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Thema Wettbewerbsfähigkeit

Matthiae Mahl 2025

Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen und deutschen Wirtschaft in der geopolitischen Zeitenwende stand im Mittelpunkt des Matthiae Mahls am 4. März 2025. Als Ehrengäste empfing Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher im Rathaus Teresa Ribera und Prof. Dr. Dr. h.c. Monika Schnitzer.

Ehrengäste
Ehrengäste Senatskanzlei

Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher empfing die beiden Ehrengäste traditionell auf dem sogenannten Spiegel im Rathaus. Vor dem Festmahl trugen sich Teresa Ribera und Prof. Dr. Dr. h.c. Monika Schnitzer in das Goldene Buch der Stadt ein. Das eigentliche Festmahl begann dann mit dem Einzug der Ehrengäste an den Haupttisch.

Im Mittelpunkt des Festmahls, das seit 1356 historisch belegt und damit das älteste noch begangene Festmahl der Welt ist, standen die Reden des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher sowie von Teresa Ribera und Monika Schnitzer. 

Ehrengäste

Teresa Ribera ist seit dem 1. Dezember 2024 Exekutiv-Vizepräsidentin der EU-Kommission. In dieser Funktion ist sie für den Bereich Wettbewerb verantwortlich und Hauptkoordinatorin für die Bereiche Energie, Klima und Umwelt. Sie koordiniert damit den Übergang zur grünen Wirtschaft und muss drei Ziele miteinander in Einklang bringen: die Einhaltung der Klimaziele, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und eine sozial verträgliche und gerechte Abfederung der Transformation. Ribera ist die erste Stellvertreterin von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Monika Schnitzer ist Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die Gutachten und Empfehlungen des unabhängigen Expertengremiums, auch „die Wirtschaftsweisen“ genannt, geben grundlegende Impulse für die deutsche Wirtschaftspolitik. An der Ludwig-Maximilians-Universität München ist Schnitzer Professorin für Komparative Wirtschaftsforschung.

Tschentscher: Vorbild für Europa

In seiner Begrüßungsrede betonte Bürgermeister Peter Tschentscher, Wohlstand, Sicherheit und Freiheit könnten nur in einer starken Gemeinschaft erreicht werden. Dies sei eine Überzeugung, die auch die Hanse geprägt habe: „Was die Hanse damals erfolgreich gemacht hat, kann bis heute als Vorbild für Europa dienen.“

Das Matthiae-Mahls 2025 führe diesen Gedanken fort und setze einen Schwerpunkt auf der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas. Dies passe in eine Zeit, in der sich „die Politik und die Bürgerinnen und Bürger Sorgen machen über die Entwicklung in Deutschland und der Welt.“

Hamburg als zweitgrößte Stadt Deutschlands sei das wirtschaftsstärkste Bundesland. „Wir haben Rekordbeschäftigung und eine weiterhin hohe Nachfrage nach Flächen für neue Investitionen.“ Doch sei auch die Hansestadt von den Auswirkungen der Zeitenwende und der Konjunkturschwäche in Deutschland getroffen. 

Die Europäische Union müsse sich im Wettbewerb der Weltmächte und großen Volkswirtschaften neu positionieren. Die Europäische Kommission habe mit dem „Clean Industrial Deal“ ein wichtiges Maßnahmenpaket für die Modernisierung und Stärkung der Industrie in Europa vorgestellt. Hinzu komme ein Programm zum Bürokratieabbau, um den Verwaltungsaufwand für Unternehmen spürbar zu senken.

„Deutschland muss von diesen Maßnahmen profitieren, aber auch eigene, zusätzliche Impulse setzen, um die Arbeitsplätze, die Wertschöpfung und unseren Wohlstand für die Zukunft zu sichern“, betonte Tschentscher. Die nächste Bundesregierung werde auch daran gemessen, ob sie die dafür richtigen Instrumente wähle und umsetze.

Anerkannter Wissenschaftsstandort

Wissen und Wissenschaft, Forschung und Innovation seien entscheidende Faktoren einer guten zukünftigen Entwicklung. Hamburg sei so gut aufgestellt, dass die Europäische Kommission Hamburg im „Regional Innovation Score“ als „Innovation Leader“ und als dynamischste Innovationsregion Deutschlands eingestuft habe. „Das ist ein gutes Zeugnis für die Arbeit der letzten Jahre und eine starke Motivation, diesen Erfolgskurs fortzusetzen.“

In diesem Zusammenhang seien gute internationale Beziehungen wichtig: „Wir sind - wie zu Zeiten der Hanse - überzeugt, dass die Zusammenarbeit in Europa entscheidend für unseren gemeinsamen wirtschaftlichen Erfolg, für unsere Demokratie und Freiheit ist,“ sagte Tschentscher.

Schnitzer: Herausforderungen und Chancen

Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, betonte in ihrer Rede, die wirtschaftliche Lage Deutschlands sei eine Herausforderung, biete aber auch Chancen.
Ein Problem sei, dass die Exporte nicht mehr so stark wachsen, wenn die Weltkonjunktur anziehe. Die Konkurrenz im Ausland habe deutschen Unternehmen voraus, dass sie sich stärker an den Kundenwünschen orientiere und zudem auf Software, Infotainment und künstliche Intelligenz setze. Die deutsche Industrie konzentriere sich dagegen weiterhin auf klassische Ingenieurskunst. „Wir produzieren nicht nur teuer, unsere Produkte sind auch nicht mehr attraktiv genug.“

Die „enorme wirtschaftspolitische Unsicherheit“ sei Gift für Investitionen und wirtschaftliches Wachstum. Daher sei eine strategische Neuausrichtung Deutschlands und Europas sowohl wirtschaftlich und technologisch als auch politisch notwendig. Auch angesichts der drohenden Strafzölle durch US-Präsident Donald Trump müsse Europa seine Handelspolitik aktiv gestalten und neue Partner gewinnen. Diese seien in den wachsenden Regionen wie Südostasien, Lateinamerika und Afrika.

