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Allgemeinverfügung

Tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügung über die Anordnung von Maßnahmen zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Virusdiarrhoe-Virus im Bezirk Hamburg-Altona der Freien und Hansestadt Hamburg

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Der Bezirk Hamburg-Altona der Freien und Hansestadt Hamburg ordnet gemäß § 2 der Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Virusdiarrhoe-Virus (BVDV-Verordnung) in der Fassung vom 27. Juni 2016 (BGBl. I. S. 1483) i.V.m. der Delegierten Verordnung 2020/689 der Kommission und in Verbindung mit dem Gesetz zur Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes (AGTierGesG) Folgendes an:

  1. Die Impfung von Rindern gegen die BVDV-Infektion ist ab dem 31. März 2021 im gesamten Gebiet des Bezirks Hamburg-Altona der Freien und Hansestadt Hamburg verboten. Auf Antrag kann nach einer Risikobewertung eine befristete Ausnahme von Satz 1 für Rinderhaltungen zugelassen werden, bei denen aufgrund der betrieblichen epidemiologischen Situation eine Impfung fachlich zwingend notwendig erscheint.
  2. Im Gebiet des Bezirks Hamburg-Altona der Freien und Hansestadt Hamburg dürfen ab dem 31. März 2021 in einen Rinderbestand ausschließlich BVDV-unverdächtige Rinder eingestellt werden, die nicht gegen BVDV geimpft worden sind, soweit die Freie und Hansestadt Hamburg gemäß Artikel 38 der Verordnung (EU) 2016/429 als „BVD-freie Zone“ gelistet ist. Ausnahmen können nach Abwägung im Einzelfall genehmigt werden.

Für die vorstehenden Anordnungen wird hiermit die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet, so dass einem gegen diese Allgemeinverfügung erhobenen Widerspruch die aufschiebende Wirkung versagt bleibt.

Diese Allgemeinverfügung wird hiermit bekannt gegeben und gilt ab dem 31.03.2021.

Begründung:

I

Die BVDV-Infektion ist eine anzeigepflichtige Tierseuche der Rinder. Sie wird in Deutschland seit dem 01.01.2011 staatlich bekämpft. Seitdem ist ein kontinuierlicher Rückgang der Zahl BVDV-infizierter Bestände zu verzeichnen. Die Tilgung der Tierseuche Bovine Virusdiarrhoe / Mucosal Disease und die Anerkennung der Freien und Hansestadt Hamburg als BVDV-seuchenfreie Region im Sinne des Art. 36 der Verordnung (EU) Nr. 2016/429 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit sind das Ziel.

Ein solcher Status ermöglicht es dann, durch verpflichtende Zusatzgarantien beim Verbringen von Rindern die Rinderbestände in der Freien und Hansestadt Hamburg vor BVDV-Neuinfektionen zu schützen. Seit 2016 wurden in der Freien und Hansestadt Hamburg keine BVD –Ausbrüche festgestellt. Diese günstige epidemiologische Situation und die Tatsache, dass der überwiegende Teil der Betriebe in der Freien und Hansestadt Hamburg noch nie geimpft hat, erlauben den Erlass eines allgemeinen Impfverbotes zum 31. März 2021.

Eine der Voraussetzungen für die Gewährung des Status „frei von Boviner Virusdiarrhoe“ für die Freie und Hansestadt Hamburg ist gemäß Art. 72 Buchstabe f in Verbindung mit Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 1 Buchstabe a der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/689 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften betreffend Überwachung, Tilgungsprogramme und den Status „seuchenfrei“ für bestimmte gelistete und neu auftretende Seuchen (ABl. L 174 vom 3.6.2020) das Verbot der Impfung gegen BVDV für gehaltene Rinder in der Freien und Hansestadt Hamburg.

II

Die Anordnung des Impfverbots in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung beruht auf § 2 Abs. 1 Nr. 2 der BVDV-Verordnung. Danach kann die zuständige Behörde die Impfung der Rinder eines bestimmten Gebietes gegen die BVDV-Infektion verbieten, wenn Belange der Tierseuchenbekämpfung nicht entgegenstehen.

Die Einstellungsanordnung in Ziffer 2 ist auf § 38 Abs. 11 i.V.m § 6 Abs. 1 Nr. 11 Buchstabe c Gesetz zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz – TierGesG) gestützt. Danach kann die zuständige Behörde zur Vorbeugung vor Tierseuchen und deren Bekämpfung eine Verfügung erlassen, soweit durch Rechtsverordnung eine Regelung nicht getroffen worden ist. Die anderweitig nicht getroffene Regelung, dass nur ungeimpfte Tiere in Hamburger Bestände eingestellt werden dürfen, ist notwendig, da eine Unterscheidung von Impf- und Feldvirusantikörpern bei BVDV nicht möglich ist. Nur die Antikörperfreiheit beweist somit sicher die Abwesenheit des BVDV im Rinderbestand. Ein Betrieb kann weiterhin einen Status „frei von BVD“ gemäß Art. 18 Absatz 1 i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 2 Buchstabe d der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/689 der Kommission nur aufrechterhalten, wenn in den Betrieb nur Rinder eingestellt werden, die nicht gegen BVDV geimpft wurden, sofern der Betrieb in einer BVD-freien Zone liegt. Den Status „BVD-freie Zone“ nach Art. 72 Buchstabe f der genannten Delegierten Verordnung strebt die Freie und Hansestadt Hamburg zum 21. April 2021 an.

