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Infoline Sozialhilfe

Infoline-Archiv 2019: Arbeitshilfe zu § 92 SGB XII

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Anrechnung des Einkommens bei behinderten Menschen (Gz.: SI 2331 / 112.81-1-8). In Kraft bis 17.12.2019.

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1. Ziele
2. Vorgaben
2.1 Zuständigkeitserklärung, Kostenerstattungsansprüche gegen andere Leistungsträger
und Dritte
2.2 Vorleistungsverpflichtung des Trägers der Sozialhilfe (TrSH) nach § 92 Abs. 1 SGB XII
2.3 Kostenbeitrag bei Leistungen nach § 92 Abs. 2 SGB XII
2.3.1 Kostenbeitrag bei Leistungen in vollstationären Einrichtungen nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 SGB XII
2.3.2 Kostenbeitrag bei Leistungen in teilstationären Einrichtungen nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und 8 SGB XII
2.4 Leistungsverpflichtungen Dritter
3. Berichtswesen
4. Inkrafttreten

   

1. Ziele

Mit § 92 SGB XII werden im Wesentlichen zwei Sachverhalte geregelt:

  • Die Vorschrift des § 92 Abs. 1 SGB XII verpflichtet den TrSH, bei den Leistungen der Eingliederungshilfe im Sinne des § 92 Abs. 1 S. 1 SGB XII sämtliche Kosten im Wege der Vorleistung zu übernehmen. Damit soll sichergestellt werden, dass erforderliche Leistungen der Eingliederungshilfe zeitnah und umfassend durchgeführt und nicht aufgrund finanzieller Erwägungen des behinderten Menschen oder seiner Angehörigen unterbleiben oder hinausgezögert werden. Erst im Nachhinein werden der Leistungsberechtigte und die für ihn nach § 19 Abs. 3 SGB XII einstandspflichtigen Personen verpflichtet, die zumutbaren Kostenbeiträge beizusteuern.
  • § 92 Abs. 2 SGB XII regelt die Bemessung des Kostenbeitrages, den der behinderte Mensch und die für ihn nach § 19 Abs. 3 SGB XII einstandspflichtigen Personen für in Absatz 2 abschließend aufgezählten Leistungen zu tragen haben.

2. Vorgaben

2.1 Zuständigkeitserklärung, Kostenerstattungsansprüche gegen andere Leistungsträger und Dritte

Werden Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 92 Abs. 1 SGB XII neu beantragt, ist nach § 14 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages festzustellen, ob der TrSH für die Leistung zuständig ist (siehe hierzu auch Fachanweisung zu § 53 SGB XII). Ergibt die Prüfung, dass ein anderer Träger zuständig ist, ist der Antrag an diesen Träger weiterzuleiten. Für diesen Fall ist Kostenerstattung gemäß § 14 Abs. 4 SGB XI beim zuständigen Träger anzumelden.

Findet ein Zuständigkeitswechsel statt, und ist ein anderer Sozialleistungsträger, z.B. eine Kranken- oder Pflegekasse, für eine der in § 92 Abs. 1 SGB XII genannten Leistungen vorrangig verpflichtet, ist ein Kostenerstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X gegen den zur Leistung verpflichteten Träger geltend zu machen. Hierbei ist die zwölfmonatige Ausschlussfrist des § 111 SGB X zu beachten. Außerdem gilt in diesen Fällen die vierjährige Verjährungsfrist des § 113 SGB X.

Sind die anderen Verpflichteten keine Sozialleistungsträger, und kommen sie ihren Verpflichtungen nicht nach, sind die Ansprüche, die eine leistungsberechtigte Person gegen sie hat, nach § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auf den TrSH überzuleiten.

Erbringen andere Verpflichtete eine zweckidentische Leistung für den Betroffenen, ist die Aufbringung der Mittel in diesem Umfang von dem Leistungsberechtigen zu verlangen.

2.2 Vorleistungsverpflichtung des TrSH nach § 92 Abs. 1 SGB XII

Sind infolge der Behinderung Leistungen für eine stationäre Einrichtung, für eine Tageseinrichtung für behinderte Menschen oder für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen erforderlich, müssen grundsätzlich zunächst sämtliche Kosten im Wege der Vorleistung getragen werden. Die Vorleistungspflicht des Sozialhilfeträgers bezieht sich ausschließlich auf die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen im Sinne des § 92 Abs. 1 S. 1 SGB XII.

