+++ Redaktioneller Hinweis: Die Laufzeit des Winternotprogramms wurde um einen Monat bis zum 30. April 2022 verlängert! (Sozialbehörde, 30. März 2022) +++
Beim Winternotprogramm (WNP) handelt es sich um einen Erfrierungsschutz. Es ist daher niedrigschwellig, das bedeutet, es kann ohne Voraussetzungen von allen aufgesucht werden, die sich nicht selbst helfen können und eine sichere Übernachtungsgelegenheit benötigen. In Hamburg gehen die Angebote der Versorgung obdachloser Menschen weit darüber hinaus: Mit Sprachmittlern, Sozialarbeit, Beratungsangeboten und der Möglichkeit zur Vermittlung in eine durch die Stadt bereitgestellte Unterkunft können obdachlose Menschen aus dem Winternotprogramm heraus den Schritt zurück in die eigenen vier Wände machen. Seit November 2019 fanden so insgesamt 730 Menschen auf Vermittlung der Stadt eine Unterkunft.
Das Winternotprogramm ist weiterhin ein ergänzendes Angebot zu den übrigen Notübernachtungen: Die ganzjährig zur Verfügung stehende Übernachtungsstätte Pik As verfügt über 330 Plätze, die Notübernachtungsstätte für Frauen in der Hinrichsenstraße verfügt über bis zu 60 Plätze.
Im Winter 2021/22 stehen darüber hinaus rund 1030 zusätzliche Übernachtungsplätze zur Verfügung; 400 am Standort in der Friesenstraße 22, 300 Plätze an einem neuen Standort in der Halskestraße sowie rund 100 Plätze in Containern bei Kirchen und Hochschulen. Ein zusätzlicher Standort mit bis zu 224 Plätze in der Schmiedekoppel bietet optional zusätzliche Kapazitäten und dient dazu, bei hoher Auslastung dennoch eine pandemiegerechte, lockere Belegung zu ermöglichen. Durch einen kostenfreien Busshuttle können die Standorte der städtischen Unterkünfte gut erreicht werden.
Die im Auftrag der Stadt von Fördern & Wohnen AöR betriebenen Hauptstandorte des WNP bieten damit die Voraussetzungen, den unterschiedlichen Bedürfnissen obdachloser Menschen gerecht zu werden. Üblicherweise erfolgt die Übernachtung in Zwei- und Dreibettzimmern. Für besonders gefährdete, gesundheitlich eingeschränkte bzw. psychisch beeinträchtigte Menschen besteht weiterhin die Möglichkeit einer Einzelzimmerunterbringung. Dafür werden mindestens 60 Plätze an einem zentralen Standort und 20 Plätze in dezentralen Container-Standorten vorgehalten. Ein Standort ist zudem besonders für Personen geeignet, die auf einen barrierefreien Zugang angewiesen sind.
In den Räumlichkeiten der Konzert- und Veranstaltungslocation „Markthalle“, Klosterwall 11, wird auch in diesem Winter tagsüber eine zentral gelegene Möglichkeit zum Aufenthalt geboten. Dort wird wie im vergangenen Jahr eine zusätzliche Tagesaufenthaltsstätte (TAS) betrieben, in der ebenfalls ein Beratungsangebot sowie eine warme Mahlzeit zur Verfügung stehen.
Daneben besteht ein breites Hilfesystem aus staatlichen, staatlich finanzierten und freien Hilfs- und Beratungsangeboten. Eine Übersicht ist unter www.hamburg.de/obdachlosigkeit (was link with id: 259274) zusammengefasst.
Sozialsenatorin Dr. Melanie Leonhard: „Unser Ziel ist es, obdachlosen Menschen ein Leben jenseits der Straße zu ermöglichen. Wer obdachlos ist, bekommt mit dem Winternotprogramm als erstes ein Dach über dem Kopf, und etwas Warmes zu essen. Der nächste Schritt ist, zur Ruhe zu kommen und bei Bedarf mit fremder Hilfe die eigenen Optionen durchzugehen. Ein Zimmer in einer öffentlichen Unterkunft kann dann für manche schon der nächste Schritt sein, während für andere möglicherweise Therapieangebote oder ein Pflegeplatz in Frage kommen. Obdachlose Menschen bringen unterschiedliche Voraussetzungen und Bedürfnisse mit. In unserem breit aufgestellten Hilfesystem bieten wir ihnen daran angepasst unterschiedliche Möglichkeiten. Mit einer intensiven Beratung und Begleitung helfen wir, Schritt für Schritt die Straße hinter sich zu lassen.“
Obdachlose Menschen können das Winternotprogramm ab dem 1. November nutzen, indem sie sich an einen der Standorte begeben. Sie erhalten dort ein frisch bezogenes Bett. Handtücher und Hygieneartikel stehen vor Ort bereit. Übernachtende können jeden Abend zu demselben, von ihnen genutzten Schlafplatz zurückkehren. Es stehen abschließbare Schränke zur Verfügung. Neben den Waschräumen für die persönliche Hygiene können auch Waschmaschinen für die Kleidung genutzt werden. Abends wird durch einen Cateringdienst und zum Teil durch Ehrenamtliche ein warmes Essen angeboten. Es sind dauerhaft Mitarbeitende aus dem Bereich der Sozialarbeit vor Ort. Die Beratungsangebote richten sich nach dem Bedarf der Klientinnen und Klienten. Beispielsweise wird eine Suchtberatung angeboten, oder es können Leistungsansprüche geprüft werden. Zahlreiche der obdachlosen Menschen können sich nicht in deutscher Sprache verständigen. Mehrsprachige Mitarbeitende helfen ihnen zum Teil in der Herkunftssprache weiter oder greifen auf Sprachmittler zurück.
