Wesentliches Ziel der Bündnispartner ist es, Barrierefreiheit und die Belange von Menschen mit Behinderungen von Anfang an bei allen Vorhaben im Rahmen der Mobilitätswende mitzudenken und zu berücksichtigen. Hierfür wird unter anderem eine Arbeitsgruppe „Inklusive Mobilitätswende“ bei der BVM eingerichtet. Ob beim Thema Fuß- und Radverkehr, ÖPNV, alternative Mobilitätsangebote oder autoarme Quartiere – Menschen mit Behinderungen werden als Expert:innen in eigener Sache in alle Planungsvorhaben mit einbezogen.
Anjes Tjarks, Senator für Verkehr und Mobilitätswende: „Die gemeinsame Willenserklärung mit zehn Hamburger Verbänden verdeutlicht: Wir wollen und brauchen die Mobilitätswende für alle Menschen in Hamburg. Der Mobilitätsmix muss für alle Hamburgerinnen und Hamburger attraktive Verkehrsangebote bieten. Wir wollen Hamburg gesamtgesellschaftlich denken und bei unseren vielen Mobilitätsangeboten auf alle Gruppen zugehen – E-Klusion ist das Stichwort der Zukunft! Ein herausragendes Beispiel für die Symbiose von Antriebswende und Barrierefreiheit ist das Projekt Zukunftstaxi.“
Heiko Kunert, Vorstand der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen e. V. (LAG) und Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg e. V.: „Vor zwei Jahren kritisierten wir als „Bündnis barrierefreie Mobilitätswende – nur mit uns!“ die Umsetzung der Umbaumaßnahmen am Jungfernstieg und forderten mehr Dialog bei der Gestaltung des öffentlichen Raums und des ÖPNV. Die heute unterzeichnete gemeinsame Willenserklärung markiert ein wichtiges Ergebnis aus diesem Austausch und kann ein Meilenstein für die Umsetzung einer barrierefreien Verkehrsplanung in Hamburg sein. Wir freuen uns, im Rahmen des nun geschlossenen Bündnisses einen Beitrag für mehr Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Hamburg leisten zu können.“
Axel Graßmann, Geschäftsführer Lebenshilfe Hamburg: „Die gemeinsame Willenserklärung zur inklusiven Mobilitätswende der zehn Hamburger Verbände und der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende ist ein Meilenstein der inklusiven Verkehrsplanung. Hieraus ergibt sich die Verpflichtung, die Bedarfe der unterschiedlichsten Menschen wahrzunehmen, mitzudenken und zu beachten. Inklusion bedeutet – Niemand bleibt „Außen vor“. In der inklusiven Mobilitätswende ist dieses eine Aufgabe mit großer Herausforderung, an der wir uns gern beteiligen, um den Teil beizutragen, den wir aus unserer täglichen Arbeit und unseren Erfahrungen für Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen, Menschen mit geistiger Behinderung, gut kennen.“
Klaus Mourgues, Vorsitzender im BdS e. V. Hamburg: „Zu einer erfolgreichen inklusiven Mobilitätswende gehört auch der Abbau von Hör- und Kommunikationsbarrieren.“
Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender SoVD Hamburg: „Mobilität ist zugleich eine Grundvoraussetzung für soziale Teilhabe und Entwicklung des Gemeinwesens. Dabei gestalten sich Mobilitätsbedürfnisse individuell und sind von Faktoren wie Wohnumfeld, Alter, Gesundheit oder wirtschaftlicher wie beruflicher Situation abhängig. Mobilität muss überall und für alle in Hamburg verfügbar sein. Es darf keine Hürden geben, weder bauliche noch finanzielle.
Jeder muss sich Mobilität leisten können, um etwa den Arzt, Seniorentreff, Jugendtreff oder ein Theater zu erreichen. Und sie muss baulich barrierefrei sein, damit z. B. eine Rolli-Fahrerin ins Theater kommt und sie muss sprachlich barrierefrei sein. Dabei ist bei der Mobilitätswende zu bedenken: Ältere, behinderte und manch kranke Menschen kaufen in der Regel weder mit dem Lastenrad ein noch überwinden sie per E-Roller die letzte Meile zur Physiotherapie.
