Anlass und stadtplanerische Zielsetzung
„Hamburgs Backsteinerbe bewahren"
Die Erhaltungsverordnung -Barmbek-Nord- umfasst neben dem klassischen Milieugebiet Habichtsplatz (Baubehörde-LP, 1985) das südliche Erweiterungsgebiet an der Hellbrookstraße und das nördliche Erweiterungsgebiet zwischen Langenfort und Meister- Bertram-Straße, das im Rahmen der Bestandsaufnahme für die Backsteinkartierung der BSW 2009/10 seitens des Bezirks als Milieugebiet mit Stadtbildbedeutung genannt wurde. Der Stadtteil Barmbek-Nord ist das umfangreichste Stadterneuerungsgebiet der 1920er-Jahre und entstand in der Amtszeit des Oberbaudirektors Fritz Schumacher als Teil eines großräumigen Rings neuer Wohngebiete, der sich von Ottensen über Dulsberg bis zur Veddel um die Innenstadt legte.
Das Milieugebiet mit seinen Erweiterungen stellt im Wesentlichen ein bedeutendes Zeugnis Hamburger Backsteinarchitektur der 1920er-Jahre mit Bauten im Stil des Traditionalismus, des Expressionismus und des Neuen Bauens dar. Unter Beteiligung namhafter Architekten wie P. R. Frank, K. Schneider oder F. Ostermeyer entstanden hervorragende Architektur und Beispiele neuer Bauformen auf einem Siedlungsgrundriss, der durch historische Wegeführungen und gründerzeitliche Straßenraster vorgeprägt war.
Durch die Erhaltungsverordnung soll das prägende Ortsbild und die gestalterische Erscheinung des gesamtstädtisch bedeutenden und über die Grenzen Hamburgs hinaus bekannten Ensembles aus Siedlungsbauten der 1920er- und 1930er-Jahre (z. T. Wiederaufbau) mit den zeittypischen Backsteinfassaden, Ergänzungen jüngeren und älteren Baualters sowie die Siedlungsstruktur mit den bekannten Platzanlagen (Habichtsplatz, Hartzlohplatz, Schwalbenplatz) und den prägenden Grünzügen geschützt werden.
Das in regelmäßiger Struktur gestaltete Grünsystem Barmbek-Nord trägt wesentlich zur Stadtgestalt und des Landschaftsbildes bei und prägt zusammen mit den baulichen Anlagen das Ortsbild in bestimmender Weise. Straßenbegleitende Vorgartenstrukturen bilden zusammen mit identitätsbildenden Plätzen, verbindenden Grünzügen und einem beeindruckenden Großbaumbestand das markante, grüne Rückgrat dieses Ortsteils. Das nahezu unverändert erhaltene Grünsystem in Barmbek-Nord gilt als ein herausragendes Beispiel des Sozialen Grüns in der wachsenden Großstadt der 1920er-Jahre. Dem ersten Gartendirektor Hamburgs, Otto Linne, ist es mit seinen Planungen gelungen, für alle Altersgruppen attraktive und hochwertig gestaltete und vielfältig nutzbare Freiräume zu entwickeln. Klare Geometrien bilden oftmals die gestalterische Grundprinzipien, verbunden mit einer hohen Durchgängigkeit bei begrenzter Flächenverfügbarkeit und dem Potenzial, „städtische Wanderwege“ nach Westen Richtung Stadtpark und nach Norden Richtung Wendebecken/Langenfort weiterzuentwickeln.
Das ursprüngliche Erscheinungsbild der gestalterisch hochgeschätzten, für Hamburg charakteristischen Bebauung, ist unter anderem durch Fassadendämmung mit Wärmedämmverbundsystemen im Rahmen von Klimaschutzvorschriften und den Ersatz der historischen Fenster durch Fenster ohne stilgerechte Fensterteilung bereits gestört bzw. stark gefährdet. Eine weitere erhebliche Störung des Erscheinungsbildes des Stadtteils entsteht durch die zum Teil unmaßstäbliche Verkehrsführung auf dem Ring 2 (Diagonale über den Habichtsplatz, Barmbeker-Ring-Brücke) und auf weiteren Hauptverkehrsstraßen. Zahlreiche Gebäude und Ensembles stehen unter Denkmalschutz.
