Schulleitung muss professionell handeln, wenn ein tatsachenbegründeter Verdacht bei Übergriffen durch eigenes Personal, mit ihm gleichzustellenden Personen oder durch Kinder und Jugendliche erhoben werden. Es obliegt der Leitung, für die Einhaltung der verschiedenen Rechtsvorschriften zu sorgen.
- Sind die „Leitlinien zur Prävention und Intervention sowie zur langfristigen Aufarbeitung und Initiierung von Veränderungen nach sexualisierter Gewalt durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Institutionen“ bekannt?
- Sind die Handlungsempfehlungen der KMK bekannt?
- Werden Gewaltvorfälle, Kindeswohlgefährdungen oder Missbrauchsfälle als meldepflichtige Vorfälle an die Polizei, das Jugendamt bzw. die Unfallkasse Nord gesendet?
- Hat die Schulleitung eine Risikoanalyse (Prüfung arbeitsfeldspezifischer Gefährdungspotentiale und Gelegenheitsstrukturen) initiiert?
- Wie wird sichergestellt, dass die Schulleitung sofort bei Verdachts- oder Akutfällen informiert wird?
- Wann entscheidet sie sich sofort für eine Anzeige, unter welchen Rahmenbedingungen werden erst nach Abschluss von Gesprächen die Strafverfolgungsbehörden informiert?
- Wie verfährt die Schulleitung bzgl. der Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden? Sind die Leitlinien zur Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden bekannt?
- Welche Dokumentationsformate werden genutzt (Format für Gedächtnisprotokolle)?
- Welches Dokumentationsformat wird gewählt, wenn die Schulleitun begründen will, warum die Strafverfolgungsbehörden nicht sofort eingeschaltet werden sollten (inkl. Auflistung der beteiligte Fachkräfte bzw. Institutionen bzgl. dieser Entscheidung)?
- Wie und wann werden Opfer und die Familien der Opfer über Strafanzeigen seitens der Schule informiert?
- Sind die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen bekannt?
- Sonstige, standortspezifische Ergänzungen
Hinweise:
Arbeitsfeldspezifische Risiken im System Schule:
Die Entwicklung und Verankerung eines Schutzkonzeptes setzt voraus, dass alle Akteure im Bereich Schule für die Risikofaktoren und Gefährdungspotentiale im Zusammenhang von sexualisierter Gewalt sensibilisiert werden, damit eine nachhaltige Prävention gelingen kann und notwendige Interventionsmöglichkeiten gegeben sind. In der Arbeitshilfe zum Download wird zwischen folgenden neun Risikofeldern unterschieden: 1. Personalauswahl, 2. Personalentwicklung, 3. Organisation, 4. Eltern, 5. Schülerinnen und Schüler, 6. Kommunikation und Umgang der Lehrkräfte mit Schülerinnen und Schülern, 7. Schul- und Klassenklima, soziales Miteinander, 8. Handys, Internet und 9. Räumlichkeiten, Schulgelände, Schulweg. Diese Bereiche bedürfen einer besonderen Aufmerksamkeit in Bezug auf die Entwicklung und Implementierungen eines Schutzkonzeptes, wobei diese Liste keinesfalls Endgültigkeit beansprucht und durchaus erweitert sowie verfeinert werden kann. Zudem sollten Schulen immer eine individuelle Risikoanalyse mit professioneller Unterstützung durchführen, um die Besonderheiten, spezifischen Stärken oder Herausforderungen der Schule zu berücksichtigen.
Dokumentation der Erstwahrnehmung bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt:
Schon mit dem ersten Verdacht auf sexualisierte Gewalt müssen alle Beobachtungen sorgfältig dokumentiert werden. Die persönliche Checkliste dient dazu, persönliche Wahrnehmungen zu reflektieren; aber auch für eine Verdachtsabklärung, für spätere arbeitsrechtliche Konsequenzen oder für strafrechtliche und zivilrechtliche Auseinandersetzungen ist eine frühzeitige Dokumentation zur Rekonstruktion des Missbrauchsgeschehens unerlässlich. Bei der persönlichen Dokumentation wird zwischen Beobachtungen, Berichtetem und subjektiven Wahrnehmungen unterschieden. Der nächste Schritt von Lehrkräften, an die ein Verdacht herangetragen wurde, ist der Austausch mit Kollegen oder Vorgesetzten und Fachberatungsstellen – das sollte rasch und frühzeitig erfolgen.
Da der Verdacht auf sexualisierte Gewalt häufig persönliche Betroffenheit und fachliche Unsicherheit auslöst, sollten überstürzte und unkoordinierte Hilfemaßnahmen, die mehr schaden als nützen, vermieden werden. Das gilt auch für die Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden: Niemand ist zur Anzeige verpflichtet, eine Anzeige kann auch später erfolgen und muss unbedingt gut vorbereitet sein. Entscheidet man sich nach dem Austausch mit den zuständigen Fachkräften dazu, die Strafverfolgungsbehörden nicht einzuschalten, so sind die Gründe zu dokumentieren. Kommt es zu einer Anzeige, dann sind die Gewaltmeldebögen der Beratungsstelle Gewaltprävention zu berücksichtigen.
Zur Gewährleistung des Datenschutzes dürfen nur diejenigen Personen von den Verdachtsmomenten in Kenntnis gesetzt werden, die das Wissen hierüber zur Erfüllung ihrer Aufgaben oder zum Schutz ihrer eigenen oder anderer Personen benötigen. Schriftliche Unterlagen sind im Schülerbogen zu verwahren, der vor der Einsicht und dem Zugriff Unbefugter zu sichern ist (z.B. in einem verschlossenen Briefumschlag). Sämtliche Maßnahmen sind von der Schulleitung zu dokumentieren und aufzubewahren. Im Falle eines Schulwechsels der oder des Betroffenen ist die Mitteilung zusammen mit dem Schülerbogen an die nächste Schule weiterzugeben. Werden die Verdachtsmomente ausgeräumt, wird das Verfahren eingestellt oder mit einem Freispruch beendet, so sind die diesbezüglichen Unterlagen aus dem Schülerbogen zu entfernen.