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FAQ

Häufige Fragen und Antworten

Warum beteiligt sich Hamburg an diesem Projekt? Diese und viele andere Fragen beantworten Ihnen unsere FAQs.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Ziel des Projekts?

Verkürzt formuliert, geht es darum, das ökologische Problem der Verbuschung in Namibia zu stoppen und den Kohleausstieg in Hamburg zu beschleunigen.

Durch kontrollierte Ernte und Verarbeitung von Buschholz in Namibia soll die Verbuschung aufgehalten werden, die für Namibias Ökosystem verheerende Folgen hat. Es wird zurzeit untersucht, ob die zu Holzpellets verarbeitete Biomasse per Schiff nach Hamburg geliefert werden kann, um dort als Energieträger genutzt zu werden. Dies könnte Hamburg einen schnelleren Ausstieg aus der Kohlenutzung in der Fernwärmeversorgung ermöglichen und somit zu den Klimazielen des Hamburger Senats beitragen. Nur wenn sich zweifelsfrei nachweisen lässt, dass dabei ökologische, soziale und wirtschaftliche Faktoren im Einklang stehen, kann und wird dieses Vorhaben umgesetzt werden.

Warum hat die Stadt Hamburg das Projekt „Biomasse-Partnerschaft Hamburg-Namibia“ mitinitiiert?

Die logistischen Voraussetzungen des Standorts Hamburg sind günstig: Hamburg hat mit dem Hafen die Möglichkeit, große Mengen Buschbiomasse zu handeln und über das Fernwärmenetz eine zentrale Möglichkeit zur Wärmenutzung in großem Maßstab. Hamburg könnte somit einer der von namibischer Seite mit Hochdruck gesuchten internationalen Abnehmer der Holzpellets werden. Das Vorhaben würde zur Erreichung der aktuellen klimapolitischen Ziele des Senats beitragen, die im Klimaplan und Klimaschutzgesetz festgeschrieben sind. Auch im aktuellen Regierungsprogramm nimmt das Thema Klimaschutz eine zentrale Rolle ein. Damit hat sich Hamburg verpflichtet, dass bis spätestens 2030 der Ausstieg der Hamburger Fernwärme aus Kohleverfeuerung abgeschlossen sein soll. Die Verbrennung von namibischem Buschholz könnte helfen, diesen Zeitplan sogar noch früher zu erfüllen.

Wie kann Biomasse aus Namibia Hamburg beim Kohleausstieg helfen?

Biomasse kann als nachwachsender Rohstoff mit deutlich weniger CO2-Emissionen als Brennstoffersatz für Kohle entweder als Zufeuerung oder in einer komplett neuen Anlage eingesetzt werden und somit den Kohleausstieg unterstützen. Die Mengen dafür sind bis jetzt noch nicht endgültig bestimmbar.  Wärme Hamburg prüft unterschiedliche Szenarien für den Ersatz von Kohle, wobei Biomasse generell und Biomasse aus Namibia eine Option darstellt. Die Szenarien bewegen sich zwischen 100.000 und 1 Mio. Tonnen pro Jahr.

Ist die Verwertung von Biomasse aus Namibia in Hamburg in der CO2-Bilanz wirklich günstiger als andere Energiequellen wie z.B. Erdgas?

Zur Beantwortung dieser Frage wurden die Emissionen durch die Ernte, den Transport zur Verarbeitung, die Verarbeitung selbst, die Verschiffung nach Hamburg und die Landnutzung nach der Ernte berechnet und in Relation zu anderen Energiequellen gesetzt. Diese Betrachtung ist sehr komplex und wird daher in unterschiedlichen Szenarien dargestellt. Bei dem derzeit als am wahrscheinlichsten angesehenen Szenario kommt die Berechnung auf CO2-Emissionen von ca. minus 26 gCO2/kWh. Minus deshalb, weil in diesem Szenario langfristig vor Ort mehr CO2 gespeichert wird, als die anderen Prozessen (Transport, Verbrennung etc.) emittieren. Diese Berechnung zeigt, dass die Verwertung von namibischer Biomasse trotz des langen Transportweges im Vergleich beispielsweise zu Erdgas eine wesentlich bessere CO2-Bilanz vorweisen kann.

Kann die Verschiffung von Pellets aus Namibia nach Hamburg eine akzeptable CO2-Bilanz aufweisen?

In der Literatur (Forschungsinformationssystem FIS) werden für den Seetransport stark schwankende CO2-Emissionen zwischen 5 und 60 gCO2/tkm angegeben. Eine konkrete Berechnung für dieses Projekt, die vom IfaS zusammen mit einem Transporteur durchgeführt wurde, geht von rund 10.000 km auf See vom Hafen Walvis Bay in Namibia bis Hamburg und einer Transportkapazität je Schiff von ca. 50.000 t Holzpellets aus. Anhand des dabei verbrauchten Schweröls wurden Emissionen von 6,9 gCO2/tkm, bzw. 69 kgCO2/t berechnet. Umgerechnet auf den Heizwert der Pellets (5 MWh/t) sind dies 13 kgCO2/MWh. Durch einen Vergleich mit den Treibhausgasemissionen von Erdgas bei der Verbrennung von rund 250 kgCO2/MWh wird deutlich, dass der negative Klimaschutzeffekt der Verschiffung gering ist.

