Inhaltsverzeichnis
- Der Pflegebedürftigkeitsbegriff und die Pflegegrade
- Begutachtung durch den Medizinischen Dienst
- Leistungen der Pflegeversicherung
- Digitale Pflegeanwendungen (DiPAs) als Leistungsanspruch des SGB XI (§§ 39a, 40a, 40b, 78a SGB XI)
Leistungen der Pflegeversicherung können Sie beanspruchen, wenn
Pflegeversichert sind Sie automatisch immer dann, wenn Sie krankenversichert sind. Ihre Krankenkasse ist gleichzeitig auch Ihre Pflegekasse.
Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegeversicherung ist in §14 des 11. Sozialgesetzbuches definiert:
"(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen."
Unterstützungsbedarf kann aufgrund verschiedener Gründe auftreten - je nachdem, ob eine vorübergehende schwere Erkrankung, ein Eingriff im Krankenhaus, altersbedingte Einschränkungen im Alltagsleben oder ein Unfall vorliegt, unterscheidet sich der Zeitraum, in dem die Betroffenen beziehungsweise deren Angehörige auf Unterstützung angewiesen sind. Für den Fall eines kurzfristigen Unterstützungsbedarfs, der absehbar keine sechs Monate dauern wird, gibt es auch Unterstützungsmöglichkeiten der Krankenversicherung.
Die dauerhafte Pflegebedürftigkeit wird seit dem 1. Januar 2017 in fünf Pflegegrade eingeteilt:
Wer keinem dieser Pflegegrade zugeordnet wird, gilt nicht als pflegebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung und erhält keine Leistungen der Pflegekasse.
Wenn Sie Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen wollen, müssen Sie einen mündlichen oder schriftlichen Antrag bei Ihrer Pflegekasse stellen. Möchten Sie dies für die eine andere Person übernehmen, benötigen Sie eine Vollmacht.
Hinweis: Bitte entnehmen Sie die Besonderheiten beziehungsweise Änderungen im Begutachtungsverfahren aufgrund der Covid-19-Pandemie den Internetseiten des Medizinischen Dienstes beziehungsweise MEDICPROOF.
Bevor Sie Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen können, findet zuerst eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD), ehemals Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) statt.
Für alle privat versicherten Pflegebedürftigen ist die MEDICPROOF GmbH für die Begutachtung zuständig.
Weitere Informationen zum Begutachtungsinstrument der Pflegeversicherung finden Sie in der Broschüre "Die Selbständigkeit als Maß der Pflegebedürftigkeit" (PDF-Datei, externer Link) des MDS.
Tipps:
Für die häusliche Pflege stehen Pflegebedürftigen sowie ihren pflegenden Angehörigen (sogenannte Pflegepersonen) die folgenden Leistungen zur Verfügung:
Mit dem Pflegegeld können Pflegebedürftige ihre Pflege durch den Einsatz ihnen nahe stehender Pflegepersonen (zum Beispiel Angehörige oder Nachbarn) selbst organisieren.
Das monatliche Pflegegeld seit dem 1. Januar 2017 beträgt | |
Pflegegrad 2 | 316 Euro |
Pflegegrad 3 | 545 Euro |
Pflegegrad 4 | 728 Euro |
Pflegegrad 5 | 901 Euro |
Alternativ zur Angehörigenpflege mit Geldleistung können sich Pflegebedürftige für die Pflegesachleistung entscheiden. Darunter versteht man die Pflege zu Hause durch einen Pflegedienst Ihrer Wahl. Der Umfang der Sachleistung, den die Pflegekasse bezahlt, ist abhängig vom Pflegegrad.
Die Pflegekasse zahlt seit dem 1. Januar 2022 für die Kosten der Sachleistung pro Monat | |
Pflegegrad 2 | 724 Euro |
Pflegegrad 3 | 1.363 Euro |
Pflegegrad 4 | 1.693 Euro |
Pflegegrad 5 | 2.095 Euro |
Auch hier gilt: Sollten die Leistungen der Pflegeversicherung unter Umständen nicht ausreichen, um die notwendigen Kosten für Ihre häusliche Betreuung zu decken, so muss die Differenz zuerst aus eigenem Einkommen und Vermögen bezahlt werden. Reicht auch das nicht aus, tritt die Sozialhilfe gegebenenfalls ergänzend ein. Sozialhilfe kann auch dann gewährt werden, wenn Sie pflegebedürftig, aber nicht pflegeversichert sind.
Es ist auch möglich, eine Kombination von Pflegesachleistung durch Pflegedienste und Pflegegeld zur Angehörigenpflege zu wählen (zum Beispiel bei Pflegegrad 3: 50 Prozent Sachleistung = bis zu 681,50 Euro monatlich und 50 Prozent Pflegegeld = 272,50 Euro). An eine solche Wahl ist die pflegebedürftige Person sechs Monate gebunden, es sei denn, die Pflegesituation hat sich erheblich geändert. Einzelheiten sollten mit der Pflegekasse besprochen werden.
