Redaktion: Wie lange sind Sie schon als Energieberaterin tätig und was qualifiziert Sie als Energieberaterin?
Julia Marschall: Ich arbeite seit September 2022 im EnergieBauZentrum und bin seitdem auch als Beraterin bei den Hamburger Energielotsen tätig. Ich bin Tischlerin, Meteorologin, Koordinatorin für Klimaschutz und Ressourcenmanagement – und habe das Haus in dem ich wohne (Baujahr 1938) in einer energetischen Komplettsanierung teilweise in Eigenleistung und teilweise durch Fremdfirmen und unter Einbeziehung von vielen Fördergeldern zu einem Effizienzhaus 55 gemacht. Bei der Sanierung haben wir quasi alles umgesetzt was möglich ist: Dämmung der Gebäudehülle inklusive Zwischenwanddämmung, Fensteraustausch, sommerlicher Wärmeschutz durch außenliegende Beschattung und zweite Dämmschicht im Dach die diesen speziellen Anforderungen gerecht wird, zentrale Lüftungsanlage, Wärmepumpe, Solarthermieanlage, Pufferspeicher, Photovoltaikanlage, Batteriespeicher.
Redaktion: Was schätzen Sie an dem Projekt der Hamburger Energielotsen besonders und welche Vorteile sehen Sie in dem Projekt?
Julia Marschall: Klimaschutz ist eine Herzensangelegenheit für mich und ich möchte dazu beitragen die Energie- und Wärmewende umzusetzen. Durch meine Wissensweitergabe in den Beratungen und Informationsveranstaltungen zu relevanten Themen bin ich ein Multiplikator und habe einen viel größeren Hebel als wenn ich „nur“ mein eigenes Handeln und meinen Lebensstil klimagerecht gestalte. Das ist toll.
Redaktion: Was bereitet Ihnen an der Energieberatung am meisten Freude?
Julia Marschall: Das positive Feedback der Beratenen. Es ist nicht einfach sich im Förderdschungel für energetische Sanierung zurecht zu finden und da ein Heizungstausch heute in der Regel die Entscheidung für ein neues Heizsystem bedeutet ist es auch hier notwendig sich viel tiefer in das Thema einzuarbeiten, wenn man eine fundierte Entscheidung treffen möchte. Da freue ich mich jedes Mal, wenn ich den Ratsuchenden Orientierung und das notwendige Wissen geben kann um motiviert ihr persönliches Energiewende-Projekt zu starten.
Redaktion: Welche Technik ist für Sie in Zukunft nicht mehr wegzudenken für effiziente Bauten?
Julia Marschall: Wärmepumpen in all ihren verschiedenen Ausführungen.
Redaktion: In welcher Technik/welchem Trend sehen Sie das meiste Potenzial für das Bauen der Zukunft?
Julia Marschall: Im Optimieren des vorhandenen Wohnraums. Dabei geht es nicht nur um die energetische Sanierung, sondern auch um das passende Gebäude und die passende Größe für die jeweilige Nutzungsform und Bewohnerzahl.
Ich bin überzeugt davon, dass es in Deutschland bereits genug Wohnraum gibt der „nur“ nicht richtig aufgeteilt ist. Das große Stichwort hier ist Suffizienz. Viele ältere Menschen wohnen beispielsweise allein oder zu zweit in einem Haus, das sie ursprünglich mit einer fünfköpfigen Familie bewohnt haben. Nun sind die Kinder ausgezogen, der Platzbedarf ist deutlich gesunken und sie sind auch interessiert daran sich zu verkleinern. Leider zeigt es sich dann häufig, dass ein Umzug zu höheren Mietkosten führen würde und deshalb bleiben diese Menschen dort wohnen – um Kosten zu sparen. Dem gegenüber stehen Familien, die immer noch in der Zweizimmerwohnung wohnen, die einst zu dem kinderlosen Paar gepasst hat. Diese Familien suchen nun erfolglos nach einer größeren Wohnung. Das ist ein eklatanter Fehler im System den es zu beheben gilt. Wenn wir es schaffen dieses System zu durchbrechen, Wohnraum passend zu tauschen, zu verändern und umzustrukturieren statt neu zu bauen sparen wir die größte Menge an Treibhausgasen.
Redaktion: Welche Hürde würden Sie am liebsten aus dem Weg räumen, um einfacher effizient bauen zu können?
Julia Marschall: Ich würde gerne die benötigten gut ausgebildeten Fachkräfte für Planung und Umsetzung aller notwendiger Maßnahmen aus dem Hut zaubern.
Redaktion: Ihr goldener Tipp für Ratsuchende:
Julia Marschall: Unbedingt eine Fachberatung und Baubegleitung in Anspruch nehmen. Niemand kann und muss sich all das Fachwissen für seine einmalige Sanierung aneignen, dafür gibt es ausgebildete Experten – deren Leistung mit 50 % vom Staat bezuschusst wird. Planvolles und vorausschauendes Handeln schafft Synergien, einzelne Maßnahmen können aufeinander abgestimmt werden, dabei werden mehr Energie, Geld, CO2 und Nerven eingespart. Über die zentrale Telefonnummer der Hamburger Energielotsen 040/248 32 250 findet jeder Ratsuchende ganz einfach den/die richtigen AnsprechpartnerIn, Fachleute und Gewerbetreibende können sich auch an die 040/248 32 252 wenden.
Die Hamburger Energielotsen sind eine Kooperation von:
Die Hamburger Energielotsen arbeiten im Auftrag der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft der Freien und Hansestadt Hamburg und werden teilweise aus Hamburger Klimaschutzmitteln gefördert. Die Energieberatung der Verbraucherzentrale wird auch gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.