Jahresabschluss 2022 – Testat erneut eingeschränkt
Die Landeshaushaltsordnung (LHO) sieht vor, dass der Rechnungshof in der Rolle des Abschlussprüfers der Freien und Hansestadt Hamburg sein Prüfungsergebnis zum Jahresabschluss und zum Konzernabschluss in einem Bestätigungsvermerk nach § 89 Abs. 3 LHO zusammenfasst.
Aufgrund in der Buchführung und Rechnungslegung weiterhin vorliegender Mängel hat der Rechnungshof auch das Testat für den Jahresabschluss 2022 mit Einschränkungen versehen.
35 Einzelbeiträge belegen finanzielle Nachteile und unerfüllte Leistungen
Das Schlagwort „handwerkliche Mängel“ würde auch zu vielen Feststellungen in den 35 Einzelprüfungen des Jahresberichts passen. Diese Mängel haben allerdings nicht nur rein formale Auswirkungen, sondern sie führen einerseits zu teilweise erheblichen finanziellen Nachteilen für Hamburg oder sie schränken andererseits die Leistungen, auf die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch haben, erheblich ein. Dazu einige Beispiele:
Unterhaltung Brücken – langes Warten ist teuer
Die zuverlässige Instandhaltung ist die Voraussetzung dafür, dass die Brücken der Stadt uneingeschränkt genutzt, die Lebensdauer der Brücken erreicht und die Gesamtkosten über den Lebenszyklus des Bauwerks optimiert werden. Am Beispiel der Slamatjenbrücke, der Ersten Diagonalbrücke und der Ernst-Merck-Brücke zeigt der Rechnungshof, wie die verzögerte Instandsetzung dazu führt, dass Fahrspuren eingeschränkt werden müssen, die Lebensdauer von Brücken verkürzt wird und Kleinschäden durch verzögerte Beseitigung und mangelnde Pflege zu Großschäden werden.
Vergabeverfahren – häufig mit Mängeln
In mehreren Prüfungen hat der Rechnungshof – teilweise erhebliche – Mängel bei Vergabeverfahren festgestellt. Erhebliche organisatorische Mängel wurden in den Vergabestellen der Bezirksämter festgestellt. Hier bedarf es grundlegender Verbesserungen, die im Zusammenwirken mit den zuständigen Fachbehörden und der Bezirksaufsicht erarbeitet und umgesetzt werden müssen. Weitere Vergabemängel gab es bei der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen, der Billebogen Entwicklungsgesellschaft mbH und im Zusammenhang mit der Unterhaltung von Brücken. In Bezug auf die Vergabe von Unterhaltungsaufträgen hat der Rechnungshof empfohlen, statt vieler und aufwendiger Einzelvergaben die Regelungen zur Rahmenvereinbarung weiter zu entwickeln und zu optimieren.
Zusätzliche Stellen – nur bei nachgewiesenem Bedarf
U.a. für die Umsetzung des Klimaplans und des Vertrags Stadtgrün wurden nach dem Haushaltsplan 2021/2022 für die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) rund 123 Stellen geschaffen. Sowohl die erforderliche Herleitung der Stellenzahl als auch die Bewertung der fachlichen Anforderung und der damit verbundenen Vergütung/Besoldung fehlten, die Entscheidungen waren schon in ihren Grundzügen nicht nachvollziehbar.
Wohn-Pflege-Aufsicht – große Kontrolllücken
Die Pflegeaufsicht der Bezirksämter soll die Einhaltung des Hamburgischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetzes überwachen. Nur rund ein Drittel der vorgeschriebenen Regelprüfungen wurden tatsächlich durchgeführt, Einrichtungen der Eingliederungshilfe wurden in den Jahren 2019 bis 2022 gar nicht geprüft. Der Personalbedarf für die Aufsichtsaufgaben wurde bisher nur unzureichend ermittelt. Der Rechnungshof hat Zweifel, ob die gesetzlichen Aufgaben mit dem bisher verfügbaren Personal erfüllbar sind.
Projektentwicklung Billebogen – Ablauf- und Steuerungsmängel
Auch bei der Projektentwicklung Billebogen zeigten sich – wie bereits im Vorjahr bei der Prüfung Oberbillwerder – Defizite in den Projektabläufen und der Organisation von Entscheidungsprozessen. Klare Arbeits- und Steuerungsstrukturen sind nicht festgelegt worden. Die Bürgerschaft wurde nur unzureichend über das Projekt informiert.
Weitere Themen
Mängel zeigen auch viele weitere Prüfungsfeststellungen auf: Hamburg verlor 400.000 Euro, weil Bundesmittel für die Finanzierung von Frühen Hilfen nicht fristgerecht abgefordert wurden.
Die Behörde für Schule und Berufsbildung finanzierte trotz seit Jahren guter und ausreichender ÖPNV-Strukturen einen Schulbus weiter. Dieser war vor rund 50 Jahren im Zusammenhang mit einer Schulschließung eingerichtet worden.
Beim Erweiterungsbau der Hochschule für bildende Künste führten Fehler bei der Definition der Nutzungsanforderungen zu Verzögerungen und zusätzlichen Kosten. Energetisch erfüllt der Erweiterungsbau nur die gesetzlichen Mindestanforderungen. Obwohl geeignete Flächen mit dem Bau geschaffen wurden, wurden sie nicht für Photovoltaik genutzt.
Beim Einsatz von IT sollen Tests und Freigaben die Risiken beherrschbar machen. Die Hamburger Verwaltung ist dazu an eine Freigaberichtlinie gebunden. In der BSB und in der BUKEA fehlten Tests und Freigaben in erheblichem Umfang. Viele Verfahren hätten so gar nicht in Betrieb gehen dürfen. Auch in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky fehlten Tests und Freigaben. Außerdem ist dort der IT-Grundschutz nur teilweise umgesetzt.