Pflegegrad 1 erhalten Menschen, die noch keinen erheblichen Unterstützungsbedarf haben. Bei ihnen wird deshalb nicht deutlich zwischen häuslicher und stationärer Pflege unterschieden. Ihnen steht frei, in welchem der beiden Versorgungsfelder sie Entlastungsleistungen bis 125 Euro einsetzen. Diese Leistung muss beantragt werden und wird nur im Kostenerstattungsprinzip erteilt - das heißt, nachdem Rechnungen eingereicht wurden. Auch Leistungen für eine Anpassung des Wohnumfelds können bis zu einer Höhe von 4.000 Euro bewilligt werden (zum Beispiel altersgerechte Dusche). Menschen mit Pflegegrad 1, die in einer ambulant betreuten Wohngruppe leben, können unter bestimmten Voraussetzungen auch noch einen pauschalen Zuschlag von 214 Euro erhalten (nach § 38a SGB XI). Auch eine Anschubfinanzierung für die Gründung einer solchen Wohngruppe in Höhe von 2.500 Euro kann von der Pflegeversicherung gewährt werden. Wenn sie Pflegehilfsmittel benötigen, können diese auch durch die Pflegeversicherung bezahlt werden. Zudem sieht das Gesetz vor, dass Sie kostenlose Pflegeberatung erhalten können. Für pflegende Angehörige oder Ehrenamtliche besteht die Möglichkeit, einen kostenlosen Pflegekurs zu absolvieren.
Pflegenden Angehörigen stehen verschiedene Beratungsangebote zur Verfügung:
Die Pflegeversicherung zahlt unter bestimmten Voraussetzungen für die Pflegeperson auch die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung; außerdem ist die Pflegeperson automatisch in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Auskunft erteilt die zuständige Pflegekasse oder ein Pflegestützpunkt.
Wenn pflegende Angehörige verhindert sind (zum Beispiel aufgrund von Überforderung, Erschöpfung, Urlaub oder Krankheit) übernimmt die Pflegeversicherung unter bestimmten Voraussetzungen weitere Kosten, die für die Versorgung der oder des Pflegebedürftigen entstehen. In gewissen Grenzen gibt es Kombinationsmöglichkeiten der in Folge genannten Pflegearten, die es erleichtern, die Versorgung flexibel und durch Übertragung der Mittel die Pflegesituation sinnvoll auszugestalten:
Wenn eine Pflegeperson mindestens ein halbes Jahr gepflegt hat, können nachgewiesene Kosten für eine sogenannte Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI von der Pflegekasse erstattet werden: für die Pflegegrade 2 bis 5, meist ambulant und für längstens sechs Wochen im Kalenderjahr, bis zu 1.612 Euro für Kosten einer notwendigen Ersatzpflegedurch eine andere Pflegeperson. Allerdings muss auch diese Leistung vorher beantragt werden.
Die Leistung kann zusätzlich mit maximal 806 Euro des noch nicht verbrauchten Budgets der Kurzzeitpflege für die häusliche Verhinderungspflege aufgestockt werden. Damit stehen der pflegebedürftigen Person insgesamt bis zu 2.418 Euro pro Kalenderjahr für die Verhinderungspflege zur Verfügung.
Es kann auch eine Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI für die Pflegegrade 2 bis 5, in speziellen Kurzzeitpflegeeinrichtungen oder in Pflegeeinrichtungen und für längstens acht Wochen im Kalenderjahr, mit bis zu 1.774 Euro beantragt werden. Hilfe- und pflegebedürftige Menschen erhalten dort alle benötigten pflegerischen Leistungen sowie Unterkunft und Verpflegung (unter anderem bei vorübergehender Verhinderung der Pflegepersonen, in Krisensituationen oder zum Beispiel wenn die Wohnung umfangreich renoviert werden muss).
Die Leistung kann zusätzlich mit 1612 Euro des noch nicht verbrauchten Budgets der Verhinderungspflege kombiniert werden.
er Anspruch erhöht sich dann auf bis zu 3.386 Euro.
Zusätzlich können Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 teilstationäre Tages- und Nachtpflege nach § 41 SGB XI beantragen, wenn häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann. Es handelt sich um eine Ergänzungsmöglichkeit zur häuslichen Pflege von Angehörigen: Tagespflegen sind ein teilstationäres Pflege- und Betreuungsangebot, bei dem die Pflegebedürftigen den Tag als Tagesgäste gemeinsam mit anderen in der Tagespflegestätte verbringen. Hierdurch können außerdem alltagspraktische Fähigkeiten erhalten oder wiedergewonnen sowie soziale Kontakte geschaffen werden.