Die Rolle der künstlichen Intelligenz – Chance oder Gefahr?

Enormes Potential sieht Schnitzer in der Künstlichen Intelligenz. Hier hinke Deutschland in der praktischen Anwendung den großen Unternehmen aus den USA und China hinterher. Doch Deutschland habe als Industriestandort mit einer starken Ingenieurtradition erhebliche Chancen, KI-gestützte Fertigungsprozesse und Produkte zu entwickeln und damit internationale Märkte zu erschließen.

Metropolen wie Hamburg spielen dabei eine wichtige Rolle. Durch die Konzentration von Wissenschaftseinrichtungen, Unternehmen und Start-ups auf engem Raum könnten Netzwerke entstehen, die den Wissensaustausch fördern und innovative Projekte vorantreiben. „Eine Kultur der Offenheit und internationale Partnerschaften, wie sie Hamburg beispielsweise mit Häfen in Südkorea und Singapur pflegt, ist dabei unerlässlich.“

Das Land habe die Innovationskraft, das Know-how und die wirtschaftliche Stärke, um die Herausforderungen der kommenden Jahre zu meistern. „Aber dafür müssen wir handeln – mutig, entschlossen und mit Weitblick“, schloss die Expertin.

Ribera: Hamburg - Modell für soziale Verantwortung und internationale Einheit

Teresa Ribera, Exekutiv-Vizepräsidentin der EU-Kommission, würdigte in ihrer Festrede Hamburg als wirtschaftliches Kraftzentrum, das auch ein Vorbild für soziale Verantwortung und internationale Einheit sei. Die Hamburger Kaufleute und Wirtschaftsführer hätten seit Jahrhunderten verstanden, dass Wohlstand geteilt werden müsse. Ihre Investitionen in Bildung, Soziales oder auch Kultur habe bis heute Bestand. Mit ihrer internationalen Ausrichtung sei die Hansestadt zu einer Drehscheibe für humanitäre Hilfe, Verteidigerin der Menschenrechte und Umweltschutz geworden. Dies sei heute wichtiger denn je. 

Die Welt befinde sich aktuell an einem Scheideweg: Ein wichtiger Akteur scheine sich von der liberalen Ordnung, die von den westlichen Ländern gefördert wird, zu entfernen. Das multilaterale System, das seit dem Zweiten Weltkrieg sorgfältig aufgebaut worden sei, scheine ernsthaft bedroht. Europa befinde sich im Zentrum eines kriegerischen Konflikts, der unermessliches Leid mit sich bringe. Doch es sei auch ein Kampf um Werte und Prinzipien, der die Grundlagen unserer Gesellschaft erschüttere. „Wir müssen entweder unsere Werte bekräftigen oder riskieren, in das Chaos um uns herum hineingezogen zu werden“, sagte Ribera.

Europa sei schon immer mit Herausforderungen konfrontiert gewesen. Diesen habe es sich stets mit Entschlossenheit und Einfallsreichtum gestellt. „Jetzt aber müssen wir uns entscheiden, den Kurs beizubehalten, uns auf unsere Werte und Stärken zu konzentrieren und unsere Zukunft zu gestalten.“ Europa müsse geeint und widerstandsfähig bleiben und bereit sein, seinen Weg nach vorne selbst zu bestimmen.

Hintergrund

Als internationale Handelsstadt, bedeutender Industriestandort und Zentrum für Wissenschaft und Forschung trägt Hamburg in besonderem Maße zu einer starken Europäischen Union bei, die sich geopolitisch und wirtschaftlich einem zunehmenden Druck der Weltmächte gegenübersieht. Mit dem Matthiae Mahl 2025 setzt der Senat einen Impuls für ein wirtschaftlich starkes und geeintes Europa sowie für die Stärkung der europäischen und deutschen Industrie für den internationalen Wettbewerb.

Die Europäische Kommission hat am 26. Februar 2025 die Grundpfeiler des „Clean Industrial Deal“ vorgestellt. Es handelt sich dabei um eine der wichtigsten Initiativen der neuen EU-Kommission. Sie sieht u. a. Investitionen und bezahlbare Energie für eine wettbewerbsfähige europäische Industrie vor.

Der Sachverständigenrat spricht sich dafür aus, Deutschlands Ausgaben in Infrastruktur, Bildung und Verteidigung stärker zu priorisieren, die Verkehrswege schneller zu modernisieren sowie die Digitalisierung und den Wohnungsbau zu verstärken.

Von den großen Städten in Deutschland und Europa können wichtige Impulse ausgehen, Innovationen zu fördern und neue Partnerschaften in der Welt einzugehen. Hamburg ist hier in den vergangenen Jahren an vielen Stellen erfolgreich vorausgegangen.

Über das Matthiae-Mahl

Das Matthiae-Mahl ist seit 1356 historisch belegt und damit das älteste noch begangene Festmahl der Welt. Der Senat lädt traditionell rund 400 Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur sowie das gesamte Konsularische Korps ein. Ein ausländischer und ein deutscher Ehrengast sprechen neben dem Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg zu den Gästen.