Länder wollen Paragrafen zur „Majestätsbeleidigung“ abschaffen (TOP 8)Auf Initiative des Hamburger Senats befasst sich der Bundesrat in seiner kommenden Sitzung mit einem Vorschlag, den umstrittenen Paragrafen über die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten (§103 StGB) ersatzlos zu streichen. Bremen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen unterstützen den Vorstoß der Freien und Hansestadt. Hamburgs Justizsenator Dr. Till Steffen spricht von einem „Gesetz aus der Mottenkiste“, das Ausfluss eines vordemokratischen Strafrechts sei, als die Majestätsbeleidigung noch eine Rolle gespielt habe. „Dieses Jahrhundert haben wir als mündige Bürger nun wirklich hinter uns gelassen.“ Es könne nicht sein, dass im Paragraf 103 das Strafmaß – mindestens drei Monate und bis zu fünf Jahre – wesentlich höher sei als bei normalen Strafverfahren wegen Beleidigung nach §185 StGB, der keine Mindeststrafen vorsehe. Nach den Plänen der Antragsteller könnte der §103 StGB bereits vor der Sommerpause gestrichen werden.
Mehr Schutz gegen sexuelle Übergriffe (TOP 17)
Die Reform des Sexualstrafrechts beschäftigt am Freitag auch den Bundesrat. Die Länderkammer nimmt in einem ersten Durchgang Stellung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung. Im Februar hatte der Bundesrat auf Initiative Hamburgs bereits in einer Entschließung angeregt, den Grundsatz „Nein heißt Nein“ in dem Reformpaket zu verankern. In diesem Sinne werden die Länder in ihrer Stellungnahme darauf dringen, dass künftig jede nicht einvernehmliche sexuelle Handlung bestraft wird. Zusätzlich fordert die Länderkammer, einen neuen Straftatbestand der sexuellen Belästigung einzuführen, mit dem auch sogenannte „Grapsch-Fälle“, wie sie in der Kölner Silvesternacht stattgefunden haben sollen, besser geahndet werden können. Hamburg bittet darüber hinaus zu prüfen, ob nicht doch schon jetzt bereits eine grundlegende Revision des Sexualstrafrechts möglich ist. Die Zweite Bürgermeistern und Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank: „Frauen brauchen ein wirksames Schutzschild, das ihre sexuelle Selbstbestimmung bewahrt. Mit einer umfassenden Reform des Rechts würden endlich mehr sexuelle Straftaten auch vor Gericht landen.“
Neue Vorschriften für das Prostitutionsgewerbe (TOP 11)
Die Länderkammer berät am Freitag den Gesetzentwurf zur Neuregelung des Prostitutionsgewerbes. Ziel ist es, die Beschäftigten besser zu schützen, gefährliche Erscheinungsformen der Prostitution zurückzudrängen und die Kriminalität in der Prostitution stärker zu bekämpfen. Mit dem Gesetzentwurf sollen erstmals umfassende Regelungen für das Prostitutionsgewerbe getroffen werden, das bislang keinen auf seine spezifischen Risiken zugeschnittenen Regulierungen unterworfen ist. Kernelement der Neuregelung ist die Einführung einer Erlaubnispflicht für das Prostitutionsgewerbe. Prostituierte werden verpflichtet, ihre Tätigkeit anzumelden und in regelmäßigen Abständen eine gesundheitliche Beratung wahrzunehmen. Überdies sollen sie leichteren Zugang zur Beratungs- und Unterstützungsangeboten erhalten. Und es soll eine Kondompflicht für die Kunden vorgeschrieben werden. Mehrere Länder monieren in einer Stellungnahme, die Hamburg unterstützt, dass es zu einer gesundheitlichen Pflichtberatung kommen soll. Solche verpflichtenden Beratungen würden nur eine begrenzte Wirkung entfalten und sollten besser auf freiwilliger Basis empfohlen werden.