Dem Impfverbot stehen keine Belange der Tierseuchenbekämpfung entgegen. In Anbetracht der unter Abschnitt I dargelegten epidemiologischen Situation in der Freien und Hansestadt Hamburg bzw. des erreichten Standes der Tilgung der Tierseuche ist eine Fortführung der Impfung für einen Abschluss des Tilgungsverfahrens und zur Inanspruchnahme weiterer Schutzgarantien nicht zielführend. Die mit einer Impfung verbundene Unsicherheit in Bezug auf die Virusfreiheit stellt bei der Vielzahl der Kontaktmöglichkeiten im Viehverkehr ein nicht vertretbares Risiko für die BVDV-freie Rinderpopulation dar.

Eine Einschleppung von BVDV wird auch dadurch verhindert, dass gemäß Ziffer 2 der Allgemeinverfügung (i.V.m. § 4 Abs.1 der BVDV-Verordnung) ausschließlich BVDV-unverdächtige Rinder in Bestände in der Freien und Hansestadt Hamburg verbracht werden dürfen. Neuinfektionen werden in erster Linie auf den Zukauf von nicht-virusfreien Tieren zurückgeführt. Eine vorsorgliche Schutzimpfung von Rindern gegen BVDV ist deshalb entbehrlich.

In Rinderbestände in der Freien und Hansestadt Hamburg dürfen daher grundsätzlich nur noch BVDV-unverdächtige Rinder eingestellt werden, die nicht gegen BVDV geimpft worden sind. Dies ist abhängig vom Status der Freien und Hansestadt Hamburg als „BVD-freie Zone“ nach Art. 72 Buchstabe f der genannten Delegierten Verordnung i.V.m. Art. 38 der Verordnung (EU) 2016/429. Die Veröffentlichung der Liste erfolgt jeweils im Falle einer Neufassung unter www.hamburg.de/tierschutz-tiergesundheit. Die Rinder müssen von einer Bescheinigung gemäß § 4 Abs. 1 BVDV-Verordnung begleitet sein.

Die angeordneten Maßnahmen in Ziffer 1 und Ziffer 2 des Tenors verstoßen auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie verfolgen in erster Linie den Zweck der Förderung der Tiergesundheit als Bestandteil des Tierschutzes, der Verhinderung von Reinfektionen und der Verhinderung volkswirtschaftlicher Schäden. Sie dienen damit dem öffentlichen Interesse. Zur Förderung der allgemeinen und spezifischen Tiergesundheit sind Seuchen zu bekämpfen und, soweit möglich, zu tilgen. Die im Zuge der Allgemeinverfügung getroffenen Maßnahmen sind unerlässliche Komponenten bei der BVDV-Bekämpfung. Insbesondere die große Zahl bereits BVDV-unverdächtiger Betriebe hat ein hohes Interesse daran, weiterführende Schutzmaßnahmen auf Grundlage der angestrebten Erklärung der Seuchenfreiheit gemäß der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/689 der Kommission in Anspruch nehmen zu können, um diese Seuchenfreiheit auch auf Betriebsebene sicherzustellen.

Zur Verfolgung dieser Zwecke sind das Impfverbot und die Einstellungsanordnung geeignete Maßnahmen um den Anteil nicht geimpfter BVDV-freier Tiere innerhalb der Rinderpopulation in der Freien und Hansestadt Hamburg kontinuierlich zu erhöhen als Voraussetzung zur Anerkennung der Freien und Hansestadt Hamburg als BVDV-freie Region und die Statuserlangung „Betrieb der frei von BVD ist“ für rinderhaltende Betriebe in der Freien und Hansestadt Hamburg auf Grundlage der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/689 der Kommission.

Um eine Anerkennung durch die EU zu erreichen, sind das Impfverbot und die Beschränkung der Einstellungsmöglichkeiten erforderlich. Es gibt keine alternativen Möglichkeiten, mit denen die angestrebten Ziele gleich gut erreicht werden könnten und die gleichzeitig weniger einschneidend sind. 

Das Impfverbot und die Einstellungsanordnung sind ferner angemessen, da das öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Seuche das Interesse der Rinderhalter am freien Bestimmungswillen über ihr Eigentum überwiegt. Bei den Verfügungen handelt es sich lediglich um Nutzungsbeschränkungen. Diese stellen keine Eigentumsentziehung dar.

