Sehr geehrter Herr Voß,
Frau Präsidentin des Hamburgischen Verfassungsgerichtes,
Frau Vizepräsidentin des Bundesamtes für Verfassungsschutz,
Frau Präsidentin des Bundesamtes für den militärischen Abschirmdienst,
Frau Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft,
Herr Ehrenbürger,
sehr geehrte Mitglieder des Konsularkorps,
sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich willkommen zum Senatsempfang anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz. Wir wollen mit dieser Feier die zentrale Rolle und das Engagement des Verfassungsschutzes für unsere Demokratie würdigen und uns für die engagierte Arbeit der Verfassungsschutzbehörden bedanken.
Im Mai 1949 verkündeten die Länder im Parlamentarischen Rat das Grundgesetz und gründeten damit die Bundesrepublik Deutschland.
Die Länder sind das politische Fundament Deutschlands. Sie haben den Bund gegründet, die Prinzipien unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung beschrieben und mit dem Grundgesetz unsere bis heute gültige Verfassung beschlossen. Sie wurde nach dem Krieg nach einer Idee des damaligen Hamburger Bürgermeisters Max Brauer „Grundgesetz“ genannt, weil man sich ohne Wiedervereinigung mit den ostdeutschen Ländern noch keine endgültige Verfassung geben wollte.
Gleichwohl ist das Grundgesetz zu unserer Verfassung und zu einem starken Fundament der Demokratie des modernen Deutschlands geworden. Sie garantiert grundlegende Rechte für alle Bürgerinnen und Bürger, ermöglicht ihnen, den Staat mitzugestalten und definiert Deutschland als föderalen Staat, in dem die ganz Deutschland geltenden Bundesgesetze von Bund und Ländern gemeinsam erarbeitet und beschlossen werden.
Die unantastbare Würde des Menschen, die Demokratie und der Föderalismus waren die Antwort auf Deutschlands Vergangenheit. Nach den Erfahrungen der Weimarer Republik und des nationalsozialistischen Terrorregimes war den Alliierten und den Müttern und Vätern des Grundgesetzes klar:
Nie wieder sollten in Deutschland eine Diktatur und ein Unrechtsstaat entstehen können.
Dafür braucht es sicheres System der Gewaltenteilung, Checks and Balances im politischen System und es braucht einen wachsamen und wehrhaften Staat. Eine Verfassung braucht Schutz.
Gut ein Jahr nach dem Grundgesetz verabschiedeten der neu gegründete Deutsche Bundestag und der Bundesrat das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder hinsichtlich des Verfassungsschutzes. Das Gesetz verpflichtete Bund und Länder, jeweils eigene Verfassungsschutzbehörden aufzubauen und in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammen-zuarbeiten.
Hamburg setzte die neuen Vorgaben schnell um: Am 1. September 1950 teilte der Bürgermeister Max Brauer der Bürgerschaft die Errichtung des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg mit – gut zwei Monate bevor der Bund das Bundesamt für Verfassungsschutz ins Leben rief.
Der Hamburger Verfassungsschutz wurde als Senatsamt zunächst direkt beim Ersten Bürgermeister angegliedert. Mit der Gründung der Innenbehörde unter Helmut Schmidt nach der Sturmflut 1962 wurden die Zuständigkeit und der Nachrichtendienst später – wie in den anderen Ländern auch – dem Innenressort zugeordnet.
Kernaufgabe des Verfassungsschutzes ist es, staatsfeindliche Aktivitäten und Gefahren für unsere Demokratie „von innen“ aufzuspüren, die zuständigen Behörden und die Öffentlichkeit darüber zu informieren und so als Frühwarnsystem der Demokratie zu dienen, damit der Staat tätig werden und sich wehren kann.
Diese Aufgabe nimmt der Hamburger Verfassungsschutz seit 75 Jahren kompetent und wirksam wahr.
Dabei haben sich im Laufe der Jahrzehnte die Bedrohungslage für die Demokratie und damit auch die Aufgaben und Schwerpunkte des Verfassungsschutzes gewandelt.
Seine Arbeitsfelder betreffen unter anderem
die Mitwirkung am Verbot verfassungsfeindlicher Parteien,
die Auseinandersetzung mit Rechts- und Links-extremismus,
mit Islamismus und Antisemitismus, aber auch
die Aufdeckung von Strukturen und Arbeitsweise von Organisationen wie Scientology und die
hybride Bedrohungslage seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine.
Im Zusammenhang mit den Untersuchungen zur Al-Quaida-Organisation nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und dem Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg 2024 berichteten Medien in ganz Deutschland und weltweit über die Arbeit des Hamburger Verfassungsschutzes, der mit seiner Arbeit sehr zum Erfolg im Kampf gegen diese gefährlichen Organisationen beigetragen hat.
Die Gefahren für die Demokratie durch Extremismus und Terrorismus nehmen seit Jahren zu. Vor diesem Hintergrund haben Senat und Bürgerschaft den Hamburger Verfassungsschutz in den vergangenen Jahren deutlich gestärkt. Mit vielen zusätzlichen Kräften konnte der Verfassungsschutz seine Tätigkeit im operativen Bereich intensivieren.
Dabei muss er nicht selten tief in das Recht und die Privatsphäre von Bürgerinnen und Bürgern eingreifen, um die notwendigen Informationen zu erhalten. Doch er ist kein „Geheimdienst“, wie es aus Diktaturen und autokratischen Systemen bekannt ist. Seine Arbeit muss sich innerhalb des demokratischen Systems legitimieren und eine sachgerechte Abwägung zwischen dem Schutz des Staates und dem Schutz der Bürgerrechte finden.
Die Arbeit des Verfassungsschutzes unterliegt daher strengen gesetzlichen Vorgaben und wird durch ein unabhängiges parlamentarisches Kontrollgremium, die Justiz und den Datenschutzbeauftragten überwacht.
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit 75 Jahren ist der Verfassungsschutz ein wichtiger Teil unseres demokratischen Gemeinwesens. Er trägt dazu bei, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen, indem er Extremismus, Terrorismus und verfassungsfeindliche Bestrebungen frühzeitig erkennt und bekämpft.
Wir leben in einer Zeit, in der die Demokratie und der Rechtsstaat auf vielfältige Weise angegriffen und in Frage gestellt werden. Die Welt ist härter, komplexer, unübersichtlicher geworden. Die Arbeit des Verfassungsschutzes ist daher wichtiger denn je.
Doch unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung kann nicht allein durch die Sicherheitsbehörden und die Gerichte geschützt werden. Unsere Demokratie lebt davon, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst die Werte von Demokratie und Freiheit kennen, respektieren und für sie einstehen.
Bei den Demonstrationen gegen Rechts und für Vielfalt haben in Hamburg Hunderttausende Bürgerinnen und Bürger gezeigt, dass sie entschlossen sind, unser Land und unsere Demokratie nach 1945 nicht ein zweites Mal zerstören zu lassen.
Die Jubiläumskampagne des Verfassungsschutzes „75 zum 75sten“ knüpft daran an und macht auf die Bedeutung von Demokratie und Freiheit für das Leben jedes einzelnen Menschen in Hamburg und Deutschland aufmerksam.
Vielen Dank allen, die als Botschafterinnen und Botschafter einer starken Demokratie daran beteiligt sind.
Für die Zukunft unserer Demokratie müssen wir stark sein, stärker als die Zeit.
Im Namen des Senats danke ich dem Präsidenten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz sehr herzlich für ihre Arbeit und wünsche ihnen weiterhin viel Erfolg!
Vielen Dank.