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18. März 2025

Trauerfeier für Peggy Parnass

Rede des Ersten Bürgermeisters Dr. Peter Tschentscher. Es gilt das gesprochene Wort.

Senatskanzlei

Wir verabschieden uns heute von einer außergewöhnlichen Bürgerin unserer Stadt. 
Peggy Parnass war bis ins hohe Alter voller Tatendrang, Lebensfreude und Zuneigung zu ihren Mitmenschen, nachdem sie selbst in ihrer Jugend großes Leid und Unrecht erfahren hat.

Nach der Geburt 1927 in Hamburg hat sie als Kind jüdischer Eltern das dunkelste Kapitel unserer Stadtgeschichte erlebt und erlitten:

•    Vorurteile gegenüber Jüdinnen und Juden, die sie nicht verstehen konnte, 
•    Verbote, die ihre Freiheit Schritt für Schritt einschränkten, und die 
•    Verfolgung jüdischer Bürgerinnen und Bürger, die schließlich Millionen das Leben kostete. 

Auch ihre Eltern Hertha und Simon Parnass wurden wie viele weitere Angehörige ihrer Familie verfolgt und ermordet.
Sie selbst und ihr Bruder Gady gelangten mit einem Kindertransport nach Schweden, später nach London, wo ein Onkel sie aufnahm.

Trotz des Grauens der Shoah, kehrte Peggy Parnass in den 1950er Jahren nach Deutschland und in ihre Geburtsstadt zurück.
Sie führte in Hamburg ein aktives, wechselvolles Leben als Kolumnistin und Journalistin, als Schauspielerin, Gerichtsreporterin und Schriftstellerin.

Peggy Parnass ist ihr Leben lang entschieden gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung eingetreten. Als Reporterin und Autorin trug sie zur Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen bei und prägte das moralische Rechtsempfinden der deutschen Nachkriegsgesellschaft.

Als Zeitzeugin sprach sie mit Kindern und Jugendlichen über ihre Erlebnisse und wurde zu einer starken Stimme gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit.

Für ihre Verdienste um Hamburg hat der Senat Peggy Parnass 1998 mit der Senator-Biermann-Ratjen-Medaille und 2020 mit der Ehrendenkmünze in Gold ausgezeichnet.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Bundespräsident Gauck sagte über unsere Stadt: „In Hamburg haben die Menschen ein Gemeinwesen geschaffen, in dem die Demokratie sicher zuhause ist.“

Dazu hat Peggy Parnass Einiges beigetragen. Bis ins hohe Alter trat sie für Toleranz und Vielfalt ein. Noch mit über 90 Jahren nahm sie wie selbstverständlich an den jährlichen Christopher Street Day Demonstrationen teil.
Zuletzt im Rollstuhl zwar, aber in der ersten Reihe, mit einem für sie typischen strahlenden Lachen, in ihrem Stadtteil, in dem man sie Queen von St. Georg nannte.

Peggy Parnass war Aktivistin und Kämpferin. Sie interessierte sich für vieles, vor allem für Menschen und das Leben, aber nicht für ihr Alter.
Als ich sie zu ihrem 95. Geburtstag zu Kaffee und Kuchen besuchte und mit den Worten begrüßte „Liebe Peggy, herzlichen Glückwunsch zum 95. Geburtstag“, antwortete sie: „Wie bitte? Wie alt soll ich sein? 95 Jahre? Das ist ja empörend.“

Und dennoch müssen wir heute Abschied nehmen von Peggy Parnass, die in der vergangenen Woche in ihrem Stadtteil St. Georg - gut gepflegt und behütet - nach einem langen Leben im Alter von 97 Jahren gestorben ist.

Liebe Angehörige,

persönliche Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter, Freundinnen und Freunde, im Namen des Senats und auch persönlich spreche ich Ihnen mein herzliches Beileid aus.

Hamburg hat Peggy Parnass, der Queen von St. Georg, viel zu verdanken. Wir werden sie in Erinnerung behalten – als Mensch und als Vorbild für Toleranz und Mitmenschlichkeit.

Vielen Dank.