Infektionsschutz und sichere Unterkunft unter Corona-Bedingungen: Im Rahmen des WNP werden umfassende Hygienekonzepte umgesetzt. Tagsüber werden die Übernachtungsstandorte gründlich gelüftet und gereinigt. Alle Standorte bieten die Voraussetzungen für eine lockere Belegung, um angemessene Abstände zu ermöglichen. Im Eingangsbereich wird der Impfstatus erhoben. Außerdem werden für die Einlasssituation Schnelltests vorgehalten. Allen obdachlosen Menschen in Hamburg wurde in den vergangenen Monaten bevorzugt eine Corona-Schutzimpfung angeboten. Es ist davon auszugehen, dass diese Zielgruppe im vergleichbaren Ausmaß wie die Gesamtbevölkerung immunisiert ist. Es ist zudem vorgesehen, im Rahmen des WNP Auffrischungsimpfungen anzubieten. Sollte es dennoch dazu kommen, dass Personen Symptome eine Corona-Infektion zeigen, werden diese bis zum Vorliegen eines Testergebnisses unverzüglich vor Ort isoliert untergebracht. Für Menschen mit einer bestätigten Infektion sind weiterhin separate Quarantänestandorte eingerichtet, in denen eine medizinische Betreuung gewährleistet ist.
Das Winternotprogramm ist niedrigschwellig. Die Nutzung ist kostenlos und auf Wunsch anonym. Im vergangenen Winter gab es jederzeit eine freie Übernachtungsmöglichkeit, sodass niemand aus Kapazitätsgründen abgewiesen werden musste. Damit die Sicherheitsbedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer erfüllt sind, dürfen in den Übernachtungsräumlichkeiten keine Alkoholika oder Suchtmittel konsumiert werden. An den Standorten ist dauerhaft ein Wachdienst präsent. Für Frauen werden separate Bereiche angeboten, die von weiblichem Personal betreut werden.
Das Winternotprogramm besteht aus zwei Komponenten: An den Notübernachtungsstandorten, die bereits ab 17 Uhr öffnen und bis 9:30 am Morgen zur Verfügung stehen, werden eine abendliche Mahlzeit, ein warmes Bett sowie Beratung und Betreuung geboten. Mit den Tagesaufenthaltsstätten (9:30 bis 16:30 Uhr) ist komplementär auch die restliche Zeit des Tages abgedeckt. Zwischen dem Innenstadtbereich und den anderen Übernachtungsstandorten wird ein Busshuttle angeboten (Abfahrt um 18 Uhr vom Standort Friesenstraße). An den zentralen Standorten wird eine umfassende Beratung und Hilfe zur Überwindung der prekären Lebenslage angeboten. Durch Sozialberatung, teilweise auch in unmittelbarer Kooperation vor Ort mit Jobcenter, mit Beratungsstellen für Obdachlose sowie mit Einrichtungen der Drogen- und Suchtberatung werden auch im kommenden Winter Menschen Unterstützung bei der Realisierung von Leistungsansprüchen, bei der Suche nach einer Unterbringung bzw. eigenem Wohnraum, bei der Perspektivklärung sowie bei der Überwindung besonderer persönlicher Schwierigkeiten erhalten.
Es handelt sich bei dem Winternotprogramm um ein staatliches Angebot zur Gefahrenabwehr bei kalten Tagen mit frostigen Nächten. Es richtet sich ausschließlich an obdachlose Menschen in Hamburg, die eine Übernachtung suchen und über keine sonstigen Möglichkeiten zur Selbsthilfe verfügen. Hamburg bietet damit mehr als einen reinen Erfrierungsschutz. Insgesamt gibt die Stadt für diese Hilfen während des WNP 2020/21 voraussichtlich rund 13,3 Millionen Euro aus, weil durch die zusätzlichen Schutzmaßnahmen gegen das Corona-Virus ein erheblicher Aufwand hinzukommt.
Rückfragen der Medien
Sozialbehörde
Martin Helfrich, Pressesprecher
Telefon: 040/428 63 2889
E-Mail: pressestelle@soziales.hamburg.de
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Fördern & Wohnen AöR
Susanne Schwendtke, Pressesprecherin
Tel.: 040/428 35 33 45
E-Mail: susanne.schwendtke@foerdernundwohnen.de