Kampf gegen Korruption im Gesundheitswesen (TOP 2)
Künftig sollen auch die Heilberufe den strikten Auflagen gegen Korruption unterliegen. So sieht es ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der am Freitag im ersten Durchgang in der Länderkammer ist. Nun soll auch gegen Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Psychotherapeuten, aber auch Gesundheits- und Krankenpfleger, Ergo- und Physiotherapeuten wegen Bestechung oder Bestechlichkeit ermittelt werden können. Der Gesetzentwurf geht auf eine Hamburger Bundesratsinitiative aus dem Jahr 2011 zurück, bestehende Gesetzeslücken zu schließen. Zuvor hatte der Bundesgerichtshof geurteilt, dass Kassenärzte im rechtlichen Sinne nicht von den Korruptionsstraftatbeständen erfasst würden, weil sie weder Amtsträger noch Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen seien. Künftig sollen sich auch die Angehörigen von Heilberufen strafbar machen, wenn sie bestimmte Entscheidungen bei der Verordnung oder Abgabe von medizinischen Produkten oder der Zuweisung von Patienten treffen und dabei einen Anbieter gegenüber seinen Wettbewerbern unlauter bevorzugen. Gleiches gilt für jene, die diese Entscheidungen zu beeinflussen versuchen. Die Länderkammer begrüßt den Gesetzentwurf im Grundsatz, kritisiert allerdings, dass er zu kurz greift, weil er nur Handlungen bestraft, mit denen ein Wettbewerber unlauter benachteiligt wird. Die Länder wünschen sich einen stärkeren Schutz der Patienten. So bleibe eine Reihe von Fallkonstellationen straffrei, in denen medizinische Entscheidungen hauptsächlich an wirtschaftlichen Interessen, nicht aber am Wohl des individuellen Patienten orientiert getroffen würden. Kritisch sieht der Bundesrat zudem, dass Apotheker entgegen des ursprünglichen Entwurfs nicht erfasst werden.
Datenschützer sollen Klagerecht erhalten (TOP 9)
Der Bundesrat fordert auf Initiative Hamburgs, die Datenschutzaufsichtsbehörden von Bund und Ländern mit einem ausdrücklichen Klagerecht auszustatten. Anlass dafür ist das so genannte Safe-Harbor-Urteil des Europäischen Gerichtshofs EuGH. Die Entschließung bittet die Bundesregierung, möglichst zeitnah einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
Hamburgs Justizsenator Dr. Till Steffen: „Tausende von US-Unternehmen speichern zu jeder Zeit und unüberschaubar viele europäische Kundendaten in den Vereinigten Staaten. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie die langjährige Praxis der Datenweitergabe für rechtswidrig erklärt hat. Ein Klagerecht der Datenschutzaufsichtsbehörden ist zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes erforderlich und stellt einen weiteren Schritt zu einer Europäisierung des Verwaltungsrechts dar. Es zielt auf eine objektive gerichtliche Kontrolle und bedeutet unmittelbaren Verbraucherschutz.“ Der Europäische Gerichtshof hatte im Oktober 2015 die Safe-Harbor-Entscheidung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2000 für ungültig erklärt. Sie hatte es Unternehmen ermöglicht, personenbezogene Daten in Übereinstimmung mit der europäischen Datenschutzrichtlinie aus einem EU-Land in die USA zu übermitteln. Zugleich sprach sich der EuGH für ein Klagerecht nationaler Datenschutzbehörden aus. Die Entschließung Hamburgs fordert nun eine gesetzliche Grundlage für eine solche Regelung. Senator Steffen wird zur Initiative am Freitag im Plenum der Länderkammer sprechen.
