Bei der Betrachtung ist es wichtig zu erwähnen, dass es nicht die Treibhausgasbilanz (THG Bilanz) gibt. Je nach Ernte- und Nachnutzungsszenario entstehen unterschiedliche THG-Emissionen. Die Betrachtung und der Vergleich von Treibhausgasemissionen im Bezug zu Landnutzungsänderungen ist sehr komplex und wird daher in unterschiedlichen Szenarien abgebildet. In der Partnerschaft mit Hamburg werden unterschiedliche Werte und Szenarien diskutiert und die beste Strategie entwickelt. Abstrakt formuliert geht es um die optimale Bewirtschaftung der Kohlenstoffsenke „Buschlandschaft“ zum Nutzen der Menschen und der Ökosysteme in Namibia.
Prinzipiell gilt, dass die energetische Nutzung von Biomasse so viel CO2 freisetzt wie zuvor durch das Wachstum der Pflanze gebunden wurde. Zusätzlich müssen allerdings die Emissionen durch die Ernte, die Verarbeitung und den Transport hinzugerechnet werden. Dämpfend oder verstärkend wirken sich die THG Emissionen durch die Änderung der Landnutzung aus.
Für eine maschinelle Ernte sowie die Verarbeitung zu Holzpellets mit großen Maschinen ist eine CO2-Emission von 72 kgCO2/t resp. 14 kgCO2/MWh zu erwarten.
Für den Transport werden die folgenden Werte angesetzt:
Expected Scenario
Damit ergeben sich über den gesamten Transport vom Biomassepark in Namibia bis Hamburg CO2-Emissionen von durchschnittlich rund 86 kgCO2/t Biomasse. Bezogen auf den Heizwert von Holzpellets aus Namibia (hier 5 MWh/t) resultiert eine transportbezogene CO2 Belastung von 18 kgCO2/MWh. Zum Vergleich: Laut dem Ökoinstitut e.V. 20061 liegen die Emissionen von Heizöl für Extraktion und Transport aus OECD oder Russland zwischen 15 und 28 kgCO2/MWh. Dabei können die verursachten CO2-Emissionen in Namibia aufgrund geringerer Standzeiten und guter Kapazitätsauslastungen (Biomasse Industrie Parks) tendenziell sogar noch geringer ausfallen.
Für die im Folgenden dargestellte Gesamtbilanz wurden diese Werte auf Emissionen pro Hektar und Jahr umgerechnet. Dabei wurde von einer einmaligen Ernte von 9,6 t Holzpellets in 20 Jahren ausgegangen. Diese Rechnung ergibt für Ernte 0,28 tCO2/ha, für Verarbeitung 0,44 tCO2/ha und für Transport 1,03 tCO2/ha.
Es ist anzunehmen, dass nach der Ausdünnung wieder der Viehbestand auf der Weide aufgestockt wird. Da Wiederkäuer Methan emittieren wurden mögliche zusätzliche Treibhausgasemissionen von 3,5 tCO2/ha errechnet und ebenfalls addiert.
Betrachtet man die Treibhausgase der in dieser Partnerschaft diskutierten und im Abschnitt „Potenziale von Buschholz“ beschriebenen multifunktionalen Landnutzung erhält man Werte, die zwischen Senkenzuwachs (neue Bindung von CO2) und leichter Freisetzung schwanken.
Es wurde beobachtet, dass im System einer multifunktionalen Landnutzung (Streifensystem) die Buschausdünnung zu einem direkten Aufwuchs von Gras auf gleicher Fläche führt. Es erscheint zudem sinnvoll, trotz ein- oder mehrjähriger Mahd der Schösslinge nach der Ausdünnung Raum für erneutes, aber kontrolliertes Buschwachstum zu geben. Hierbei wird davon ausgegangen, dass nach ca. 5-6 Jahren die renaturierte Grassavanne wieder Platz für Buschwachstum bietet. Dieses Model ist FSC zertifiziert, vgl. „National Forest Stewardship Standard of Namibia“2). Im nachhaltigen System einer multifunktionalen Landnutzung wird jedoch darauf geachtet, dass eine renaturierte Fläche nur dann wieder primär mit Buschbiomasse bewächst, wenn eine andere Fläche freigestellt wurde.
Über einen Zyklus von 20 Jahren wird der durch die energetische Nutzung der Buschbiomasse freigesetzte Kohlenstoff durch Nachwuchs der Büsche zum Teil wieder gebunden (rund 0,52 tCO2/ha/a; bzw. 10,4 tCO2/ha/20a).
Zudem bindet die nachwachsende Grasbiomasse Treibhausgas in Höhe von ca. 0,52 tCO2/ha/a (10.2 tCO2/ha/20a).
Der Boden unter dem Gras ist üblicherweise humusreicher als der karge Boden unterhalb einer verbuschten Fläche (Li et al 2016)3. Dies wirkt sich positiv auf den Bodenkohlenstoff (Soil Organic Carbon, kurz SOC) aus. Hierfür werden 0,33 tCO2/ha/a (6,6 tCO2/ha/20a) gutgeschrieben (Seebauer et al 2019).
Die gesamte Bindungskapazität beläuft sich demnach auf 27.2 t CO2 pro ha im Laufe von 20 Jahren.
Folgende Grafik zeigt dieses (THG) Szenario auf Basis einer „Life Cycle Analyses“ (LCA) Betrachtung. Die Zahlen basieren auf Ergebnissen vorliegender Studien und konkreter Berechnungen, wobei der fortlaufende wissenschaftliche Diskurs über die Werte ein angehend positives Bild zeichnet.
Zusammengefasst liegt die Emission im beschriebenen Modell bei minus 1,27 tCO2/ha bzw. minus 0,026 tCO2/MWh. Im direkten Vergleich mit Erdgas, welches einen CO2-Fußabdruck von rund 0,250 tCO2/MWh vorweist, würde der Einsatz von Buschholz die Treibhausgasemissionen um 111% reduzieren.
Sollte das Projekt realisiert werden, ist ein regelmäßiges Monitoring und eine Evaluierung der Treibhausgasbilanz selbstverständlich vorgesehen.
Referenzen
Liebich, A.: Höhe der Treibhausgasemissionen (entlang der gesamten Prozesskette) von importiertem flüssigen Erdgas im Vergleich mit anderen Energieträgern. IFEU, Präsentation, 24.10.2019
Seebauer, M., Pinkwart, A., Schwarz, B., Hartz, C.:POLICY BRIEF. Greenhouse Gas Assessment of Bush Control and Biomass Utilization in Namibia, UNIQUE. Ohne Zeitangabe
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1 http://iinas.org/tl_files/iinas/downloads/GEMIS/2006_vorketten_iwo.pdf
2 https://africa.fsc.org/preview.national-forest-stewardship-standard-for-namibiadraft-2-0.a-209.pdf
3 Li, He, Haihua Shen, Leiyi Chen, Taoyu Liu, Huifeng Hu, Xia Zhao, Luhong Zhou, Pujin Zhang & Jingyun Fang, 2016, Effects of shrub encroachment on soil organic carbon in global grasslands, Metastudy in www.nature.com/scientific reports/ , Scientific Reports | 6:28974 | DOI: 10.1038/srep28974