Schutz- und Beratungseinrichtungen für Betroffene von Menschenhandel in Hamburg
Frauen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, finden eine sichere Zuflucht in den Hamburger Frauenhäusern oder werden im Einzelfall in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt (LKA) sicher untergebracht.
Die von der Stadt Hamburg geförderte Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel (KOOFRA e.V.) berät und begleitet weibliche Opfer von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und zum Zwecke der Arbeitsausbeutung. In Ausnahmefällen werden auch männliche Opfer beraten.
Die Betreuerinnen gewährleisten unter anderem muttersprachliche Hilfe bei der medizinischen Versorgung, Unterkunftssuche, der Sicherung des Lebensunterhaltes und Hilfe bei der Rückkehr in die Heimat. KOOFRA e.V. unterstützt die Betroffenen auch beim Einklagen von Schmerzensgeld und Lohn. Die Betreuerinnen stellen zudem den Kontakt zum LKA und zur anwaltlichen Betreuung her.
Hintergrund-Informationen
Was ist eigentlich Menschenhandel?
Die Konvention des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels definiert diesen als
"Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung. Ausbeutung umfasst mindestens die Ausnutzung der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Zwangsdienstbarkeit, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Entnahme von Organen.“ (Artikel 4 der Konvention des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels, 2005).
Frauen sind in den Herkunftsländern oft von Diskriminierung, geschlechtsspezifischer Gewalt und schlechteren Chancen bei Bildung und auf dem Arbeitsmarkt betroffen. Sie sind daher besonders gefährdet, in den Zielländern, wo die Nachfrage nach billiger Arbeitskraft groß ist, zum Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung oder Arbeitsausbeutung zu werden.
Ein illegaler oder unsicherer Aufenthaltsstatus macht Menschen mit Migrationshintergrund zusätzlich ausbeutbar. Zwischen Migration und Menschenhandel besteht ein enger Zusammenhang. Nicht alle Opfer von Menschenhandel sind jedoch Migranten; ebenso wenig muss Menschenhandel zwingend grenzüberschreitend sein. Wenig beachtet ist bislang die Betroffenheit der Gruppe der Lesben, Schwulen, Intersexuellen und Trans*, die ebenfalls mit Diskriminierungen im Herkunftsland im Zusammenhang steht.
Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und zur Arbeitsausbeutung liegt ein gemeinsamer Mechanismus zugrunde: die Betroffenen werden mit dem Ziel der wirtschaftlichen Ausbeutung massiv in ihrer Selbstbestimmung eingeschränkt und grundlegend in ihren Rechten verletzt.
Nicht zuletzt ist sexuelle Ausbeutung meist zugleich auch Arbeitsausbeutung. Ausbeutungsverhältnisse betreffen vor allem die Bereiche Prostitution, Gastronomie, Landwirtschaft, Arbeit in Privathaushalten, das Baugewerbe, die fleischverarbeitende Industrie, den Pflegebereich sowie den Reinigungssektor.
Europaratskonvention zur Bekämpfung des Menschenhandels
Das Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels ist in Deutschland am 1. April 2013 in Kraft getreten. Die Konvention verpflichtet die Mitgliedstaaten zu umfassenden Maßnahmen insbesondere in rechtlicher Hinsicht.
Hierzu gehören insbesondere aufenthaltsrechtliche Maßnahmen (Art. 14), die Abkoppelung von Unterstützungsmaßnahmen für Opfer von Menschenhandel von dessen Bereitschaft, als Zeuge oder Zeugin aufzutreten sowie die Abschaffung der Strafbarkeit bei Delikten, die die Opfer während ihrer Abhängigkeitsbeziehung ausführen mussten und unter Zwang oder Nötigung im Rahmen der Tätigkeit als Betroffene oder Betroffener verübt wurden (Art. 26).
Darüber hinaus sind Maßnahmen zur Verbesserung der Opferentschädigung enthalten.
EU-Richtlinie 2011/36/EU
Die EU-Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer umfasst Rechtsvorschriften und nicht-legislative Maßnahmen wie Präventivmaßnahmen, Unterstützungsmaßnahmen für die Opfer, Schulungen, Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden, Regelungen zur Unterstützung des Opfers sowie die Kontrolle der Maßnahmen durch nationale Berichterstatter oder ähnliche Instanzen.
Diese Richtlinie ist noch nicht in nationales Recht umgesetzt.
Konzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Menschenhandel und Gewalt in der Pflege
Das am 25. Februar 2014 vom Hamburger Senat beschlossene „Konzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Menschenhandel und Gewalt in der Pflege“ wird in der neuen Legislaturperiode (ab 2. März 2015) weiter umgesetzt und fortgeschrieben.
Im Konzept werden Maßnahmen beschrieben, die insbesondere darauf abzielen, Schutz und Beratung auch für Opfer von Menschenhandel sicherzustellen, Kooperationen weiter verbindlich auszubauen sowie Opferrechte zu stärken.