Jegliche Seuchenbekämpfung dient neben der Förderung der allgemeinen und spezifischen Tiergesundheit auch der Gewährleistung des Tierschutzes, je nach Erkrankungsart dem Verbraucherschutz ebenso wie der wirtschaftlichen Entwicklung des Betriebes. Eine BVDV-Infektion kann zu massiven klinischen Erscheinungen und damit wirtschaftlichen Einbußen führen. Auch die erforderlichen seuchenprophylaktischen Maßnahmen zum Schutz der Betriebe, die die BVD getilgt haben, vor Reinfektionen bedeuten für diese Unternehmen nicht unerhebliche wirtschaftliche Aufwendungen für Biosicherheitsmaßnahmen, welche nicht durch den Betrieb selbst, sondern die Tierhaltungen in der Region mit niedrigerem seuchenhygienischen Status bedingt werden. Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass das öffentliche Interesse an den angeordneten Maßnahmen die Interessen der dadurch betroffenen Tierhalter am freien Bestimmungswillen über ihr Eigentum überwiegt. Dem Interesse der betroffenen Tierhalter, mit ihren Tieren nach Belieben zu verfahren zu können, stehen mögliche erhebliche wirtschaftliche Schäden, der Schutz der anderen freien Bestände und der Tierschutz als zwingende Gründe gegenüber. Zudem dienen die angeordneten Maßnahmen dazu, die Anerkennung der Freien und Hansestadt Hamburg als BVDV-freie Zone zu erreichen. Damit geht wegen des höheren Tiergesundheitsstandards der Rinder eine Verbesserung der Handelsmöglichkeiten für alle Tierhalter einher. Da dies allen Rinderhaltern zugutekommt, dienen die Maßnahmen letztlich auch den Interessen der von den Maßnahmen betroffenen Tierhalter.

Darüber hinaus sind in Ziffer 1 und Ziffer 2 der Allgemeinverfügung zur Vermeidung unbilliger Härte Ausnahmemöglichkeiten vorgesehen. So kann bei Rinderhaltungen, bei denen aufgrund der betrieblichen epidemiologischen Situation eine Impfung fachlich zwingend notwendig erscheint, bei Vorliegen einer ausreichenden Begründung und befürwortenden Stellungnahmen nach Risikobewertung eine befristete Ausnahme vom allgemeinen Impfverbot erteilt werden. Ferner können im begründeten Einzelfall Ausnahmen vom Verbot der Einstellung geimpfter Rinder zugelassen werden.

Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung:

Die sofortige Vollziehung wird auf Grundlage des § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet und ist erforderlich, weil eine sofortige Durchsetzbarkeit der Anordnung im besonderen öffentlichen Interesse notwendig ist. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfordert ein besonderes Vollzugsinteresse, welches über jenes hinausgeht, das den Bescheid rechtfertigt. Es liegt im besonderen öffentlichen Interesse, dass die zur wirksamen Seuchenbekämpfung erforderlichen Maßnahmen ohne zeitlichen Verzug durchgeführt werden können. Diesem besonderen öffentlichen Interesse stehen keine vorrangigen oder gleichwertigen Interessen des Tierhalters gegenüber, die es rechtfertigen könnten, die Wirksamkeit der Allgemeinverfügung bis zu einer zeitlich noch nicht absehbaren unanfechtbaren Entscheidung über einen möglichen Widerspruch hinauszuschieben. Aufgrund des in der Freien und Hansestadt Hamburg erreichten hohen BVDV-Freiheitsgrades ist es aus fachlichen und rechtlichen Gründen erforderlich, die angeordneten Maßnahmen ohne zeitlichen Verzug zu vollziehen. Die Maßnahmen sind sowohl im öffentlichen Interesse wie im Interesse der potentiell gefährdeten Tierhalter unbedingt erforderlich.

Hinweise:

Vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlungen gegen einige dieser Tierseuchenrechtlichen Anordnungen können gemäß § 32 Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a des Tiergesundheitsgesetzes als Ordnungswidrigkeit verfolgt und nach § 32 Abs. 3 mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden.

Zur Durchsetzung dieser Anordnung können die Zwangsmittel des § 11 des Hamburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (HmbVwVG) – Zwangsgeld, Ersatzvornahme, unmittelbarer Zwang, Erzwingungshaft – angewandt werden.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe bei dem die Verfügung erlassenden Bezirksamt, Fachamt Verbraucherschutz, Gewerbe und Umwelt Widerspruch eingelegt werden. Ein Widerspruch hat auf Grund der angeordneten sofortigen Vollziehung keine aufschiebende Wirkung.

Gemäß § 80 Absatz 5 VwGO kann beim Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gestellt werden. 

Für Anordnungen, die der Bezirk Hamburg-Altona verfügt hat, ist der Widerspruch zu richten an das Bezirksamt Hamburg-Altona, Fachamt Verbraucherschutz, Gewerbe und Umwelt, Jessenstraße 1-3, 22767 Hamburg.

Auf eine vorherige Anhörung der Betroffenen wurde gem. § 28 Abs. 2 und 3 Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HmbVwVfG) verzichtet, da die Anordnung im besonderen öffentlichen Interesse liegt und daher keinen zeitlichen Aufschub duldet. 

Hamburg, den 22.03.2021
Das Bezirksamt Hamburg-Altona
Fachamt Verbraucherschutz, Gewerbe und Umwelt

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