Mit der Erhaltungsverordnung als Instrument sollen neben den städtebaulichen Strukturen, die heute noch im Original erhaltenen Backsteinfassaden und weitere zeittypische Gestaltungselemente - wie beispielsweise weiße Sprossenfenster, figürlicher Fassadenschmuck und Schmuck-Mauerwerksverbände - bewahrt werden. Ebenfalls sollen die zu den Backsteinquartieren gehörenden und zeitgleich entstandenen, typischen begrünten Vorgärten sowie die Grünzüge und Platzanlagen erhalten und geschützt werden.
Stil- und Gestaltungsmerkmale
Um das prägende Stadtbild in Gebieten mit städtebaulichen Erhaltungsverordnungen zu erhalten und den Verlust städtebaulicher Qualität zu verhindern, gibt es ein Liste an Gestaltungselementen, die sich in das Erhaltungsgebiet „Barmbek-Nord“ einfügen und zu erhalten sind. Ergänzend zu diesen Stil- und Gestaltungsmerkmalen sollen die gestalterischen Rahmenbedingungen aus dem „Informationsblatt ErhVO Allgemein“ beachtet werden.
Rechtliche Wirkung der Verordnung
Die Verordnung nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 des Baugesetzbuchs dient der Erhaltung der städtebaulichen Eigenart eines Gebiets. Zur Erreichung dieses Ziels wird ein Genehmigungsvorbehalt für den Rückbau, die Änderung, die Nutzungsänderung sowie für die Errichtung baulicher Anlagen begründet. Die Erhaltungsverordnung tritt neben das geltende Planrecht. Es wurde berücksichtigt, dass die Aufstellung einer Erhaltungsverordnung - neben den bereits durch das geltende Planrecht eingetretenen Beschränkungen - einen Eingriff in das Eigentumsrecht bzw. die Baufreiheit gemäß Artikel 14 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.05.1949 (BGBl. I S. 1), zuletzt geändert am 23.12.2014 (BGBl. I S. 2438) darstellt. Auf Grund der Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an dem Erhalt der beschriebenen baulichen Anlagen ist dieser Eingriff jedoch vertretbar.
Mit der Verordnung wird das Erhaltungsgebiet zunächst nur flächenbezogen bezeichnet. Durch die Verordnung wird die Erhaltungswürdigkeit des Gebiets festgestellt und die Genehmigungsbedürftigkeit baulicher Veränderungen nach § 172 Absatz 1 des Baugesetzbuchs begründet. Ob die Voraussetzungen für die Versagung einer Genehmigung im Hinblick auf ein konkretes Vorhaben gegeben sind, ist erst im Rahmen der Entscheidung über einen entsprechenden Antrag zu prüfen. Es handelt sich somit um ein zweistufiges Verfahren.
Die Genehmigungsvoraussetzungen ergeben sich aus § 172 Absatz 3 des Baugesetzbuchs. Danach ist die Genehmigung zu erteilen, sofern nicht einer der gesetzlich normierten Versagungsgründe vorliegt.
Wird einem Grundeigentümer im Einzelfall die Genehmigung nach § 172 Absatz 3 des Baugesetzbuchs versagt, so kann er nach § 173 Absatz 2 des Baugesetzbuchs von der Freien und Hansestadt Hamburg die Übernahme des Grundstücks verlangen, wenn die Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 des Baugesetzbuchs vorliegen. Danach hat der Eigentümer Anspruch auf Übernahme des Grundstücks, wenn es ihm aufgrund der Versagung der Genehmigung wirtschaftlich nicht zuzumuten ist, das Grundstück zu behalten oder in der bisherigen oder in einer anderen zulässigen Art zu nutzen. Der jeweilige Grundeigentümer muss danach zwar Belastungen durch die Einbeziehung in den Erhaltungsbereich hinnehmen, hat aber einen Übernahmeanspruch, wenn die Aufwendungen für eine Erhaltung des Gebäudes langfristig nicht mehr durch die Erträge gedeckt werden. Dies wird im Rahmen des jeweiligen Genehmigungsverfahrens zu prüfen sein.
Nach § 24 Absatz 1 Nr. 4 des Baugesetzbuchs steht der Freien und Hansestadt Hamburg im Geltungsbereich der Erhaltungsverordnung ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken zu.
Beratung und Auskunft
Bitte beachten Sie, dass die vorstehenden Informationen nur einen allgemeinen Überblick über die erhaltungsrechtlichen Belange geben können. Für eine Bauberatung wenden Sie sich bitte an das Zentrum für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt (Bauprüfung) unter der Telefonnummer 040 42804-6807.