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Praxisbeispiel

Good Mills Deutschland GmbH / Aurora Mühle Hamburg

„Ich kann die Materialflusskostenrechnung auch anderen Unternehmen aus der Brot- und Lebensmittelindustrie uneingeschränkt empfehlen. Sie zeigt auf, wie sich Ressourcenverbräuche in der Produktion und der Lieferkette senken lassen. Das ist gut fürs Klima und die Betriebsbilanz.“ Dirk Kühl, Werksleitung

Zum Unternehmen

Die Aurora Mühle Hamburg wurde im Jahr 1883 gegründet und ist ein Standort der GoodMills Deutschland GmbH. Diese beschäftigt in insgesamt 10 Werken rund 670 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und gehört zur GoodMills Group – dem größten Mühlenunternehmen Europas mit Sitz in Wien. Als ein Teil der Gruppe stellt die Aurora Mühle Hamburg hochwertige Mehle, Grieße und Backmischungen her und vertreibt die Produkte unter den Markennamen Aurora, Diamant und Gloria. Jährlich werden hier rund 185.000 Tonnen Getreide vermahlen und an Supermärkte, Bäckereien sowie Unternehmen aus der Lebensmittelindustrie geliefert.

Ziel und Ausgangslage

Im Rahmen des MFCA-Projekts galt es, den Produktionsprozess in der Aurora Mühle zu analysieren und damit Material- und Energieverluste sowie deren Kosten zu identifizieren. Ziel war dabei, Lösungen zu finden, um die ermittelten Einbußen sowie Ausgaben zu minimieren oder zu vermeiden. Die größten Optimierungspotenziale wurden in den Bereichen „Produktion“ und „Lieferkette“ vermutet, die eng miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Aus diesem Grund rückten die Produktionsabteilung für Kleinverpackungen (Verpackungslinie PMC1) sowie die vor- und nachgelagerte Lieferkette in den Fokus der Betrachtung.

Die Verpackungslinie PMC1 hebt sich von den anderen Linien, die nur ein Produkt fertigen, ab, da sie 17 unterschiedliche Mehl- und Mischprodukte – überwiegend Spezialmehle aus den drei Getreidesorten Weizen, Roggen und Dinkel – in 37 verschiedenen Papierverpackungen abfüllt. Im Gegensatz zu den anderen Linien läuft die PMC1 unter Volllast (werkstags 24 Stunden am Tag). Diese Faktoren führen zu einem erhöhten Wartungsaufwand an der PMC1.

Dieser Produktionsabschnitt trägt einen großen Teil zum gesamten Materialabfall der Aurora Mühle bei, denn: Alle Produkte weisen unterschiedliche Eigenschaften bezüglich ihres Volumens, ihrer Dichte oder Konsistenz auf, so dass die Verpackungsmaschine bei jedem Produktwechsel neu eingestellt werden muss. Das geht mit Mehl- und Verpackungsmaterialverlusten einher.

Vorgehensweise und Umsetzung

Zur Erstellung der MFCA bedurfte es von Messdaten aus dem Produktionsprozess, dafür installierten die Projektbeteiligten mehrere Produktzähler an der Verpackungslinie. Zudem wurden interne Buchhaltungs- und Produktionssysteme zur Datenerfassung und -validierung eingesetzt.
Mit den Informationen wurde die PMC1 als Modell dargestellt.  Anschließend wurden 29 Szenarien für diese Linie entwickelt, die während eines Auswertungsmonats gefahren wurden. Sämtliche darüber gesammelten Produktionsdaten wurden unter Einbezug der Anschaffungskosten für Material und Energie erfasst und analysiert, was unbekannte Variablen wie Verlustkosten offenlegte. Zudem berechneten die Projektbeteiligten den CO2-Fußabdruck für die eingesetzten Verpackungsmaterialien.

