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23. August 2018

70 Jahre Stern

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Grußwort des Ersten Bürgermeisters, Dr. Peter Tschentscher.

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Sehr geehrte Frau Jäkel,
sehr geehrter Herr Krug,
sehr geehrter Herr Gabriel,
sehr geehrter Herr Erster Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft,
meine sehr verehrten Damen und Herren, 

herzlich willkommen im Hamburger Rathaus. Wir feiern heute den runden Geburtstag einer Zeitschrift, die älter ist als die Bundesrepublik Deutschland. Die erste Ausgabe des „Stern“ erschien am 1. August 1948 knapp ein Jahr vor der Staatsgründung. 

Der Erfolg des „Stern“ ist eng mit der Entwicklung Hamburgs zur Medienstadt verbunden. Seine liberale und kritische Haltung passt zu unserem Selbstverständnis als weltoffene moderne Metropole. 

Deshalb ist sein 70. Geburtstag nicht nur für die Redaktion und den Verlag, sondern auch für unsere Stadt ein Anlass zum Feiern. 

Der „Stern“ ist ein Kind der Nachkriegsjahre. Bei seiner Gründung 1948 waren die Trümmer in Hamburg und in Hannover, wo der „Stern Verlag Henri Nannen“ zunächst seinen Sitz hatte, noch nicht weggeräumt. Viele Bürgerinnen und Bürger litten materielle Not, aber auch die Sehnsucht nach geistiger Orientierung war groß. 

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung wuchsen bald die neu gegründeten Verlagshäuser. Geschickt und weitsichtig legten Gerd Bucerius, John Jahr, Richard Gruner, Axel Springer, Rudolf Augstein und Henri Nannen die Grundlagen für ihren späteren journalistischen Erfolg.    

1949 hatte Gerd Bucerius die Hälfte des „Stern“ übernommen. Als er ein Jahr später auch die Anteile Henri Nannens erwarb, war der „Stern“ bereits auf dem Weg zum auflagenstärksten Magazin Europas. 

Das Magazin hat die Entwicklung des Nachkriegsdeutschlands und des deutschen Journalismus entscheidend mitgeprägt. Nicht wenige seiner Titelgeschichten haben Pressegeschichte geschrieben.  

Dem Bekenntnis hunderter Frauen zum Schwangerschaftsabbruch (1971), den Interviews mit Christiane F. (1978) und der Berichterstattung zum toten Ministerpräsident Uwe Barschel (1987) folgten öffentliche Diskussionen, an die man sich noch Jahrzehnte nach ihrem Erscheinen erinnert. 

Mit der Veröffentlichung gefälschter Hitler-Tagebücher verbindet sich eine der größten Presseskandale Deutschlands, und dennoch ist es dem „Stern“ gelungen, das Vertrauen seiner Leser und die Glaubwürdigkeit seiner Arbeit wieder herzustellen.  

Über seine Bilder und Fotostrecken vermag das Magazin Leidenschaft, Mitgefühl und Empörung auszulösen. „Stern“-Fotos bringen uns persönliche Schicksale nahe und sie bringen die Stimmung der Zeit auf den Punkt. 

Der „Stern“ nimmt seine Rolle als vierte Gewalt ernst. 

Er stellt Zusammenhänge her und gibt Orientierung in zentralen gesellschaftlichen Fragen. 

Es gelingt ihm, Herz und Verstand zusammenzuführen.

Indem er politisch und unterhaltsam ist, indem er informiert und emotionalisiert (Emotionen anspricht), gelingt es ihm, über Milieugrenzen hinweg Diskussionen anzuregen und Interesse zu wecken für die relevanten Themen unserer Zeit. 

Wenn heute selbst in europäischen Nachbarländern schwarze Listen mit unliebsamen Medien und Redaktionen geschrieben werden, wenn ein US-Präsident im Tagesrhythmus recherchierende und kommentierende Journalisten angreift, dann müssen wir uns in Deutschland bewusst und öffentlich zur Bedeutung eines politischen, eines unabhängigen, kritischen und investigativen Journalismus bekennen.

Es ist eine zentrale journalistische Aufgabe, die Vielfalt unserer Gesellschaft - auch ihre Widersprüche und Konflikte - sichtbar zu machen und darüber zu berichten. 

Ich wünsche dem „Stern“, dass er diese Aufgabe noch lange erfüllen kann, dass er als Print-Magazin erfolgreich bleibt und noch viele neue Formate entwickelt.  

Herzlichen Glückwunsch zum 70. Geburtstag! Alles Gute für die Zukunft. 

Vielen Dank.