Diese Vorleistungsverpflichtung gilt auch dann, wenn den in § 19 Abs. 3 SGB XII genannten einstandspflichtigen Personen (d.h. dem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner des Leistungsberechtigten und, wenn er minderjährig und unverheiratet ist, auch dessen Eltern oder einem Elternteil) die Aufbringung der Mittel zum Teil zumutbar ist.

Erst im Anschluss daran sind die einstandspflichtigen Personen in Höhe des ihnen zumutbaren Anteils zu den Kosten dieser Leistungen heranzuziehen (§ 92 Abs. 1 S. 2 SGB XII). Hierbei besteht kein Ermessensspielraum.

Die Vorleistungsverpflichtung entfällt, wenn die Einstandspflichtigen für die Leistung vollständig aufkommen müssen. Die Pflicht zur Vorleistung entfällt auch dann, wenn die einstandspflichtigen Personen die Kosten aus eigenen Mitteln tatsächlich übernehmen und aus den Umständen nicht erkennbar ist, dass die Personen die zu zahlenden Beträge nur vorschießen wollten.

Die Vorleistungsverpflichtung des TrSH gilt auch nicht für ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen, wenn es sich hierbei um Leistungen der Krankenversicherung handelt. Von der Vorleistungspflicht nicht umfasst sind außerdem Leistungen für den Lebensunterhalt sowie nicht ärztlich verordnete Maßnahmen der Eingliederungshilfe, wie das ambulante betreute Wohnen behinderter Menschen.

2.3 Kostenbeitrag bei Leistungen nach § 92 Abs. 2 SGB XII

Bei dem in dieser Vorschrift abschließend aufgeführten Leistungskatalog haben der Leistungsberechtigte oder die einstandspflichtigen Personen grundsätzlich nur die Kosten des Lebensunterhalts zu tragen, soweit diese durch die Einrichtung erbracht werden.

Für die Kosten für die Leistungen der Eingliederungshilfe hat der TrSH aufzukommen. Vorhandenes Vermögen ist bei den in § 92 Abs. 2 SGB XII genannten Leistungen nicht zu berücksichtigen.

Für die Bemessung des Kostenbeitrages ist danach zu unterscheiden, ob die Leistungen der Eingliederungshilfe in einer vollstationären oder in einer teilstationären Einrichtung erbracht werden.

2.3.1 Kostenbeitrag bei Leistungen in vollstationären Einrichtungen nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 SGB XII

Bei Leistungen in einer vollstationären Einrichtung ist der Kostenbeitrag des Leistungsberechtigten oder der Einstandspflichtigen in der Höhe anzusetzen, in der Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt tatsächlich erspart wurden.

Beispiel:
Ist im Rahmen der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung eine Internatsunterbringung des behinderten Kindes erforderlich, werden die Kosten für den häuslichen Lebensunterhalt erspart.

  

Die Kostenbeiträge können unterschiedlich hoch ausfallen.

Die Höhe der ersparten Aufwendungen richtet sich nach folgenden Kriterien: 

  • dem individuellen Einkommen des Leistungsberechtigten oder der einstandspflichtigen Personen,
  • der Anzahl in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen, die aus diesen Mitteln versorgt werden, und
  • dem Lebensalter des Leistungsberechtigten und
  • der voraussichtlichen Dauer des Aufenthalts in einer stationären Einrichtung.

Als Bezugsgröße für die Berechnung der häuslichen Ersparnis ist der Regelsatz der betreffenden Personengruppe ohne Anteil für einmalige Bedarfe (ungekürzter Regelsatz abzüglich 17,9 %) anzusetzen. 

Die häusliche Ersparnis beträgt bei

  • einem alleinstehenden Hilfeempfänger mit Wohnung 80 % dieses Betrages (ungekürzter Regelsatz abzüglich 17,9 %),
  • einem Zweipersonenhaushalt mit Wohnung 85 % (ungekürzter Regelsatz abzüglich 17,9 %) und
  • leben mehr als zwei Personen in einem Haushalt, verringern sich diese Beträge für jede weitere Person um 5 %.

