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17. November 2024

Kranzniederlegung Volkstrauertag

Rede des Ersten Bürgermeisters Dr. Peter Tschentscher. Es gilt das gesprochene Wort.

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Senatskanzlei / Michael Zapf

Am Volkstrauertag gedenken Senat, Bürgerschaft und die Zivilgesellschaft in Hamburg der Opfer von Krieg und Gewalt.

Heute Morgen haben wir am ehemaligen Arrestbunker des Konzentrationslagers Neuengamme einen Kranz niedergelegt und der Menschen gedacht, die dort von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Doch die schrecklichen Taten der Nazis haben sich an vielen Orten unserer Stadt ereignet. 

Wir haben uns hier auf dem Gelände der früheren „Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn“ versammelt, in der sich Ärzte, Pflegekräfte und Verwaltung aktiv an den Euthanasie-Programmen der Nazis beteiligt haben.

Mit der Umsetzung der sogenannten „Rassen-Hygiene“ wurden schutz- und hilfsbedürftige Menschen grausamer Willkür und Gewalt ausgesetzt. Sie wurden für medizinische Experimente missbraucht, zwangssterilisiert oder ermordet, weil sie in der Rassenideologie des NS-Regimes als minderwertig und „lebensunwert“ galten. 

Aus der „Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn“ wurden rund 3.600 Menschen deportiert. Die meisten von ihnen starben in Gaskammern oder an den Folgen medizinischer Experimente, an Misshandlungen und Unterernährung. 

Insgesamt fielen in Hamburg etwa 6.000 Menschen der Euthanasie zum Opfer. Wir erinnern daran am Krankenhaus Ochsenzoll, am Krankenhaus Alsterdorf und im medizinhistorischen Museum des Universitätsklinikums Eppendorf. 

Sehr geehrte Damen und Herren,
am Volkstrauertrag gedenken wir der Opfer des Nationalsozialismus und der Weltkriege. Zugleich gedenken wir derjenigen, die heute Krieg, Gewalt und schwere Verletzungen ihrer Menschenrechte erleiden. 

Der Volkstrauertag erinnert an die Opfer, um ihnen ein ehrendes Andenken zu bewahren. Und er mahnt uns heute, aus der Geschichte zu lernen und sich für Versöhnung einzusetzen – auch dort, wo es schwer ist und wo in diesen Tagen neue Konflikte in der Welt entstehen. 

Deutschland trägt eine historische Verantwortung für die Demokratie, die Freiheit und den Frieden in Europa. Als Antwort auf die Schrecken des Zweiten Weltkrieges und der Verbrechen des Nationalsozialismus wurden Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Würde des Menschen unverrückbar im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben. 

Doch angesichts von Populismus, Antisemitismus und Islamismus, angesichts menschenfeindlicher Diskriminierungen und neuer rechtsextremer Kräfte müssen wir uns bewusst sein: 
Die Demokratie kann nicht allein durch die Verfassung, durch Sicherheitsorgane und Gerichte geschützt werden.

Wir selbst müssen sie jeden Tag verteidigen. Durch konsequentes Handeln und eine klare Haltung gegen Diskriminierung und Ausgrenzung, für eine Kultur der Toleranz und Mitmenschlichkeit, für die Achtung des Rechtsstaates und der Demokratie.

Dabei kommt es auf jede und jeden Einzelnen an.

Vielen Dank.