Senator Michael Westhagemann: „Ich bin beeindruckt von diesen sechs innovativen Luftfahrtprojekten. Das ZAL, sicherlich eins der wichtigsten Innovationszentren weltweit für Luftfahrt, ist auch ein sehr passender Ort dafür. Denn diese sechs Forschungsprojekte entwickeln neue Ansätze, um die Luftfahrt umweltfreundlicher zu machen. Ich freue mich auch insbesondere, dass wir bei diesem Treffen Projekte näher kennen lernen, die vorwiegend von kleinen und mittleren Unternehmen vorangetrieben werden. Uns ist es wichtig, auf dieser Reise hin zum nachhaltigen Fliegen alle mitzunehmen und die Innovationspotenziale beim Mittelstand weiter auszubauen.“
Das Ziel der Branche ist es, bis 2050 klimaneutral zu operieren. Vermutlich hat es einen derart grundliegenden Wandel in der Luftfahrt das letzte Mal gegeben als der Umstieg von Kolbenmotoren auf Düsentriebwerke bevorstand. Es gibt keinen Bereich der Luftfahrt, sei es bei den Flugzeugherstellern, Zulieferern und Dienstleistern, bei den Wartungsunternehmen, Fluglinien und Flughäfen, die von diesem Wandel nicht entweder schon betroffen sind oder es sein werden. Auch eine Industrie wie die Luftfahrt, die seine Innovationskraft seit Jahrzehnten hier in Hamburg unter Beweis stellt, ist von aktuellen Herausforderungen stark beansprucht.
Die Tiefe der Innovationsfähigkeit und Kreativität am Standort wird entscheidend sein. Hamburg kann auf das Cluster Hamburg Aviation bauen, auf das ZAL als führendes Innovationszentrum, auf die Fähigkeit, Sektoren zu koppeln und Synergien zwischen den verschiedenen Clustern zu finden und zu nutzen.
Senator Westhagemann: „Wir bauen unsere Zusammenarbeit mit den anderen norddeutschen Bundesländern aus, etwa beim Aufbau des ITZ Nord, ein Forschungsverbund das unter anderem hier im ZAL beheimatet sein wird und der einen weiteren Katalysator für Innovation im Bereich des nachhaltigen Fliegens darstellen wird. Und wir unterstützen Startups durch das Sustainable Aero Lab, um auch den kühnsten Ideen eine Chance zu geben.“
GATE Projekte: Kurzbeschreibungen
FairCraft: Die nachhaltige Flugzeugkabine von Morgen
Die Designstudie „FairCraft“ untersucht einen neuen, umweltbewussten Ansatz beim Gestalten von Kabineninnenräumen. Hier wird das gesamte Kabinenkonzept aus Nachhaltigkeitsperspektive gedacht. Dabei sollen Materialien zum Einsatz kommen, die nicht nur recycelbar, sondern auch leichter sind. Denn in der Luftfahrt bedeutet ein geringeres Gewicht auch weniger Treibstoffverbrauch. Damit birgt das FairCraft-Konzept erhebliche Potenziale, Flugzeugemissionen einzusparen.
Dabei ist FairCraft so konzipiert, dass trotz des großen Sparpotenzials das Komfortgefühl der Passagiere gesteigert werden soll. Ein angenehmeres Raumklima wird durch ein zentrales Belüftungssystem und ergonomischeres Lichtkonzept ermöglicht. Gleichzeitig sorgen die verwendeten Textilen für ein organischeres Feeling in der Kabine als bisherige Sitzlösungen, die auf traditionelle Aluminiumkomponenten aufbauen. FairCraft ist aus einer Cross-Cluster Initiative von Hamburg Aviation und der Hamburger Kreativ Gesellschaft hervorgegangen.
Hydroleak: Wasserstoff Leckagen aufspüren
Als Treibstoff wird Wasserstoff künftig eine bedeutende Rolle spielen. Das erfordert neue Sicherheitskonzepte, denn H2 ist hochflüchtig und explosiv. Das Projekt Hydroleak erforscht eine neue Methode, Wasserstoff Leckagen in Tanks oder Rohre schnell aufzuspüren. Das optische Detektionssystem Hydroleak wird als tragbares Gerät dem Bodenpersonal ermöglichen, schnell und effizient manuell Leckagen zu identifizieren. Ein Background-Oriented-Schlieren (BOS) Verfahren erlaubt eine schnelle Detektion und dreidimensionale Lokalisierung von H2-Leckagen und dessen Bewertung.
Bei Hydroleak wird ein Kamerabild in Echtzeit ausgewertet und angereichert mit visuellen Informationen auf einem Bildschirm ausgegeben. Die zugrundeliegenden Analyseverfahren werden sowohl durch KI als auch durch Informationen aus dem Digitalen Zwilling des Wasserstoffsystems unterstützt. Die bidirektionale Kopplung der lokalen Daten mit dem Digitalen Zwilling erlaubt zudem einen Datenaustausch, um die Leckage im Kontext eines Anlagemodells zu spezifizieren und zu dokumentieren. Somit könnte Hydroleak einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit bei der Arbeit mit Wasserstoff leisten.