Die gesellschaftliche Funktion des ÖPNV ist nicht nur der Transport von A nach B. Wir müssen bedenken, dass Preissteigerungen für Bahn und Bus gerade in diesen Zeiten – eine zusätzliche Belastung sind. Sie erschweren die Teilhabe in einer Gesellschaft, in der Mobilität nicht alles, aber vieles ist, besonders im beruflichen Leben. Der SoVD Hamburg plädiert schon lange für ein kostenfreies Ticket für alle bedürftigen Menschen, seien es Bürgergeld-Bezieher, Alleinerziehende oder Ältere mit schmaler Rente oder junge Menschen. Alle müssen Teil der sozialökologischen Wende sein.“
Carmen Hagemeister vom Vorstand des FUSS e. V. Hamburg: „Barrierefreie Wege sind für alle Fußgänger:innen günstig.“
Kerrin Stumpf, Geschäftsführerin Leben mit Behinderung Hamburg e. V.: „Wir werden mit darauf achten, dass mit einem Mobilitätsmix wirklich alle Hamburgerinnen und Hamburger Teilhabe erleben können.“
Kristin Alheit, Geschäftsführerin des PARITÄTISCHEN Wohlfahrtsverbands Hamburg: „Wir begrüßen es sehr, dass sich der Hamburger öffentliche Nahverkehr auf den Weg macht, inklusiver und barrierefreier zu werden. Denn er sollte für alle Hamburger:innen gut nutzbar sein, auch für Menschen mit Beeinträchtigungen. Hier muss Hamburg in der Tat noch besser werden. Die Zusammenarbeit mit dem Bündnis Mobilitätswende hilft, möglichst alle Aspekte von Barrierefreiheit zu berücksichtigen. Die Mobilitätswende darf niemanden zurücklassen. Die nun verabredeten Punkte sind gute Meilensteine, um dieses Ziel zu erreichen.“
Ulrike Kloiber, Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen: „Barrierefreie Mobilität – das bedeutet eine Verkehrsinfrastruktur zu schaffen, die es Menschen mit und ohne Behinderungen ermöglicht, sich selbstbestimmt im öffentlichen Raum bewegen zu können. Insbesondere das Thema barrierefreie Fahrgastinformationen stellt noch eine Herausforderung dar. Informationen zu Fahrzielen, Liniennummern und Hinweise auf Betriebsstörungen müssen auch für blinde Menschen und Menschen mit Hörbeeinträchtigung gleichermaßen zugänglich sein. Ich freue mich sehr, dass die BVM und die Interessensvertretungen von Menschen mit Behinderungen mit der gemeinsamen Willenserklärung Hand in Hand gehen, um eine inklusive Mobilitätswende in Hamburg voranzutreiben. Inklusion und Barrierefreiheit stellen neben Klimaneutralität eine wichtige Voraussetzung für eine gemeinsame und zukunftsfähige Gesellschaft dar.“
Gemeinsame Willenserklärung für eine inklusive Mobilitätswende
Das Bündnis „Mobilitätswende - nur mit uns!“, in dem sich die folgenden Verbände zusammengeschlossen haben:
- Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg e. V. (BSVH)
- Bund der Schwerhörigen e. V. (BdS)
- FUSS e. V. Hamburg
- Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen (LAG)
- Landes-Seniorenbeirat Hamburg (LSB)
- Leben mit Behinderung Hamburg Elternverein e. V.
- Lebenshilfe Landesverband Hamburg e. V.
- Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hamburg e. V.
- Sozialverband Deutschland, SoVD Hamburg
- Sozialverband VdK Hamburg
und die Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Verkehr und Mobilitätswende, sind sich über eine dauerhafte und zielgerichtete Zusammenarbeit auf folgender Grundlage einig:
Präambel
Das Bündnis „Mobilitätswende – nur mit uns!“ und die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) unterstützen die Mobilitätswende und die damit verbundenen Ziele zur Verbesserung der Lebensqualität. Wir wollen, dass mit der Mobilitätswende für alle Menschen eine gute und sichere Mobilität auf nachhaltige Weise gewährleistet wird. Die Mobilität ist entscheidend für die Würde und Selbstbestimmung aller Menschen, für soziale und kulturelle Teilhabe, unabhängig von Alter, Einkommen und individuellen Fähigkeiten. Darum müssen Verkehrsmittel und Verkehrswege auch aus der Sicht der Nutzerinnen und Nutzer zugänglich und für jeden Menschen gleichermaßen komfortabel nutzbar sein.
Wege, die für mobilitätseingeschränkte Menschen, Kinder, Seniorinnen und Senioren gut nutzbar sind, laden auch alle anderen Menschen ein, autofreie Mobilität auszuprobieren und zu leben.
