Im September 2019 konnte Hamburg das größte Fernwärmenetz der Stadt vom schwedischen Energiekonzern Vattenfall vollständig zurückkaufen – so wie von den Hamburgerinnen und Hamburgern im Volksentscheid 2013 beschlossen. Das Unternehmen wurde in Wärme Hamburg GmbH umbenannt und ist zu 100 Prozent in städtischer Hand. 2022 wurde die Wärme Hamburg GmbH mit der ebenfalls städtischen Hamburg Energie GmbH fusioniert. Beide Marken existieren nun unter dem Namen Hamburger Energiewerke GmbH (HEnW) weiter.
Hamburgs neues Fernwärmekonzept: Kohlefrei, klimafreundlich, modular
Bis spätestens 2030 wird der Anteil der Kohlewärme von heute 64 Prozent auf null sinken. Dies ist ein großer Schritt zum Erreichen von Hamburgs ehrgeizigen Klimazielen. Mit einem innovativen Wärmekonzept wird die Fernwärmeversorgung auf erneuerbare Energien, CO2-ärmere Brennstoffe und Abwärme umgestellt. Das Kohlekraftwerk Wedel soll nach der Heizperiode 2024/25 durch den Energiepark Hafen ersetzt werden. Bis spätestens 2030 wird auch das Kraftwerk Tiefstack ohne Kohle auskommen. Das Konzept dafür wurde in einem eineinhalbjährigem Planungsprozess unter Beteiligung eines Gremiums von Expert:innen erarbeitet und im Sommer 2022 vorgestellt. Statt einer zentralisierten Erzeugung in Heizkraftraftwerken werden in Zukunft mehrere kleinere Quellen für die Erzeugung der Fernwärme eingesetzt. Mit der Fertigstellung des Energieparks Tiefstack sinken die CO2-Emissionen der zentralen Hamburger Stadtwärmeversorgung gegenüber heute um 70 bis 80 Prozent.
CO2 sparen durch industrielle Abwärme in der HafenCity
Eine für Hamburg wesentliche Quelle von klimaneutraler Wärme, die Kohle und Erdgas ersetzten kann, ist industrielle Abwärme. Zum Beispiel in der HafenCity Ost: Der Energiedienstleiter enercity contracting versorgt bereits den neuen Stadtteil mit Fernwärme und nutzt dafür Wärme aus der Kupferherstellung des Metallproduzenten Aurubis. Die Wärme entsteht als sogenannte Abwärme in der Industrie: Dort kann sie aber häufig niemand brauchen. Das galt auch für Europas größte Kupferhütte auf der Peute-Insel im Hamburger Hafen. Dort entsteht bei der Kupferschmelze Schwefeldioxid, das von Aurubis zu Schwefelsäure verarbeitet wird. Dabei fällt viel Wärme an, die bisher aufwändig mit Elbwasser gekühlt und abgeführt werden musste. Das ist nun nicht mehr nötig, denn die Wärme wird über eine insgesamt 3,7 km lange Wärmetransportleitung von Aurubis in die HafenCity geleitet. Dort dient sie zum Heizen und zur Erzeugung von Warmwasser. Durch die Nutzung der Industrieabwärme von Aurubis für die Wärmeversorgung in der HafenCity Ost können so mittelfristig rund 4.500 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.
Weitere Abwärme aus der Kupferhütte Aurubis wird bis zur Heizperiode 2024/2025 in das städtische Fernwärmenetz der HEnW eingespeist, wodurch in etwa 100.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.