Mehr Transparenz bei Transplantationen (TOP 12)
Ein bundesweites Transplantationsregister soll mehr Transparenz für Ärzte, Patienten und Krankenkassen schaffen. Die bislang dezentral in einzelnen Kliniken vorgehaltenen Daten sollen nun zentral gespeichert werden, auch um etwaigen Missbrauch bei der Vergabe von Transplantations-Organen zu verhindern. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, die erhobenen Daten zu harmonisieren, die Warte-Kriterien weiterzuentwickeln sowie die Qualitätssicherung bei der Organspende und der Transplantation weiter zu erhöhen. Der Bund der Krankenkassen, die Bundesärztekammer und die Deutschen Krankenhausgesellschaft sollen gemeinsam maßgeblich die Verantwortung für das Register erhalten. Der Gesetzgeber konzentriert sich auf die wesentlichen Aspekte. Das Register wird von der Transplantationsregisterstelle geführt und gleichzeitig wird eine unabhängige Vertrauensstelle eingerichtet, die insbesondere personenidentifizierende Daten anonymisiert. Beiden wird ein Fachbeirat zur Seite gestellt.
Bessere Kontrollen privater Sicherheitsunternehmen (TOP 19)
Die Betreiber von Sicherheitsunternehmen sollen künftig alle drei Jahre auf ihre Zuverlässigkeit überprüft werden und müssen einmalig eine Sachkundeprüfung ablegen. Dies sieht ein Gesetzentwurf vor, zu dem der Bundesrat in einem ersten Durchgang nun Stellung nehmen wird. Damit regiert die Bundesregierung auf Übergriffe von einzelnen Mitarbeitern von Sicherheitsfirmen in Flüchtlingsunterkünften. Zugleich sollen Ordner, die bei Großveranstaltungen wie Fußballspielen eingesetzt werden, künftig ebenfalls genauer überprüft werden. Ziel ist ein effektiverer Schutz von Veranstaltungen vor der Gefahr terroristischer Anschläge. So soll jeder Ordner zuvor ein polizeiliches Führungszeugnis beibringen. Damit möchte man vermeiden, dass Sicherheitspersonal eingesetzt wird, von dem möglicherweise selbst eine Gefahr ausgeht.
Grünes Licht für „Public Viewing“ zur EM (TOP 27)
Für die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft in Frankreich werden die Bedingungen für den Lärmschutz hierzulande vorübergehend gelockert. Der Bundesrat wird einer entsprechenden Verordnung zustimmen, damit auch Fußballspiele, die nach 20 Uhr angepfiffen werden, grundsätzlich öffentlich auf Großleinwänden unter freiem Himmel übertragen werden können. Die einzelnen Public-Viewing-Events müssen vom Veranstalter bei der zuständigen kommunalen Behörde aber weiterhin beantragt werden. Die Ordnungsämter haben für jeden Einzelfall zwischen dem besonderen öffentlichen Interesse an den Fußballspielen und dem Schutz der Nachtruhe abzuwägen. Hierbei werden etwa das Publikumsinteresse, die Abstände zu Wohnbebauung und schutzbedürftigen Einrichtungen, die Sensibilität des Umfelds, Maßnahmen zur Lärmminderung sowie Umfang, Anzahl und Aufeinanderfolge der zugelassenen Ausnahmen zu berücksichtigen sein.
Künstlerisch wertvolle Filme gezielter fördern (TOP 15)
In der öffentlichen Filmförderung galt bisher das Motto: „The winner takes it all.“ Ist ein Film an der Kinokasse erfolgreich, erhält er auch mehr Fördermittel vom Staat. Die Bundesregierung hat nun ein neues Filmförderungsgesetz vorgeschlagen, das das sogenannte Erfolgsdarlehen abschafft. So können verstärkt kleinere Produktionen wie Arthouse-Filme gefördert werden. Grundsätzlich jedoch sollen die bisherigen Förderstrukturen beibehalten werden. Der Gesetzentwurf sieht aber schlankere Strukturen und eine Professionalisierung der Fördergremien der Filmförderungsanstalt FFA vor, die Förderkommissionen sollen künftig auch mit mehr Frauen besetzt werden. Der Bundesrat begrüßt die Änderungen, sieht jedoch im Detail noch Verbesserungsbedarf. So soll die FFA künftig auch die Belange der Beschäftigten in der Filmwirtschaft im Blick haben und auf faire und angemessene Vertragsbedingungen hinweisen. Ferner halten die Länder eine weitere Flexibilisierung der Sperrfristen für sinnvoll, sodass beispielsweise Dokumentarfilme und Low-Budget-Produktionen früher in andere Verwertungsformen überführt werden können.