Bestandteil einer Mobilitätswende für alle ist eine konsequente Fortsetzung der Barrierefreiheit im Sinne des Hamburgischen Behindertengleichstellungsgesetzes und die Beachtung anerkannter Regeln der Technik.
Auf dem Weg der Mobilitätswende wollen wir den Menschen in Hamburg in respektvoller und an ihre jeweiligen Bedürfnisse angepasster Weise begegnen, sie in Planungsprozessen ernst nehmen und auch den „schwächeren" Verkehrsteilnehmenden gute und sichere Wege bereitstellen.
Die barrierefreie Benutzbarkeit von ÖPNV-Angeboten und Straßenverkehrsanlagen wird weiterhin in der Planung, in der Realisierung sowie im laufenden Betrieb zu berücksichtigt.
Was wir gemeinsam erreichen wollen
Der Ausbau des Fuß- und Radverkehrs sowie des ÖPNV ist die Voraussetzung für das erfolgreiche Gelingen der Mobilitätswende in Hamburg. Autoarme Quartiere, eine größere Vielfalt an Verkehrsträgern so-wie ausreichend breite, sichere und komfortable Gehwege und Radverkehrsanlagen sind wichtige Ziele der Mobilitätswende. Gleichzeitig dürfen keine neuen Barrieren entstehen und vorhandene Barrieren müssen konsequent abgebaut werden.
Der ÖPNV ist das Rückgrat einer inklusiven Stadtgesellschaft. Damit er von allen Fahrgästen ohne besondere Erschwernis und möglichst ohne Assistenz genutzt werden kann, wollen wir Fahrgastinformationen, gut auffindbar, seh- und hörbar, leserlich und verständlich für jeden Fahrgast zugänglich machen.
Neben den nahezu vollständig umgerüsteten Schnellbahnhaltestellen sollen perspektivisch auch alle Bushaltestellen und das Umfeld der Haltestellen barrierefrei ausgebaut werden. Dazu ist eine Steigerung der bisherigen Anstrengungen beim barrierefreien Ausbau der Bushaltestellen erforderlich. ÖPNV-Angebote, Taxis und Linienbedarfsverkehre müssen ohne technische und ökonomische Schranken, erschwinglich und barrierefrei sein.
Das Sozialticket soll beim Erwerb eines bundesweit geltenden Klimatickets Deutschland (49 Euro Ticket/“Deutschlandticket“) angerechnet werden können.
Gut ausgebaute und sichere Gehwege sind für alle Menschen eine wichtige Mobilitätsvoraussetzung. Wir wollen, dass Gehwege für Menschen mit Rollstuhl, Kinderwagen und Rollatoren ausreichend dimensioniert und barrierefrei ausgebaut werden. Wir wollen dafür sorgen, dass durch Pflege und Instandsetzung Wege, Treppen, Bodenindikatoren, Schilder und technische Einrichtungen auf Dauer barrierefrei bleiben und Veraltetes zeitnah auf den neuesten Stand der Technik gebracht wird. Bei der Aufteilung von Verkehrsflächen sollen Gehwege nicht eingeschränkt, sondern barrierefrei ausgebaut werden.
Radverkehrsanlagen, vor allem Velorouten, sollen so gebaut werden, dass sie auch von Personen auf Dreirädern oder Tandems problemlos genutzt werden können. Bei größeren Fahrradabstellanlagen (z. B. an U- und S-Bahn-Haltestellen) werden die Bedürfnisse von Dreirad- und Tandemfahrenden ausdrücklich berücksichtigt.
Plätze zur zentralen urbanen Begegnung wollen wir so gestalten, dass sie uneingeschränkt und gemeinsam genutzt werden können. Um Gefährdungen zu vermeiden, wollen wir die Verkehrsflächen für zu Fuß gehende besonders sorgfältig planen und gestalten, weil unter Umständen Fahrzeugverkehr auf Gehwegen und Plätzen störend und gefährlich sein kann.
Wegebeziehungen sollen ermöglicht werden durch gesicherte Querungen, insbesondere auch bei Radverkehrsanlagen (Fahrradstraßen, Hochbordradwegen, an Bus-Haltestellen usw.).
