecken. Ein weiteres Ziel war die Ermittlung der CO2-Emissionen, die den Produkten und Resten zugeschrieben werden. Dabei wurde untersucht, wie sich die Verwendung von bleifreiem Messing im Vergleich zu bleihaltigem auf den Kohlenstoff-Ausstoß auswirkt. Ein Punkt, der für die Ernst Heinrich GmbH & Co. KG von großem Interesse ist. Denn schon bald kann eine neue EU-Richtlinie den Einsatz von bleifreiem Messing vorschreiben, was ökologische und ökonomische Konsequenzen hat.
Vorgehensweise und Umsetzung
Die Datenrecherche und -aufbereitung erwies sich als zentrale Herausforderung, um die Prozesse transparent abbilden zu können. Zunächst verschafften sich die Projektbeteiligten einen Überblick darüber, welche Daten in geeigneter Form vorliegen. Dabei wurden relevante Parameter für die MFCA-Analyse erkannt. Da einige Kennzahlen zu Input- und Output-Größen nicht vorlagen, mussten sie nachträglich über durchschnittliche Verbrauchsmengen und Messungen der Mitarbeitenden berechnet werden.
In einem nächsten Schritt wurden die Abläufe der Energie- und Materialströme sowie der Transporte zu und von den Galvanikbetrieben erfasst, in denen die Kabelverschraubungen beschichtet werden, und dann der CO2-Rucksack für diesen Status Quo ermittelt. Nach einer Plausibilitäts-Prüfung des Ist-Zustands konnten folgende Szenarien abgeleitet bzw. berechnet werden: 1.) Die Verkürzung des Lieferweges zu den Galvanikbetrieben durch einen Dienstleisterwechsel 2.) Das Recycling der Kühlemulsion sowie 3.) die Verwendung von normalem und bleifreiem Messing.
Zusammenfassung der Ergebnisse
Für die Ernst Heinrich GmbH & Co. KG ergibt sich ein großer Nutzen aus dem Projekt: Bereits vorhandene und neu erhobene Daten liegen nun detailliert aufbereitet vor; unterschiedliche Datenquellen wurden in dem Stoffstrommodell miteinander verbunden. So konnten Material- und Energieverbräuche aufgezeigt sowie die damit verbundenen Kosten und Treibhaus-Emissionen auf Produkte und Prozesse berechnet werden. Die deutlich erhöhte Transparenz offenbart, dass in der Vergangenheit bereits viele sinnvolle Maßnahmen im Unternehmen umgesetzt wurden, die die Produktion effektiver und kostengünstiger gestalten. Das Management gewann außerdem neue Erkenntnisse zu den oben genannten Szenarien:
- 60 Prozent der anfallenden CO2-Emissionen sind bedingt durch das Verlustprodukt Messingspäne.
- Eine Verkürzung des Lieferweges zu und von den weiterverarbeitenden Galvanikbetrieben durch einen Dienstleisterwechsel verringert theoretisch die Emissionen der für den Transport eingesetzten Lkw. Um daraus einen praktischen Nutzen zu ziehen, muss aber sichergestellt sein, dass die erforderte Produktqualität geliefert werden kann und der CO2-Fußabdruck im Produktionsbetrieb des neuen Dienstleisters mindestens gleich oder besser ist als der des alten Anbieters. Nur dann kann das Potential von Kg CO2-eq aus den reduzierten Transportwegen gehoben werden.
- Kühlemulsion wird im Betrieb bereits aufbereitet und mehrfach verwendet. Ein vollständiges internes Recycling des Stoffes wäre technisch zwar möglich, ist bei den in der Produktion als Abfall anfallenden geringen Mengen allerdings nicht wirtschaftlich. Die Investition in eine entsprechende Anlage amortisiert sich erst nach zehn Jahren, zugleich würde sich die CO2-Einsparung lediglich auf 0,45 Prozent belaufen.
- Nach ersten Recherchen ist der ökologische Fußabdruck zur Produktion von bleifreiem Messing um 9 Prozent größer als der von bleihaltigem. Aber auch in der Weiterverarbeitung ist ein höherer Fußabdruck zu erwarten. Der Grund: Erstgenannter Werkstoff ist härter. Dadurch verlängert sich bei der Verarbeitung die Produktionsdauer, was gleichzeitig den Stromverbrauch erhöht. Eine weitere Folge ist eine erhöhte Anzahl an Wartungsphasen für Fräsmaschinen.
Handlungsempfehlung
Für die Ernst Heinrich GmbH & Co. KG ist es sinnvoll, mit Öko-Effizienz-Kennzahlen zu wirtschaften. Sie setzen die vom Unternehmen ausgehende CO2-Belastung in ein Verhältnis zum Umsatz. Mit den Erkenntnissen daraus, kann die ökologische und ökonomische Gesamtleistung des Betriebs verbessert werden.