Energiepark Hafen ersetzt Kraftwerk Wedel
An die Stelle des Kohlekraftwerks Wedel tritt der Energiepark Hafen (EPH) und das Zentrum für Ressourcen und Energie (ZRE) in Stellingen. Um mehr als 55 Prozent der heute im Kraftwerk Wedel erzeugten Wärmemenge klimaneutral zu gewinnen, werden verschiedene Wärmequellen südlich der Elbe angezapft, die bisher kaum genutzt wurden: Industrielle Abwärme wird im Hafengebiet erschlossen. Die Müllverwertungsanlage Rugenberger Damm liefert effiziente Wärme aus der Abfallentsorgung. Eine Abwasser-Wärmepumpe macht die Abwärme aus dem Klärwerk Dradenau nutzbar. Für den Anschluss der neuen Wärmequellen wird eine Wärmeleitung unter der Elbe gebaut werden. Die Baumaßnahmen für den Energiepark Hafen und die Wärmeleitung haben Ende 2021 begonnen und werden 2024 abgeschlossen sein, sodass das Kraftwerk Wedel 2025 stillgelegt werden kann.
Durch die Nutzung lokaler, vorhandener Wärmequellen sind die Wärmekunden weniger von fossilen Brennstoffpreisen und Energieimporten abhängig. Dies trägt dazu bei, die Preise für Fernwärme stabil zu halten und verbessert nebenbei auch die Luftqualität in Hamburg. Der Umbau der städtischen Fernwärmeversorgung wird Hamburgs größter Einzelbeitrag, um die Klimaschutzziele der Stadt zu erreichen.
Kohleausstieg am Kraftwerk Tiefstack bis 2030
Das Heizkraftwerk Tiefstack soll als letztes Hamburger Kohlekraftwerk durch verschiedene klimaneutrale Wärmelösungen ersetzt werden. Dazu gehören u.a. Abwärme aus Industrie und Müllverbrennung, Power-to-Heat und vor allem Flusswärmepumpen, die Wärme aus der Norderelbe und der Bille gewinnen sollen. Zur Absicherung der Wärmeversorgung in Spitzenlastzeiten wird das bestehende Heizkraftwerk Tiefstack auf den wahlweisen Einsatz von Erdgas oder nachhaltiger Biomasse aus Rest- und Schadholz umgestellt. Eine neue Wind-zu-Wärme-Anlage, ein großer Wärmespeicher sowie ein saisonaler Aquiferspeicher erhöhen die Flexibilität und runden das Konzept ab.
Klimafreundliche Fernwärme ist ein großer Hebel für den Klimaschutz
Die Wärmeerzeugung für Raumwärme und Warmwasser macht rund ein Drittel der Endenergie aus, die Hamburg verbraucht. Weil fossile Energien immer noch die Wärmeversorgung dominieren, ist hier das Einsparpotenzial unter Klimaschutzgesichtspunkten besonders hoch. Gerade die Fernwärme bietet ein großes Potenzial um emissionsfreie Wärmequellen für die Raumwärme- und Warmwasserversorgung nutzbar zu machen.
Klimaschutz im Wärmesektor muss sowohl bei der Erzeugung als auch beim Verbrauch stattfinden, sei es durch energiesparendes Heizen, effiziente Heizungsanlagen oder Wärmedämmung der Gebäude. Bei einer Fernwärmeversorgung kann durch die Veränderung einer einzelnen Wärmeerzeugungsanlage (wie Wedel) ein großer Klimaschutzeffekt für alle Verbraucher erzielt werden. Das heißt: Wer von Fernwärme versorgt wird, braucht sich keine Gedanken mehr über klimafreundliche Wärmeversorgung zu machen. Dafür sorgen dank des Hamburger Klimaschutzgesetzes die Wärmeversorgungsunternehmen.
Weiterführende Links
Erzeugungskonzept - Hamburger Energiewerke (hamburger-energiewerke.de)
So funktioniert das Hamburger Fernwärmenetz
Energiepark Hafen - Wärme Hamburg (waerme.hamburg)
Aurubis und Wärme Hamburg unterzeichnen Vertrag
https://www.hamburg.de/beteiligungsprozess-tiefstack/
Das Konzept – Energiepark Tiefstack - Energiepark Tiefstack (energiepark-tiefstack.de)
Energieberatung: Hamburger Energielotsen - hamburg.de