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Weg der Erinnerung - Stele

Arthur Schulze

Gruppe "Kampf dem Faschismus"

Beitragsmarke der SPD
Andreas Janka, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=78240270

Bereits Anfang der NS-Zeit entstand in Hamburg aus einem losen Freundeskreis die Gruppe „Kampf dem Faschismus“ (KdF). Sie knüpfte an diesen schon in der Weimarer Zeit verwendeten Slogan gegen die Nationalsozialisten an. So verwendete die SPD eine entsprechend gekennzeichnete 15-Pfennig-Beitragsmarke in ihrem Parteibuch.

Die Gruppe KdF entwickelte sich zu einer weitverzweigten, überparteilichen Widerstandsorganisation gegen das herrschende NS-Regime.

Die Abkürzung KdF war bewusst als Tarnung gewählt worden. Denn dieses Kürzel stand seit 1933 in der Öffentlichkeit für das nationalsozialistische Freizeitprogramm „Kraft durch Freude“. Nur für Eingeweihte offenbarte sich die gewollte antifaschistische Aussage.

Der Widerstandsgruppe KdF gehörten Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten an: Arbeiter, Handwerker, Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten und Unternehmer; später wurden auch Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene einbezogen. Aus konspirativen Gründen gab es untereinander nur Kontakte zu sehr wenigen anderen Mitgliedern, um die Mitstreiter nicht zu gefährden. Nach einem in der Nachkriegszeit entstandenen Bericht waren in Hamburg etwa 3.800 Personen, aufgeteilt in 164 Zellen, der Widerstandsorganisation „Kampf dem Faschismus“ zuzurechnen. In Wandsbek sind Widerstandszellen in der Mühlenbaufabrik August Habermann in der Straße Rahlau, in der Kunsthonigfabrik Stüben in der Neumann-Reichardt-Straße, in dem Holzbearbeitungsbetrieb Friese in der Tonndorfer Hauptstraße und in den ehemaligen Leonar-Werken in der Wandsbeker Zollstraße nachweisbar.

Die Gruppe KdF hörte „Feindsender“ ab und informierte die Bevölkerung durch Flugblätter. Sie half Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen und versorgte diese mit Lebensmitteln, selbst dann, wenn sie offiziell – wie der Betriebsleiter Walter Rönforth von der Firma Habermann – verwarnt wurden, sie würden die ausländischen Arbeitskräfte zu „gut“ behandeln. Um den Widerstand gegen das NS-Regime zu vernetzen, bauten Mitglieder der Gruppe KdF zu anderen Widerstandskreisen in Deutschland und ins Ausland Kontakt auf.

Die „Fundgrube für Bücherfreunde am Dammtor“ und das Bücherantiquariat in der Gerhofstraße 5 im Hamburger Stadtteil Neustadt waren zentrale Anlaufpunkte, um sich auszutauschen. Die Besitzer dieser Geschäfte, Berthold Neidhart und Harry Breckenfelder, waren politisch nicht vorbelastet und fielen der Gestapo anfangs nicht auf.

Als das Ende des Krieges vorhersehbar war, erarbeitete die Gruppe KdF Pläne zur Unterstützung der vorrückenden alliierten Truppen, wobei auch eine Beteiligung an der Befreiung der Häftlinge des KZ Neuengamme geplant wurde.

Hauptgebäude der Leonar-Werke in der Wandsbeker Zollstraße
Wandsbek informativ 8/2012, S.12

Der Schlosser Arthur Schulze gehörte zum Führungskreis der Gruppe KdF. In der Weimarer Zeit engagierte er sich gewerkschaftlich und in der SPD. Ursprünglich kam er aus Lüneburg wie die fast gleichaltrigen Carl Schultz und Heinrich Schröder, die ebenfalls zur Leitungsgruppe dieser Widerstandsorganisation gehörten. Während der NS-Zeit änderte Arthur Schulze seine Einstellung zur Demokratie nicht. Deshalb leitete er an seinem Arbeitsort in den Wandsbeker Leonar-Werken eine Zelle der Gruppe KdF an.

Die Firma stellte Chemikalien her. Die maschinelle Produktion zum Guss von Fotopapier als Rollenware, das selbsttönende Leonar-Celloidin-Papier und das Leonar-Auto-Papier machten die Firma zu einem Weltmarktführer auf dem Gebiet der fotografischen Filme und Spezialpapiere. 1938 wurde die Firma „arisiert“. Die jüdische Besitzerfamilie Simmenauer konnte noch rechtzeitig aus Wandsbek fliehen und unter falschem Namen in Südfrankreich im Versteck überleben.

Weg des Evakuierungsmarsches
IHSZ, Oktober 2004, Heft 44, S.66

Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 intensivierte die Gestapo ihre Suche nach NS-Gegnern. Durch den Einsatz von Spitzeln erhielt die Gestapo auch Hinweise auf die Gruppe „Kampf dem Faschismus“. Mitte Dezember 1944 kam es zu ersten Festnahmen. Nur wenige Wochen vor Kriegsende wurde Arthur Schulze am 5. April 1945 zusammen mit anderen Wandsbeker KdF-Mitgliedern wie Walter Eggers, Inhaber der Kunsthonigfabrik Stüben, und Walter Rönforth, Betriebsleiter der Maschinen- und Mühlenbaufabrik Habermann, verhaftet und ins Polizeigefängnis Fuhlsbüttel gebracht. Eine Woche später wurde er mit anderen Häftlingen auf einen „Evakuierungsmarsch“ in das „Arbeitserziehungslager“ Nordmark in Kiel-Hassee geschickt. Unterwegs wurden die Häftlinge misshandelt. Es gab kaum etwas zu essen und zu trinken. Einige Gefangene brachen aus Erschöpfung zusammen. Häftlinge beobachteten, dass von SS-Angehörigen Gefangene erschossen wurden, weil sie zu schwach waren um weiterzugehen. Diejenigen, die versuchten zu fliehen, wurden ebenfalls von der SS ermordet.

Die Zustände im sogenannten Arbeitserziehungslager Nordmark waren bei Ankunft der Hamburger Häftlinge katastrophal. Angesichts der herannahenden Front ermordeten die Lageraufseher noch 300 kranke Häftlinge.

Am 4. Mai 1945 wurde das Lager durch britische Truppen befreit. Arthur Schulze hatte zunächst überlebt, aber sein gesundheitlicher Zustand war denkbar schlecht. Er wurde noch zur Behandlung in das Marinelazarett Bordesholm gebracht. Dort starb er aber am 28. Mai 1945 – infolge von Unterernährung und Misshandlungen.

Buchempfehlungen

Allgemein

  • Stefan Romey: „Widerstand in Wandsbek 1933-1945“. Herausgegeben von der Bezirksversammlung Wandsbek. Zweite erweiterte Auflage. Hamburg 2021
  • Stefan Romey und andere: „Wandsbek erinnert an 1933-1945. Wegweiser zu den Gedenkstätten“. Herausgegeben von der Bezirksversammlung Wandsbek. Zweite erweiterte Auflage. Hamburg 2022

Arthur Schulze

  • Ursel Hochmuth und Gertrud Meyer: Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand. Zweite Auflage. Frankfurt/M 1980

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