Grund dafür, dass bei der Festsetzung des Kostenbeitrages der Regelsatz nicht in voller Höhe berücksichtigt wird, ist, dass behinderte Menschen, die nur vorübergehend in einer Einrichtung untergebracht sind, weiterhin erhöhte Aufwendungen haben, wie z.B. für Familienheimfahrten.

Bei der Erhebung eines Kostenbeitrages sind die Einkommensgrenzen der §§ 85 und 88 SGB XII wie folgt zu beachten: 

  • Kein Kostenbeitrag ist zu erheben, wenn der Betroffene sich voraussichtlich nur vorübergehend in einer stationären Einrichtung aufhält und wenn sein Einkommen bzw. das der einstandspflichtigen Personen die Einkommensgrenzen nach § 85 SGB XII nicht überschreitet. Als vorübergehend gilt ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten.
  • Hält sich der Betroffene voraussichtlich für einen Zeitraum von sechs Monaten und länger in der stationären Einrichtung auf, ist grundsätzlich das gesamte Einkommen des Betroffenen oder der einstandspflichtigen Personen oberhalb des sozialhilferechtlichen Mindestbedarfes der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Liegen besondere Lebensumstände im Einzelfall vor und führen diese zu einem behinderungsbedingten höheren Bedarf, kann dieser in angemessenem Umfang berücksichtigt werden. In diesen Fällen ist die entsprechende Reduzierung des Kostenbeitrages dem Grunde und der Höhe nach detailliert zu begründen und diese Begründung aktenkundig zu machen. 
  • Bei schwerstpflegebedürftigen Menschen der Pflegestufe III gemäß § 64 Abs. 3 SGB XII und blinden Menschen nach § 72 SGB XII ist in der Regel der Einsatz des Einkommens in Höhe von 40 % des über der Einkommensgrenze verbleibenden Betrages zumutbar. Liegen besondere Lebensumstände im Einzelfall vor und führen diese zu einem behinderungsbedingten höheren Bedarf, kann dieser in angemessenem Umfang berücksichtigt werden. In diesen Fällen ist die entsprechende Reduzierung des Kostenbeitrages dem Grunde und der Höhe nach detailliert zu begründen und diese Begründung aktenkundig zu machen.

Übersteigt das Einkommen des Leistungsberechtigten oder der einstandspflichtigen Personen die Einkommensgrenze des § 85 SGB XII, wird der Kostenbeitrag entsprechend der jeweiligen Einkommensstufe gestaffelt.

Die Höhe der monatlichen Kostenbeiträge der einstandspflichtigen Personen ergibt sich aus der Tabelle im Anhang.

Beispiel:
Ein achtjähriges behindertes Kind benötigt eine Leistung der Eingliederungshilfe in einer vollstationären Einrichtung. Für die Leistung sind die Eltern des Kindes einstandspflichtig, deren monatliches Einkommen 1.920,- Euro beträgt.
Der monatliche Kostenbeitrag der Eltern lässt sich wie folgt ermitteln: Da das Einkommen um 20 % oberhalb der Einkommensgrenze des § 85 SGB XII liegt, gilt für die Bestimmung des Kostenbeitrages Zeile 2 der Tabelle. In der Haushaltsgemeinschaft leben insgesamt drei Personen, das behinderte Kind als Hilfeempfänger ist acht Jahre alt. Der monatliche Kostenbeitrag beträgt 177,- Euro.

Gibt eine alleinstehende Person ihre Wohnung für die Dauer der vollstationären Maßnahme auf, sind die weggefallenen Kosten der Unterkunft bei der Ermittlung der Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII nicht zu berücksichtigen.

Werden in der Einrichtung neben den Leistungen der Eingliederungshilfe für einen bestimmten Zeitraum zugleich andere nicht in § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII genannte Leistungen in Anspruch genommen, die die o. g. Leistungen überwiegen (unter „überwiegen“ ist in diesem Zusammenhang kostenaufwändiger zu verstehen), dann sind für den betreffenden Zeitraum die in der Einrichtung tatsächlich angefallenen Kosten des Lebensunterhalts für den Kostenbeitrag maßgebend.