Die Recht von Urheberinnen und Urhebern stärken (TOP 18)
Die Position von Kreativen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche auf eine angemessene Vergütung möchte die Bundesregierung stärken. Der Bundesrat diskutiert entsprechende Reformpläne der Regierung. Häufig sind Kreative infolge fehlender Markt- und Verhandlungsmacht gezwungen, alle Rechte an ihrem Werk beziehungsweise an ihren Leistungen gegen eine unangemessene Einmalzahlung aus der Hand zu geben. Überdies droht Kreativen, die ihren Anspruch auf angemessene Vergütung tatsächlich durchsetzen, nicht selten ein faktischer Boykott („Blacklisting“). Diese Missstände sollen durch eine Stärkung der individualrechtlichen Stellung der Kreativen sowie durch eine Reform des Rechts der gemeinsamen Vergütungsregeln behoben werden. So soll künftig bei der Festlegung berücksichtigt werden, inwiefern dem Vertragspartner das Recht eingeräumt wird, das Werk mehrfach zu nutzen. Außerdem sollen die Vertragspartner verpflichtet werden, auf Wunsch der Urheberin oder des Urhebers, einmal im Jahr Auskunft und Rechenschaft zu geben, in welchem Umfang das Werk genutzt wurde und welche Vorteile und Erträge sich
daraus ergeben haben. Wer die ausschließliche Nutzung seines Werks gegen eine pauschale Vergütung gestattet hat, soll künftig das Recht erhalten, sein Werk nach Ablauf von zehn Jahren anderweitig zu verwerten. Auf Initiative Hamburgs soll die Bundesregierung unter anderem gebeten werden zu prüfen, ob das Kriterium der „Häufigkeit“ bei der Veröffentlichung eines Artikels in der Printausgabe einer Tageszeitung auch die Verfügbarmachung im Internet angemessen berücksichtigt.
Länder setzen sich für starke Häfen ein (TOP 24)
Auf Initiative der Nordländer Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen wird der Bundesrat eine Stellungnahme zum EU-Hafenpaket III fassen. Darin kritisieren die Länder, dass der EU-Vorschlag kein Beitrag zur Stärkung der europäischen Häfen sei, weil er den Wettbewerb unnötig beschränke, insbesondere mit Blick auf die Infrastrukturentgelte und durch neue administrative Gremien.
In der Stellungnahme begrüßen die Länder zwar, dass gewisse Hafen-Dienstleistungen aus dem Geltungsbereich der Verordnung herausgenommen worden sind, fordern die Bundesregierung aber auf, in den weiteren Verhandlungen auf europäische Ebene dafür zu sorgen, dass es nicht zu weitergehenden Einschränkungen für die Häfen kommt.
Die Europäische Kommission hatte in den vergangenen Jahren bereits erste Versuche zur Liberalisierung der Häfen unternommen und damit europaweit erheblichen Widerstand ausgelöst. Im Jahr 2013 legte sie das sogenannte Hafenpaket III vor, das u.a. Vorschläge für Regelungen zur Liberalisierung von Hafendiensten, zur finanziellen Transparenz von Entgelten und Gebühren sowie zu Beteiligungs- und Aufsichtsstrukturen in den Häfen enthielt und als Verordnung erlassen werden soll. Der Bundesrat hatte dazu damals eine kritische Stellungnahme verabschiedet und deutliche Abänderungen gefordert. Im März 2016 hat das Europäische Parlament zahlreiche Änderungen zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission beschlossen, die jetzt weiterverhandelt werden.
Rückfragen der Medien:
Steffen Hebestreit
Freie und Hansestadt Hamburg, Vertretung beim Bund
Fon: 030 – 2 06 46-103
eMail: steffen.hebestreit@lv.hamburg.de
www.hamburg.de/landesvertretung