Eine detaillierte Analyse aller aus dem Modell exportierten Rohdaten aus den Bereichen Material, Energie, Kosten und Globales Erderwärmungspotenzial (GWP) erfolgte für weiterführende Berechnungen in MS Excel.

Darstellung der Abfüllung von Mehl in einem Stoffstrommodell
Stoffstrommodell: Abfüllung von Mehl iPoint-systems GmbH

Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Analyse legte große Potenziale bei der Einsparung von Materialabfällen und CO2 offen sowie geringe Potenziale im Energieverbrauch. Insgesamt führten die Projektergebnisse aus der MFCA-Analyse zu mehr Transparenz in der Aurora Mühle Hamburg. Das Unternehmen ist jetzt über den Anteil der Materialabfälle und deren Kosten detailliert informiert und kann fundierte Entscheidungen über ressourcenschonende Produktionsabläufe treffen. Die Herstellungskosten werden nicht mehr nur den Produkten, sondern auch den Verlusten an Material sowie Energie zugerechnet. Das deckt versteckte Kosten auf. Zudem wurden Lösungen und Vorschläge zur Minimierung von Materialverlusten und Kosten entwickelt sowie eine Investitionsbewertung erarbeitet.

Handlungsempfehlungen

  • Installation einer Reworkstation
  • Falsch verpackte, über- oder unterfüllte Mehlverpackungen stellten mit 41 Prozent den größten Teil des Materialverlusts im Produktionsabschnitt der PMC1 dar. Der daraus resultierende Mehlabfall ist hygienisch unbedenklich wiederverwendbar und kann daher für die weitere Produktion eingesetzt werden. Durch die Installation einer Reworkstation wäre es möglich, diesen Ausschuss zu sammeln und wieder zu verpacken. Das dadurch per MFCA-Analyse ermittelte Einsparpotenzial liegt bei jährlich rund 11.800 € und 2.400 kg CO2-eq /Jahr. Die Investition in eine solche Anlage amortisiert sich entsprechend der Kennziffer ROI (Return on Investment) in weniger als drei Jahren und soll zeitnah getätigt werden.
  • Trennung von Frischfaserpapier und Recyclingpapier in der Abfallwirtschaft
  • Der Verpackungsabfall aus der Produktion besteht aus Farbfaser- und Recyclingpapier. Werden diese getrennt, lässt sich letzteres der Wiederverwertung zuführen. Das ist nicht nur klimafreundlich, sondern birgt zudem ein Einsparpotenzial von 1.430 € pro Jahr.
  • Umstellung auf eine umweltfreundlichere Produktion
  • Die gewonnenen Erkenntnisse haben ergeben: Es ist möglich, die Treibhausgas-Emissionen im Produktionsprozess weiter zu senken und ein Einsparpotenzial von insgesamt 18,2 t CO2-eq pro Jahr zu erzielen. Einige Einsparungen konnten schnell realisiert werden durch eine höhere Palettenbeladung, wodurch der Stauraum des Hochlagers optimal ausgenutzt werden konnte (44 kg CO2-eq/Jahr). Ferner konnte unter Berücksichtigung von Transportsicherheitsaspekten auf den Einsatz von Stretchfolie für die Folierung der Palettensendungen verzichtet werden (180 CO2-eq/Jahr).

    Ein Vergleich zweier Papierlieferanten hat weiteres Einsparpotential in Höhe von 18.000 CO2-eq pro Jahr aufgedeckt. In den Vergleich eingeflossen sind CO2-Äquivalente der Papierproduktion der Lieferanten sowie der Transportwege. Mit dem Lieferantenwechsel konnte auch eine Papierqualität eingekauft werden, die eine weniger störungsanfällige Abfüllung auf der PMC1 gewährleistet.

Weiteres Einsetzen der MFCA für eine ressourcenschonende Produktion: Langfristig sollen die im Projekt erworbenen Kenntnisse genutzt werden, um die Prozesse weitere Produktionslinien zu optimieren. So können zusätzliche Einsparungen im Unternehmen erreicht werden.