Beispiel:

Ein behindertes Kind nimmt an einer heilpädagogischen Maßnahme in einem Kinderhort teil. Während dieser Maßnahme erhält dieses Kind für einen bestimmten Zeitraum eine medizinische Behandlung, die teurer ist als die heilpädagogische Maßnahme. In diesem Fall sind als Kostenbeitrag für die Dauer dieser medizinischen Behandlung die im Kinderhort tatsächlich angefallenen Kosten des Lebensunterhalts zu verlangen.

2.3.2 Kostenbeitrag bei Leistungen in teilstationären Einrichtungen nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und 8 SGB XII 

Bei Leistungen im Werkstatt- und Förderbereich ist der zumutbare Kostenbeitrag grundsätzlich auf die in der Einrichtung tatsächlich angefallenen Kosten des Lebensunterhalts beschränkt. Dies sind in der Regel die Kosten für das Mittagessen. Der Kostenbeitrag ist den Bestimmungen des § 2 der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) entsprechend zu bemessen.

Für diese Leistungen werden die einstandspflichtigen Personen allerdings nur zu einem Kostenbeitrag herangezogen, wenn das Gesamteinkommen des behinderten Menschen einen Betrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes eines Haushaltsvorstandes übersteigt. Vom Einkommen abzusetzen ist nach § 82 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII das Arbeitsförderungsgeld und Erhöhungsbeiträge des Arbeitsentgelts im Sinne des § 43 Satz 4 SGB IX.

Bleibt das Einkommen der behinderten Person unter dieser Grenze, darf weder von ihr noch von den Einstandspflichtigen ein Kostenbeitrag verlangt werden.

Beispiel:
Lebt ein behinderter Mensch bei seinen Eltern und geht nur tagsüber in eine Werkstatt für behinderte Menschen, braucht er grundsätzlich nicht aus seinem Einkommen zu den Werkstattkosten beizutragen. Erst wenn sein monatliches Einkommen den zweifachen Eckregelsatz übersteigt, muss er aus dem übersteigenden Teil seines Einkommens die ersparten Kosten für den Lebensunterhalt bestreiten.

Wird für die Verpflegung ein Kostenbeitrag gar nicht erst erhoben – wenn z.B. die Mahlzeit als Teil der Eingliederungsmaßnahme gilt -, und erhält der Betroffene Hilfen zum Lebensunterhalt nach Kap. 3 oder 4 SGB XII, sind diese Verpflegungskosten, soweit sie im Regelsatz enthalten sind, bedarfsmindernd bei der Bemessung des Regelsatzes zu berücksichtigen.

2.4 Leistungsverpflichtungen Dritter

Leistungsverpflichtungen Dritter, die nicht nach bürgerlichem Recht unterhaltspflichtig sind, bleiben bestehen. Diese Verpflichtungen können sowohl privatrechtlicher als auch öffentlich-rechtlicher Natur sein.

Beispiel:
Leistungsverpflichtungen Dritter sind z.B. Schadensersatzansprüche gegen Privatpersonen aus unerlaubter Handlung, Verpflichtungen anderer Sozialleistungsträger oder Verpflichtungen der privaten Krankenversicherung.

Darüber hinaus verlangt § 92 Abs. 3 SGB XII, dass die Leistungen Dritter dem gleichen Zweck dienen wie die Leistungen der Eingliederungshilfe. Besteht die Verpflichtung Dritter in einer Leistung, die sich aus mehreren Teilleistungen zusammensetzt, ist für jede der einzelnen Teilleistungen zu prüfen, ob eine Zweckidentität mit den Leistungen Dritter gegeben ist.

Beispiel:
Keine Zweckidentität besteht z.B. zwischen dem Kindergeld und den Leistungen für den Lebensunterhalt in einer Einrichtung.

3. Berichtswesen

Folgende Daten werden zentral ausgewertet, sobald die technischen Voraussetzungen hierfür vorliegen:

  • die Anzahl der Leistungsempfänger von Maßnahmen nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 SGB XII mit und ohne Kostenbeitrag;
  • die Höhe der Einnahmen aus diesen Kostenbeiträgen,

4. Inkrafttreten

Diese Arbeitshilfe tritt am 01.12.2009 in Kraft.

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