Im Kostenerstattungsprinzip, das bedeutet, nach Einreichen einer Rechnung, erstattet die Pflegekasse Kosten bis zu 125 Euro monatlich für Angebote zur Unterstützung im Alltag. Bei den Angeboten kann es sich beispielsweise um Helferkreise, Betreuungsgruppen, Gesprächsgruppen aber auch um Einzelfallbetreuung und Hilfe im Haushalt handeln.
Darüber hinaus gibt es weitere Hilfen zu Hause, die unterstützen können. Auskunft erteilen die Pflegestützpunkte.
Für die vollstationäre Pflege stehen Pflegebedürftigen die folgenden Leistungen zur Verfügung:
Die Pflegekasse zahlt seit dem 1. Januar 2017 für die Kosten der pauschalen Leistungsbeträge für die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege pro Monat.
Seit dem 1. Januar 2022 erhalten Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 prozentuale Leistungszuschläge für ihren zu zahlenden Eigenanteil an den pflegebedingten Aufwendungen (EEE) einschließlich der Ausbildungsumlagen gestaffelt nach der Verweildauer in der vollstationären Einrichtung.
Es handelt sich um einen Leistungsanspruch der pflegebedürftigen Person gegenüber seiner Pflegekasse und nicht um einen Vergütungsanspruch der vollstationären Pflegeeinrichtung
gegenüber der Pflegekasse der anspruchsberechtigten Person. Ein Antrag der pflegebedürftigen Person auf Zahlung des Leistungszuschlags ist nicht erforderlich.
Der Zuschuss wird von der Pflegekasse an das Pflegeheim gezahlt. Bei der Berechnung des Leistungszuschlages sind die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie die Investitionskosten nicht zu berücksichtigen, so dass diese in voller Höhe von der pflegebedürftigen Person zu tragen sind.
Für die Höhe des Leistungszuschlags ist entscheidend, wie lange bereits Leistungen der vollstationären Pflege in Anspruch genommen werden. Die Dauer bemisst sich in Monaten. Angefangene Monate in Pflegeeinrichtungen werden dabei als voll angerechnet.
Unerheblich ist dabei
Weitere ausführliche Erläuterungen zu den Zuschussregelungen mit Berechnungsbeispielen (PDF, ab Seite 283) hat der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) erstellt.
Weitere Informationen zur stationären Pflege für Menschen mit Pflegegrad 2 bis 5, zum Beispiel in einem Pflegeheim, finden Sie auf unserer Seite Stationäre Pflege/Kosten.
Digitale Pflegeanwendungen (DiPAs) sind entweder Apps für mobile Endgeräte oder browserbasierte Webanwendungen für den Computer oder Laptop. Sie können von pflegebedürftigen Personen selber genutzt werden, um den eigenen Gesundheitszustand durch Übungen zu stabilisieren oder zu verbessern (zum Beispiel Sturzrisikoprävention, personalisierte Gedächtnisspiele für Menschen mit Demenz). Die DiPAs können aber auch die pflegebedürftige Person und deren Angehörige oder im Einzelfall die pflegebedürftige Person unter Beteiligung beruflich Pflegender in konkreten pflegerischen Situationen anleitend begleiten. So können Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen gemindert werden oder einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit entgegengewirkt werden.
DiPAs können zudem die Kommunikation mit Angehörigen und Pflegefachkräften verbessern.
In § 40a SGB XI ist der neue Rechtsanspruch auf Versorgung mit digitalen Pflegeanwendungen geregelt. Bis zu 50 Euro monatlich stehen beim Einsatz digitaler Pflegeanwendungen Pflegebedürftigen zur Verfügung (vgl. § 40b SGB XI).
Der Anspruch umfasst nur solche digitale Pflegeanwendungen, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in das Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen nach § 78a Absatz 3 SGB XI aufgenommen sind. Dieses wird derzeit noch entwickelt. Die Verantwortung für Prüfung und Auflistung der digitalen Pflegeanwendungen liegt beim BfArM und umfasst nur solche Pflegeanwendungen, die in das Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen aufgenommen wurden. Die Nutzung von Daten, die der Anwendung von Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens gleichstehen, wie z.B. Fitnessarmbänder, unterfallen nicht dem Anwendungsbereich des Leistungsanspruchs für DiPAs.
Die Pflegekasse entscheidet auf Antrag des Pflegebedürftigen über die Notwendigkeit der Versorgung des Pflegebedürftigen mit einer digitalen Pflegeanwendung. Entscheiden sich pflegebedürftige Personen für eine digitale Pflegeanwendung, deren Funktionen oder Anwendungsbereiche über die in das Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen aufgenommenen digitalen Pflegeanwendungen hinausgehen oder deren Kosten die Vergütungsbeträge übersteigen, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. Über die von ihnen zu tragenden Mehrkosten sind die pflegebedürftigen Personen von den Pflegekassen vorab in schriftlicher Form oder elektronisch zu informieren.