Das Abwasser von ans öffentliche Sielnetz angeschlossenen Grundstücken fließt normalerweise über die Siele zum zentralen Klärwerksverbund Köhlbrandhöft/Dradenau oder direkt in ein Oberflächengewässer. Durch Betriebsstörungen, Verstopfungen, Wartungsarbeiten oder Überstau der öffentlichen Siele (z.B. durch Starkregenereignisse) kann sich das Abwasser (Schmutz- und/oder Regenwasser) bis auf die Grundstücke zurück stauen. Ohne Rückstausicherung sind alle Grundstücks- und Gebäudebereiche unterhalb der Rückstauebene, wie z.B. Keller, Souterainwohnungen, überflutungsgefährdet. Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene sind daher nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik gegen Rückstau zu sichern.
Gesetzliche und technische Regelungen
Die Rückstauebene ist in § 14 im Hamburgisches Abwassergesetz (HmbAbwG, Fassung vom 14.07.2001 zuletzt geändert am 19.11.2024) in Absatz 3 definiert (Die Änderungen vom 19.11.2024 sind unterstrichen.):
"Als Rückstauebene für die Abwasserbeseitigung gilt beim Gefällesiel die vorhandene oder endgültig vorgesehene Straßenhöhe bzw. Gehweghöhe an der Anschlussstelle der Sielanschlussleitung an das jeweilige Siel, beim Drucksiel die Oberkante des Schachtes der Einrichtung zum Sammeln und zur Förderung der Abwässer. In festgesetzten Überschwemmungsgebieten gilt die zu erwartende Höhe des Hochwasserstandes als Rückstauebene für die Schmutzwasserbeseitigung. Das jeweils höhere Maß ist anzusetzen."
Die allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Rückstauschutz werden in den folgenden Normen in der gültigen Fassung beschrieben:
- DIN 1986-100: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke - Teil 100
- DIN 1986-3: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke - Teil 3
- DIN EN 12056-1: Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden - Teil 1
- DIN EN 12056-4: Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden - Teil 4
- DIN EN 13564-1: Rückstauverschlüsse für Gebäude - Teil 1
Ablaufstellen oberhalb der Rückstauebene sind grundsätzlich im Freigefälle zu entwässern und dürfen nicht über eine Rückstausicherung (Hebeanlage oder Rückstauverschluss) geführt werden. Bei Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene muss eine Rückstausicherung eingesetzt werden, um das Eindringen von Abwasser aus dem öffentlichen Siel im Falle eines Rückstaus zu verhindern. Die Entwässerung von Ablaufstellen oberhalb und unterhalb der Rückstauebene ist entsprechend dieser Vorgaben unabhängig voneinander auszuführen.
Rückstauverschlüsse dürfen nicht als zentrale Gebäude- oder Grundstückssicherung eingesetzt werden. Im Rückstaufall kann das Abwasser des Gebäudes oder Grundstückes nicht mehr abgeführt werden und staut sich in den Leitungen auch bis in höhere Stockwerke zurück oder führt zu unkontrollierten Überflutungen in Gebäuden oder auf dem Grundstück. Die Abwasserbeseitigung wäre in diesem Fall nicht mehr sichergestellt.
Bei allen Rückstausicherungen ist eine fachgerechte Wartung nach DIN EN 1986-3 und den Herstellerangaben sicherzustellen.
Praktische Ermittlung der Rückstauebene
Es gibt zwei Methoden, um die Rückstauebene zu bestimmen:
Mit Vermessungslageplan: Wenn ein Vermessungslageplan vorliegt, aus dem die Höhe der Straßenoberkante oder die Gehweghöhe am Anschlusspunkt ersichtlich ist, wird die Rückstauebene entsprechend der gemessenen Höhen festgelegt.
Ohne Vermessungslageplan: Wenn kein Vermessungslageplan vorhanden ist, kann die Rückstauebene durch Interpolation der Höhen der beiden Schächte neben der Anschlussstelle bestimmt werden. Die Höhen der Schächte sind im Sielkatasterauszug zu finden. Ist die Gehweghöhe nicht bekannt, ist sie mit 15 cm über der Straßenoberkante anzusetzen.
Rückstauschutz bei der Schmutzwasserentwässerung
Ablaufstellen für die Schmutzwasserentwässerung unterhalb der Rückstauebene müssen über eine Abwasserhebeanlage mit Rückstauschleife gegen Rückstau aus dem öffentlichen Siel gesichert werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Ablaufstellen auch während eines Rückstaus benutzbar bleiben müssen (z.B. Toilettenanlagen, Küchenabläufe, etc.). Durch die Rückstauschleife ist selbst bei einem Defekt der Hebeanlage ein zuverlässiger Rückstauschutz gegeben.
Nur im Falle einer zweifelsfrei untergeordneten Nutzung der betroffenen Entwässerungsgegenstände und nur wenn diese im freien Gefälle entwässert werden können, ist der Einsatz von Rückstauverschlüssen zulässig. Toilettenanlagen, Küchen und Wohnraum stellen in der Regel keine untergeordnete Nutzung dar, sodass Rückstauverschlüsse in diesen Fällen nicht zulässig sind. Zu beachten ist, dass die mit Rückstauverschlüssen gesicherten Entwässerungsgegenstände im Rückstaufall nicht benutzbar sind und dass der Einsatz von Rückstauverschlüssen ein höheres Risiko darstellt, da bei einem Defekt am Rückstauverschluss kein Rückstauschutz gegeben ist.
Rückstauschutz bei der Niederschlagswasserentwässerung
Ablaufstellen für Niederschlagswasser von Flächen unterhalb der Rückstauebene müssen getrennt vom Schmutzwasser und rückstaufrei über Abwasserhebeanlagen angeschlossen werden. Die Anlagen sind außerhalb des Gebäudes zu installieren. Ausnahmen für die Installation innerhalb des Gebäudes sind möglich, wenn entsprechende bauliche Maßnahmen gegen Überflutung getroffen werden.
Kleinere Flächen (ca. 5 m²) können alternativ über Rückstauverschlüsse entwässert werden, sofern geeignete Vorkehrungen (z.B. Aufkantung zur Eingangstür bei außenliegenden Kellerniedergängen) vor Überflutungen getroffen werden.
Bei der Ausführung des Rückstauschutzes durch Rückstauverschlüsse ist die Verwendung der richtigen Typen nach DIN EN 1986-100 in Verbindung mit DIN EN 13564-1 zu beachten.
Fachlich verantwortliche Stelle
Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft
Amt für Wasser, Abwasser und Geologie
Referat Grundsatz Indirekteinleiter und Fachbetriebe (W 21)
E-Mail: grundstuecksentwaesserung@bukea.hamburg.de
Neuenfelder Straße 19
21109 Hamburg