Wann und von wem ist das Projekt gestartet worden?

Anstoß gab ein erster Austausch während einer von der GIZ initiierten und von IfaS koordinierten namibischen Delegationsreise nach Deutschland im September 2019, in der von namibischer Seite die Notwendigkeit für internationale Abnehmer für die Buschbiomasse geäußert wurde. Dem folgten vertiefende Fachgespräche Anfang 2020. Das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) der Hochschule Trier berät seither bei der Prüfung einer Biomasse-Partnerschaft zwischen Hamburg und Namibia.

Wie weit ist das Projekt in Hamburg gediehen?

Das Projekt befindet sich in einer Evaluierungsphase, in der verschiedene Optionen und Potenziale ergebnisoffen geprüft werden. Nach Unterzeichnung des Memorandum of Understanding (MoU) im  Mai 2020 haben inzwischen mehrere Sitzungen der Arbeitsgruppen, in denen auch Umwelt-NGO‘s, sowie staatliche und private Partnern aus Namibia teilnehmen, stattgefunden. Teilergebnisse werden hier auf dieser Homepage nach und nach veröffentlicht.

Die abschließenden Prüfergebnisse werden im Sommer 2021 erwartet.

Was ist überhaupt ‚Verbuschung‘?

‚Busch‘ bezeichnet außerhalb Europas große Flächen mit Dickicht aus Sträuchern oder einfach Wildnis. Verbuschung in Namibia bedeutet, dass sich überwiegend einheimische Sträucher auf Kosten anderer Pflanzenarten aggressiv und massiv ausbreiten.

Verbuschung von Grasland ist ein weltweiter Prozess - der Übergang von Ökosystemen, in denen sich vormals Büsche und Gräser die Waage hielten, zu buschdominierten Landschaften mit wesentlich weniger Gräsern. Dies führt zu schwerwiegenden Einschränkungen der biologischen Vielfalt, des Lebensraums von Tieren und Pflanzen, der Produktivität von (Weide-)Flächen und der Neubildung von Grundwasser. Diese gravierende Veränderung läuft beispielsweise in den Alpen, auf Kuba, in Äthiopien oder im südlichen Afrika ab. Zu den am stärksten betroffenen Gebieten gehören aber halbtrockene Savannen in Namibia und Südafrika. Video dazu

Wie groß ist die verbuschte Fläche in Nambia?

Verbuschung betrifft bis zu 450.000 km2 von eigentlich produktivem Farmland in Namibia, das entspricht in etwa der Hälfte der Landesfläche - vergleichbar mit der Fläche Schwedens1. Das Ausmaß der Verbuschung in Namibia ist im globalen Vergleich einzigartig.

Warum soll die ‚Verbuschung‘ aufgehalten werden?

Nahezu alle Wissenschaftler, die namibische Politik und auch verschiedene Umweltorganisationen sind sich darüber einig, dass die Verbuschung so viele Nachteile mit sich bringt, dass dagegen vorgegangen werden soll. Die Nachteile betreffen vor allem die Landwirtschaft, die Biodiversität, den Tourismus und den Grundwasserspiegel. Die Ausdünnung der Dickichte und damit die Etablierung von 15 Mio. ha Grasland sind als Beitrag Namibias zum Klimaschutz in den Intended Nationally Determined Contributions (INDC, 2015, Paris) enthalten und damit als Klimaschutzmaßnahme international anerkannt.

Wie wird vor Ort sichergestellt, dass durch Überweidung nicht noch mehr Land verbuscht?

Das Einkommen von mehr als 70 % der Bevölkerung hängt direkt und indirekt von der Landwirtschaft ab und leidet deshalb seit Jahrzehnten massiv und zunehmend unter der Verbuschung von produktiver Savanne. Es ist in deren unmittelbaren existentiellen Eigeninteresse nachhaltig zu wirtschaften.

Auch die Regierung trifft durch Richtlinien und Vorgaben Vorsorge für ein nachhaltiges Bewirtschaften der Ressource Land (National Policy and Strategy for Sustainable Rangeland Management). Richtlinien für die Buschkontrolle sind integraler Bestandteil dieser Landwirtschaftsstrategie.

Wie wird Buschholz derzeit in Namibia verwertet?

Seit vielen Jahren wird Buschholz vor Ort verarbeitet – auch mit Unterstützung deutscher und internationaler Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit. Die Nutzung geht z. B. von Energieträger (Strom, Wärme, Kochenergie), über Viehfutter oder im kleinen Maßstab für Möbel und Kunsthandwerk. Auch ein 40 MW Biomassekraftwerk ist geplant. Zukünftig soll die Biomasse aber auch zu Bioplastik und chemischen Stoffen zur Herstellung von Verbundwerkstoffen bis hin zu synthetischen Kraftstoffen genutzt werden.