Auch bei Radverkehrsanlagen soll es gesicherte Querungen (z. B. Fußgängerübergänge (FGÜ) oder Lichtzeichenanlagen (LSA)) sowie Haltelinien für den Radverkehr geben. Dort, wo heute keine ausreichenden Querungen sind, aber ein Bedarf besteht (wie z. B. Fahrradstraße Harvestehuder Weg), soll die Einrichtung von FGÜ bzw. LSA sowie eventuell notwendige flankierende bauliche Maßnahmen ermöglicht werden. Regelwerke sind – auch aufbauend auf Verkehrsversuchen – entsprechend zu ergänzen bzw. fortzuschreiben. Bestehende Spielräume in den Regelwerken sollen bereits jetzt zu Gunsten von zu Fuß gehenden genutzt werden.
Durch intensive Kontrollen soll gewährleistet werden, dass Fußwege und Plätze von Falschparkern, Fahr-, Motorrädern und E-Tretrollern freigehalten werden. Park- und Halteverbote an Bushaltestellen sollen das barrierefreie und gefahrlose Zu- und Aussteigen gewährleisten.
Bei der Anlage von Quartieren mit reduziertem Pkw-Verkehr ist die Möglichkeit für behinderte Menschen, ihre Ziele erforderlichenfalls mit einem Kraftfahrzeug zu erreichen, weitestgehend sicherzustellen. Ein Angebot an Parkplätzen für schwerbehinderte Menschen muss erhalten bleiben.
Um die Sicherheit beim Einsatz neuer alternativer Verkehrsmittel zu gewährleisten, wollen wir erreichen, dass bei der Entwicklung innovativer Systeme und Elemente die Barrierefreiheit stets frühzeitig mitgedacht wird. Die Stadt wird in diesem Sinne auf ihre Partner einwirken.
Wir wollen, dass alle Fahrgäste von der Digitalisierung profitieren und die Mobilität für jene erleichtert wird, die keinen Zugang zu digitalen Medien haben.
Partnerschaftliches Miteinander
Uns ist bewusst, dass es Interessengegensätze und Nutzungskonflikte gibt. Diese wollen wir gemeinsam lösen. Voraussetzung hierfür ist die Stärkung der Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Bereits in Planungsprozessen wollen wir im engen und respektvollen Austausch voneinander lernen und gemeinsam Lösungen diskutieren und erproben sowie gute Standards vorgeben.
Wir wollen in folgenden Strukturen zusammenarbeiten:
- Die Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) bietet als Partnerin der Verkehrsunternehmen einerseits und als Mittlerin zu den Fahrgästen andererseits eine gute Voraussetzung für einen konstruktiven Dialog rund um alle Fragen im Bereich des ÖPNV. Hier gibt es zahlreiche Themenfelder, an denen gemeinsam gearbeitet wird. Die Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen werden gemeinsam mit dem HVV, der BVM und der Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (SKbM) weiterhin regelmäßig zusammentreten und gemeinsam Lösungen erarbeiten sowie die Formen der Koordination und Kooperation den stetig wachsenden Herausforderungen entsprechend weiterentwickeln.
- Die BVM ist sich ihrer politischen Verantwortung für einen barrierefreien ÖPNV bewusst und wird sich aktiv in gemeinsame ÖPNV-Planungsprozesse einbringen und die Rahmenbedingungen für den barrierefreien Ausbau erheblich verbessern.
- Bei der BVM wird eine Arbeitsgruppe „Inklusive Mobilitätswende" unter Leitung der Amtsleitung Verkehr eingerichtet, die regelmäßig, mindestens zweimal im Jahr tagt. Die Arbeitsgruppe hat die Aufgabe, darauf hinzuwirken, dass die Belange der Barrierefreiheit bei allen Vorhaben im Rahmen der Mobilitätswende berücksichtigt werden.
- Der Senator der BVM und die SKbM werden sich einmal im Jahr von der Vertretung des Bündnisses „Mobilitätswende – nur mit uns!“ direkt über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Inklusive Mobilitätswende" unterrichten lassen.
Behörde für Verkehr und Mobilitätswende
Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg e. V. (BSVH)
Bund der Schwerhörigen e. V. (BdS)
FUSS e. V. Hamburg
Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen (LAG)
Landes-Seniorenbeirat Hamburg (LSB)
Leben mit Behinderung Hamburg Elternverein e. V.
Lebenshilfe Landesverband Hamburg e. V.
Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hamburg e. V.
Sozialverband Deutschland, SoVD Hamburg
Sozialverband VdK Hamburg
Rückfragen der Medien
Behörde für Verkehr und Mobilitätswende
Dennis Heinert
Pressesprecher
Telefon: 040 42841 3211
Mobil: 0176 42864684
E-Mail: pressestelle@bvm.hamburg.de