CATECO: Noise Cancelling in der gesamten Kabine
In der Zukunft werden einige Flugzeugklassen mit flüssigem Wasserstoff angetrieben werden, entweder durch die Verbrennung in einer Turbine oder elektrisch mittels einer Brennstoffzelle. Während Wasserstoff-Antriebe die C02-Emissionen drastisch senken können, erzeugen letztere Antriebe ihren Antrieb mittels Propellern. Diese verursachen wiederum mehr Lärm. Das Projekt CATECO entwirft ein neues System zum Bewerten von Kabinen hinsichtlich ihrer akustischen Eigenschaften. Das Ziel: den Geräuschpegel in der Kabine von künftigen Propellermaschinen auf dem Niveau von Jets zu halten. Denn künftig werden Airlines ihren Kunden das Reisen in neuen, nachhaltigeren Propellermaschinen anbieten, sie jedoch nicht eines gestiegenen Geräuschpegels während ihres Flugs zumuten wollen.
Das Projektkonsortium Airbus, HAW Hamburg und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwirft mit CATECO ein neues System zur Schalldämpfung in der Kabine. Die Active Noise Cancelling Technologie ist vielen Reisenden schon bekannt als Verfahren, um Kopfhörer „schalldicht“ zu machen. Hier werden akustische Signale aus der Umgebung aktiv ausgelöscht durch künstlich erzeugte Schallwellen. CATECO untersucht Ansätze, diese Idee auf die gesamte Kabine anzuwenden. Denn das Reisen soll für den Passagier grüner, jedoch nicht lauter werden.
MIWa: MBSE-basierte Integration & Variantenbildung von Wasserstoffkryodrucktanksystemen
Flüssigwasserstoff bietet als möglicher Treibstoff großes Potenzial, C02-Emissionen in der Luftfahrt zu verringern. Aber welche Lösungsansätze und Systemarchitekturen sind am besten geeignet, um LH2 als Treibstoff einzusetzen? Eine entwicklungsperspektivische Antwort auf diese weitereichende Frage ist noch nicht in Sicht. Zudem wird der Weg dorthin dadurch erschwert, dass das Gesamtsystem „wasserstoffangetriebenes Verkehrsflugzeug“ extrem komplex ist.
Um die Vielzahl an verschiedenen Konfigurationsmöglichkeiten für einen optimalen Flugzeuggesamtentwurf untersuchen zu können, entwickelt das Projekt MIWa ein digitales MBSE-Systemmodell, welches sowohl zur Integration von Wasserstoff-Kryodrucktanksystemen im Flugzeug als auch zur Auslegung und zum Benchmarking verschiedener Varianten genutzt werden kann. Die Verknüpfung mit parametrisierten 3D-Geometrie- und Simulationsmodellen ermöglicht zusätzlich eine Analyse und Bewertung der Design-Varianten in räumlicher Darstellung.
H2-Finity: Ein skalierbarer Brennstoffzellenantrieb
Das Projekt H2 Finity erforscht und entwickelt einen hybrid-elektrischen Antrieb, der Wasserstoff als Treibstoff nutzt. Der Antrieb soll sich durch eine hohe Flugleistung, Schadstofffreiheit und geringe Lärmbelastung auszeichnen. Vorerst wird dieser für 25kg Drohnen und im Weiteren für Kleinflugzeuge in der 120kg Klasse entwickelt und getestet.
Neue Technologien erfordern grundlegend neue Lösungen, in denen die Technologiebausteine synergetisch miteinander kombiniert werden. Der gesamte Entwicklungsprozess bei H2-Finity wird Luftfahrtkonform definiert und als zukünftiges Auslegungssystem zertifiziert. So kann je nach Fluggerät eine Auslegung definiert und bestimmt werden, ohne erneut große Zulassungsaufwände notwendig zu machen.
CCH2
Grüner Wasserstoff als nachhaltiger Treibstoff für die Luftfahrt: Dieser vielversprechende Ansatz bringt viele neue Herausforderungen mit sich. Da in der Luftfahrt die Sicherheit der Fluggäste und Crew an erster Stelle steht hat die Entwicklung von präzisen Testverfahren einen sehr hohen Stellenwert. Das Projekt CCH2 untersucht Ansätze für Testszenarien und –umgebungen, damit neue für Materialien und Komponenten ausreichend geprüft werden können.
Dabei spielen die chemischen Eigenschaften von H2 eine große Rolle. Ein Beispiel ist die sogenannte Permeabilität von Wasserstoff. Als Gas ist es extrem flüchtig und kann sogar Materialien durchdringen, die für Wasser oder Kerosin undurchlässig sind. Dieses stellt Flugzeugingenieure vor großen Herausforderungen, da mit neuen Materialien und Verfahren gearbeitet werden muss, die bisher unzureichend untersucht sind. Hier wird CCH2 einen wichtigen Beitrag leisten indem es die Voraussetzungen für neue Teststrategien schaffen wird.
Rückfragen der Medien
Behörde für Wirtschaft und Innovation
Susanne Meinecke
Pressesprecherin
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