Aber die vorhandenen und jährlich nachwachsenden Mengen sind so groß, dass nur ein kleiner Teil in Namibia verarbeitet und verwendet werden kann. Zu Bedenken gilt, dass Namibia nur ca. 2,5 Mio. Einwohner hat und Wärme zum Heizen so gut wie nie benötigt wird.

Warum wird das Buschholz nicht zur nachhaltigen Energieproduktion vor Ort, für Namibia und seine Nachbarländer, genutzt?

Das geplante Biomassekraftwerk mit eingerechnet, nutzt Namibia derzeit weniger als 2 Mio. t Busch-Biomasse, bei einem jährlichen Busch-Zuwachs von etwa 14 Mio. t.. Nachbarländer wie Botswana und Südafrika leiden selbst unter einem Verbuschungsproblem und verfügen damit über eine eigene Biomasse-Ressourcenbasis.

Namibia verfolgt zwar das Ziel, bei der heimischen Energieversorgung bis 2030 zu 70 % auf lokale erneuerbare Energiequellen zurückzugreifen. Der Busch-Biomasse ist allerdings nur ein Anteil von bis zu 80 MW oder 11 % zugeordnet worden, da erhebliche und wirtschaftlicher nutzbarere Potentiale an Solar- und Windenergie vorhanden sind.

Ist nicht irgendwann alles Buschholz abgeerntet, und es gibt dann keinen Nachschub mehr?

Unabhängige Untersuchungen2 schätzen den gesamten natürlichen Zuwachs von Busch-Biomasse in Namibia auf etwa 14 Mio. t jährlich. Zugrunde gelegt werden dabei der aktuelle Buschbestand und ein Flächenzuwachs an verbuschter Fläche von ca. 3 % im Jahr. Allein diese Menge müsste dem Ökosystem entnommen werden, um die fortschreitende Verbuschung einzudämmen. Hiervon können absehbar  3 Mio. t pro Jahr lokal verwertet werden, derzeit sind es weniger als 2 Mio. t.

Können durch die Buschernte neue Umweltprobleme entstehen?

Damit dies nicht passiert, ist es wichtig eine Misswirtschaft und falsche, nicht nachhaltige Praktiken, wie z.B. eine übermäßige Ernte oder Schäden des Bodens durch den Einsatz ungeeigneter Technologien zu unterbinden.

Die Entnahme von Buschholz ist heute schon kontrolliert und limitiert: Für jede Buschernte wird eine zeitlich und geographisch begrenzte Genehmigung durch die namibische Forstbehörde ausgestellt - die Nutzung der Ressource ist somit direkt steuerbar. Zusätzlich bieten staatliche und private Beratungsdienstleister, wie der De-bushing Advisory Service (DAS), Trainings und direkte Beratung für eine professionelle und nachhaltige Buschernte an.

Warum soll das Buschholz zu Pellets verarbeitet werden?

Direkt bei der Entnahme in der verbuschten Fläche werden Holzhäcksel hergestellt. Die gesamten Häcksel können in den noch zu errichtenden Biomassezentren zu Holzpellets verarbeitet werden. Diese haben einen größeren Heizwert pro kg Masse und somit sind die CO2 Transportemission pro Heizwert am geringsten. Zudem würde die Produktion (also die Veredelung von Rohholz zum Produkt Pellets) vor Ort die größtmögliche Wertschöpfung in Namibia generieren.

Inwieweit sind namibische Interessengruppen ins Projekt eingebunden?

In der Vereinbarung vom Mai 2020 ist der namibische Biomasseverband N-BiG in Arbeitsgruppen direkt und damit dessen über 60 Mitglieder indirekt beteiligt. Weitere namibische staatliche und nicht-staatliche Akteure werden ihm außerdem zuarbeiten. Neben N-BiG sind verschiedene namibische Ministerien unter der Koordination der National Planning Commission (NPC), Nichtregierungsorganisationen wie die Namibia Nature Foundation (NNF) sowie die Namibia University for Science and Technology (NUST) in das Projekt eingebunden.

Was sagen Umweltorganisationen in Namibia zu dem Projekt?

Große namibische Umweltverbände unterstützen das Projekt: Die Namibia Nature Foundation (NNF) ist von Anfang an direkt in das Projekt eingebunden und beteiligt sich auch in den Arbeitsgruppen. Der FSC „Southern Africa“, der einen Standard speziell für die Buschkontrolle eingeführt hat, ist ebenfalls an der Arbeitsgruppe beteiligt. Auch die „Namibian Environmental Chamber“ (NEC) hat sich ausdrücklich als Unterstützer des Prüfprozesses dargestellt.


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1 SAIEA (2015): Strategic Environmental Assessment of Large-Scale Bush Thinning and Value-Addition Activities in Namibia.

2 Studie von N-BiG, die von Dritten geteilt wird, wie IfaS, GIZ, NNF und weitere