Das Kinder- und Jugendalter ist von großen psychischen und körperlichen Veränderungen geprägt. Hinzu kommt, dass auch Ereignisse wie die Corona-Pandemie oder Kriege junge Menschen beeinflussen. In den letzten Jahren gibt es bei Kindern und Jugendlichen immer mehr Abklärungsbedarfe, ob Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung vorliegen.
Die Landeskonferenz Versorgung hat in einem Strategie- und Maßnahmenpapier die verabredeten Maßnahmen zusammengefasst, um den Schutz und den Erhalt der psychischen Gesundheit ebenso wie die gesundheitliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten und zu verbessern. Zentrale Themenbereiche sind die Sensibilisierung und Entstigmatisierung, die Verbesserung der Rahmenbedingungen und des Zugangs in Hilfe-, Unterstützungs- und Behandlungsangebote sowie die Weiterentwicklung und Vernetzung der Zusammenarbeit – gerade auch mit Blick auf bereits in den vergangenen Jahren auf den Weg gebrachten Maßnahmen.
Die Mitglieder der Landeskonferenz Versorgung empfehlen
- Kinder und Jugendliche sowie Familien in schwieriger sozialer Lage soll der Zugang zu gesundheitlichen Angeboten erleichtert werden, indem sie bei der Konzeption von wohnortnahen, interdisziplinär und multiprofessionell gestalteten Versorgungs- und Beratungsformen berücksichtigt werden.
- Der Austausch zwischen verschiedenen Berufsgruppen wird weiter gefördert, indem u. a. Überlegungen angestellt werden, wo bei bestehenden Kooperationsstrukturen im Rahmen der Hamburger Kooperationskonferenz der ambulante Sektor mit den ambulanten psychotherapeutischen Versorgungsangeboten einzubeziehen und sicherzustellen ist.
- Digitale Informations- und Versorgungsangebote sollen für die jeweiligen Zielgruppen (betroffene Jugendliche, junge Erwachsene, Eltern, Erziehungsberechtigte sowie Fachkräfte) niedrigschwellig, kultursensibel, mehrsprachig und barrierefrei gestaltet, geprüft, verbreitet und ggf. weiterentwickelt werden.
- Die ambulante Bedarfsplanung soll weiterentwickelt werden, u. a. durch eine gesonderte Planung von Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten der Bedarfsplanungs-Richtlinie gemäß den Vorschlägen des Gemeinsamen Bundesausschusses. Diese müssen bislang aufgrund der gesetzlichen Vorgaben gemeinsam mit den Psychotherapeutinnen und -therapeuten für Erwachsene geplant werden.
Darüber hinaus müssen alle Gesundheitsorganisationen in Hamburg, die Kinder und Jugendliche versorgen, sich mit der Entwicklung und Umsetzung von Schutzkonzepten befassen. In enger Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der Landeskonferenz sowie weiteren Akteurinnen und Akteuren aus der Praxis wurde eine Handreichung zur Erstellung von Schutzkonzepten erarbeitet.
Ziel dieser Handreichung ist
- Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Grenzverletzungen und Gewalt an Orten der Gesundheitsversorgung,
- Ermutigung von Führungs- und Leitungskräften, eigene Schutzkonzepte zu initiieren, zu entwickeln oder fortzuschreiben,
- Hilfe und Orientierung bieten, indem grundlegende Aspekte der Schutzkonzeptentwicklung thematisiert werden wie beispielsweise die Haltung einer Organisation, der Umgang mit Fehlern, die Bedeutung der Beteiligung von Mitarbeitenden, Kindern und Eltern und die Rolle der Führungskräfte,
- Bestärkung darin, dass eine fortlaufende und kritische Auseinandersetzung mit Fragen des Kinderschutzes in der eigenen Einrichtung ein Qualitätsmerkmal darstellt.
Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer: „In Hamburg gibt es ein gut ausgebautes Netz an Hilfs-, Beratungs- und Versorgungsangeboten, aber nicht allen Hilfesuchenden gelingt der Zugang gleich gut. Unsere Aufgabe ist es nicht nur für sehr gute Rahmenbedingungen zu sorgen, sondern auch bewährte Strukturen und Abläufe immer wieder zu reflektieren und zu hinterfragen. Die gemeinsam erarbeitete Handreichung stellt ein hilfreiches Instrument hierfür dar. Sie ermutigt Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, sich mit Fragen des Kinderschutzes auseinanderzusetzen. Wir bleiben in Hamburg fest entschlossen, unsere Maßnahmen weiter zu verbessern und innovative Konzepte zu entwickeln, um eine sichere Umgebung für Kinder und Jugendliche zu gewährleisten. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist eine der wichtigsten Aufgaben in unserer Gesellschaft.“
Heike Peper, Präsidentin der Psychotherapeutenkammer: „Kinder und Jugendliche benötigen gute und sichere Lebensbedingungen, um psychisch gesund aufzuwachsen. Isolation, Verunsicherung, erhöhter Medienkonsum, aber auch Diskriminierung, Armut, Gewalt und familiäre Konflikte sind Risikofaktoren für die psychische Gesundheit. Zudem sehen sich die Kinder und Jugendlichen direkt nach der Corona-Pandemie mit neuen psychischen Belastungen durch aktuelle Kriege und die globale Klimakrise konfrontiert. Es gilt deshalb, Hamburgs vielfältige Hilfs- und Unterstützungsangebote – von der Prävention bis zur Behandlung – noch besser zu vernetzen, weiterzuentwickeln und auszubauen. Nicht nur das gemeinsam erarbeitete Strategie- und Maßnahmenpapier ist ein guter Schritt auf diesem Weg, auch die Handreichung zum Kinderschutz schafft eine wichtige Grundlage und klare Orientierung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.“
PD Dr. Birgit Wulff, Vizepräsidentin der Ärztekammer Hamburg: „Hamburger Ärztinnen und Ärzte leisten einen enormen Einsatz für die pädiatrische Versorgung in Hamburg. Sie engagieren sich in Praxen, Kliniken und im Öffentlichen Gesundheitsdienst für jedes einzelne Kind und jeden Jugendlichen. Dennoch stoßen sie in ihrer Arbeit oft an Grenzen, sehen sich geänderten Bedarfen und Anforderungen ausgesetzt. Ärztekammer Hamburg hat mehrfach eine Verbesserung insbesondere der psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen angemahnt. Der Beschluss der Landeskonferenz ist ein wichtiger Schritt, um dieses Ziel zu erreichen. Darüber hinaus ist es gut, dass wir mit den heute verabschiedeten Maßnahmen dem Thema Kinderschutz in allen Gesundheitseinrichtungen mehr Gewicht verleihen.“
Joachim Gemmel, 1. Vorsitzender der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft: „Das Risiko, psychisch zu erkranken, ist bei Kindern und Jugendlichen heute deutlich höher als früher: Nicht nur die soziale Isolation während der Pandemie hat sie belastet, auch Ängste vor dem Klimawandel und die Kommunikation über soziale Medien machen vielen zu schaffen. Wir sehen, dass der Bedarf an Behandlungs- und Betreuungsangeboten in unseren Einrichtungen deutlich gestiegen ist, daher begrüßen und unterstützen wir die beschlossenen Maßnahmen.“
Die Handreichung sowie das Strategie- und Maßnahmenpapier stehen online unter www.hamburg.de/sozialbehoerde/landeskonferenz zur Verfügung.
Hintergrund
Die Landeskonferenz Versorgung wurde 2013 gebildet. Hier beraten 26 Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Bereiche der Gesundheitsversorgung (Kranken- und Pflegekassen, Leistungserbringer und Berufsgruppen, Patienten- und Seniorenvertretung, Sozialbehörde und Bezirke) über aktuelle Hamburger Themen. Ziel ist es, sektorenübergreifende Problemfelder zu definieren und gemeinsame Empfehlungen zur Verbesserung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung auszusprechen. Das Gremium kommt in der Regel einmal im Jahr zusammen, die unterjährige Arbeit erfolgt in Arbeitsgruppen.
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