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Wehrmachtjustiz

„Rücksichten auf den Einzelnen haben zurückzutreten“

22. Januar 2019 Pressemitteilung
  • Schule und Berufsbildung

Elf Gerichte und weitere Dienststellen der Wehrmachtjustiz führten während des Zweiten Weltkrieges Zehntausende von Kriegsgerichtsverfahren in Hamburg durch und waren für Hunderte Todesurteile verantwortlich. Im Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis und am Standortschießplatz Höltigbaum wurden mindestens 206 der meist wegen Desertion und „Zersetzung der Wehrkraft“ ausgesprochenen Todesurteile vollstreckt. Jahrzehntelang wurde eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Wehrmachtsstandort Hamburg und insbesondere den Folgen der hier praktizierten Militärgerichtsbarkeit vernachlässigt. Pläne des öffentlichen Gedenkens an die Opfer der NS-Militärjustiz stießen lange auf Ablehnung in Öffentlichkeit und Politik. Der nun veröffentlichte Sammelband zieht einen Bogen von der Radikalisierung der Militärjustiz in der NS-Zeit über die damit verbundene Spruchpraxis und Fallgeschichten ihrer Opfer bis hin zu Kontinuitäten in der Nachkriegszeit sowie (aktuellen) Diskussionen über die geforderte Wiedereinführung einer gesonderten „Wehrstrafgerichtsbarkeit“. Zudem werden Vorgeschichte und Realisierung des Hamburger Deserteursdenkmals dargestellt. Die Publikation ist im Medienshop der KZ-Gedenkstätte Neuengamme sowie im Infoladen der Landeszentrale für politische Bildung, Dammtorwall 1, 20354 Hamburg, gegen eine geringe Bereitstellungspauschale erhältlich.

  • Schule und Berufsbildung

In den Sammelband „Rücksichten auf den Einzelnen haben zurückzutreten. Hamburg und die Wehrmachtjustiz im Zweiten Weltkrieg“ flossen auch Ergebnisse aus einem von 2016 bis 2018 an der KZ-Gedenkstätte Neuengamme durchgeführten Forschungsprojekt ein. Das von Dr. Claudia Bade geleitete Projekt „Militärjustiz und Stadt im Krieg. Die Gerichte des Ersatzheers in Hamburg und Norddeutschland 1939 bis 1945: Spruchtätigkeit, Strafvollstreckung, Akteure“ konnte dank der Unterstützung durch die Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur realisiert werden.

Dr. Detlef Garbe (KZ-Gedenkstätte Neuengamme): „Der Sammelband zur NS-Militärjustiz soll nicht nur ein seit vielen Jahren bestehendes Forschungsdesiderat (Forschungslücke zum Gegenstand des Themas) schließen, sondern auch ein zusätzliches Bewusstsein für das Unrecht schaffen, das den Betroffenen während der Kriegsjahre, aber auch danach widerfahren ist. Ich hoffe, dass weitere wissenschaftliche Vorhaben folgen werden, die auch neue Impulse für die Hamburger Erinnerungskultur setzen.“

Dr. Sabine Bamberger-Stemmann (Landeszentrale für politische Bildung): „Wir sind sicher, dass dieser Sammelband für das Expertenpublikum genauso wie für die Kundinnen und Kunden unseres Infoladens von Interesse ist, um mehr über ein bedrückendes und unrühmliches Kapitel der Stadtgeschichte zu erfahren. Die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen ist auch in Hamburg ein elementarer Bestandteil der Demokratiebildung.“

Der Sammelband „Rücksichten auf den Einzelnen haben zurückzutreten. Hamburg und die
Wehrmachtjustiz im Zweiten Weltkrieg“ wird von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und der
Landeszentrale für politische Bildung im Auftrag des Senats herausgegeben.


Rückfragen der Medien:

Behörde für Schule und Berufsbildung, Landeszentrale für politische Bildung
Annika Samesch | Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 040 42823-4808, Internet: www.hamburg.de/politische-bildung
E-Mail: annika.samesch@bsb.hamburg.de

Dr. Iris Groschek
KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Tel.: 040 428131-521
E-Mail: iris.groschek@bkm.hamburg.de