Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin,
sehr geehrte Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft,
sehr geehrte Frau Professor Tufekci,
meine verehrten Damen und Herren,
herzlich Willkommen zum diesjährigen Mediendialog im Hamburger Rathaus.
Wie Sie wissen, hat es seit dem letzten Mediendialog zwar einen Wechsel im Amt des Ersten Bürgermeisters gegeben, damit ist aber - wie auch in den anderen Bereichen der Senatsarbeit - kein Richtungswechsel verbunden. Nicht in der Medienpolitik und damit auch nicht in dem Streben Hamburgs, in der Medienordnung auf der Höhe der Zeit zu sein.
Medienpolitik bleibt ein zentrales Politikfeld des Senats, dafür bürgt schon der hierfür zuständige Senator Carsten Brosda, mit dem ich in den letzten Wochen viel über die aktuellen Themen seines Ressorts gesprochen habe.
Die Frage nach den richtigen Rahmenbedingungen für unsere demokratische Öffentlichkeit hat nichts von ihrer Dringlichkeit verloren.
Erst vor wenigen Wochen hat Julia Jäkel bei der Verleihung des Henri-Nannen-Preises darauf hingewiesen, dass wir vermeintliche Gemeinplätze mittlerweile wieder laut aussprechen müssen, um uns ihrer Gültigkeit zu vergewissern.
Das ist ein wertvoller Hinweis, denn Sprechen und Denken ist eine Einheit und wir müssen daran denken, dass wir in Zeiten leben, in denen hunderte Journalistinnen und Journalisten wegen ihrer Arbeit im Gefängnis sitzen.
In Zeiten, in denen selbst europäische Nachbarländer schwarze Listen mit unliebsamen Medien und Redaktionen schreiben, müssen wir aussprechen, dass freier Journalismus einen unverzichtbaren Beitrag für eine demokratische Kultur leistet.
Wir müssen im Rahmen der Europäischen Union fordern, dass unsere gemeinsamen demokratischen Werte, dass Meinungs- und Pressefreiheit überall gelten und Wirkung entfalten.
Und in Zeiten, in denen ein US-Präsident im Tagesrhythmus recherchierende und kommentierende Journalisten angreift, müssen wir aussprechen, dass die Vernunft einer Gesellschaft nicht durch die Tweets Einzelner entsteht, sondern in der Vielfalt ihrer Stimmen liegt.
Es ist eine zentrale journalistische Aufgabe, diese Vielfalt, auch ihre Widersprüche und Konflikte, sichtbar zu machen und darüber zu berichten.
Wir können froh sein, dass unsere bundesdeutsche demokratische Kultur in ihrem Kern nach wie vor stark ist und wir solche Erosionen im eigenen Land bisher nicht beklagen müssen.
Aber wir dürfen uns nicht darauf verlassen, sondern wir müssen uns darum kümmern, dass es so bleibt. Dem sollen auch unsere Diskussionen auf dem Hamburger Mediendialog heute und morgen dienen.
Es ist gerade einmal 100 Jahre her, dass die Meinungsfreiheit wirksam in Deutschland erstmals rechtlich verankert wurde.
Heute sichern wir nicht nur die individuelle Freiheit der Meinungsäußerung, sondern wir haben zugleich einen leistungsfähigen medienrechtlichen Rahmen, der ausgehend von der Presse- und Rundfunkfreiheit auch die institutionellen Vorkehrungen einer vielfältigen demokratischen Öffentlichkeit sichert.
Diese Medienordnung hat über Jahrzehnte hinweg die demokratische Kultur unseres Landes mitgeprägt.
Aber, um es mit den bekannten Worten von Willy Brandt zu sagen: “Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer.“ „Darum“, so fordert Brandt, „besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.“
Auf der Höhe der Zeit zu sein, heißt angesichts der technischen und gesellschaftlichen Umbrüche in der Medienwelt, dass wir den rechtlichen Rahmen der medialen Ordnung weiter entwickeln müssen, wenn wir denselben Anspruch an demokratische Öffentlichkeit haben wie in der Vergangenheit.
Das ist keine leichte Aufgabe: Denn es fällt auf, wie weit die Bewertungen der digital entstehenden Informationsmöglichkeiten auseinandergehen.
Während die einen den free flow of information und die ungehinderten Chancen auf Kommunikation und Vernetzung preisen, beklagen die anderen Filterblasen, Datenskandale und Echokammern.
Das ist die Komplexität der Lage: Die zentralen Veränderungen in der Medienwelt sind so ambivalent wie ihre Bewertungen.
Wir müssen deshalb einen regulatorischen Rahmen schaffen, der die positiven Potenziale stützt und ihre destruktiven Wirkungen begrenzt.
Es geht im Kern um den Umgang mit den neuen digitalen Technologien, die die Möglichkeiten der Kommunikation und der Information für jeden Einzelnen unglaublich erweitert haben – und deren Freiheits- und Teilhabeversprechen eine große Faszination ausübt.
Unsere heutige Keynote-Sprecherin Zeynep Tufekci schreibt über eine frühe Begegnung mit den Möglichkeiten von social media den Satz „It was hard not to be hopeful.“
Digitale Netzwerke erscheinen im ersten Angang von großer informatorischer Kraft, können aber am Ende schwächer sein, als angenommen. Sie können nämlich dazu führen, dass nicht nur neue kommunikative Möglichkeiten entstehen, sondern auch neue Einschränkungen und Blockaden.
Ein Grund dafür sind die sogenannten Intermediäre, also digitale Netzwerke und Suchmaschinen, die eine große praktische Bedeutung in der Informationsvermittlung gewonnen haben, aber anders als bei klassischen Medien nicht mehr in erster Linie von einer professionellen Redaktion gestaltet werden, sondern über technische Algorithmen.
Das heißt, in der schönen neuen digitalen Welt beantworten technische Algorithmen die Frage, was eine Nutzerin oder einen Nutzer konkret interessieren mag und was er zur Kenntnis bekommt.
Die Grundgesamtheit der Auswahl umfasst zwar die ganze Vielfalt verfügbarer Informationen und Meinungen – vom adrenalingesättigten Facebook-Post bis zum monatelang im Team recherchierten Artikel der New York Times.
Der zugrundliegende Maßstab für die Informationsauswahl ist dabei aber nicht zwangsläufig die inhaltliche Qualität oder der Wert der Information, sondern zum Beispiel eine vermeintliche individuelle Passgenauigkeit für den konkreten User.
Mit anderen Worten: Wer wiederholt eine bestimmte Auswahl an Inhalten im Netz getroffen hat, der wird diese Inhalte in Zukunft auch öfter finden und andere Sichtweisen weniger, wenn Suchalgorithmen ihm diese als passgenaue Information spezifisch aus der Grundgesamtheit vorhandener Daten auswählen.
Der Nutzer wird dann auch nicht bemerken können, wenn es nur wenige Urheber dieser Informationen gibt und wenn viele falsche Profile oder Bots den Anschein der Masse erst erzeugen.
Noch sind solche, die Informationsfreiheit einschränkende Mechanismen vielleicht die Ausnahme. Aber sie dürfen auch nicht die Regel werden, wenn wir die Vielfalt der Öffentlichkeit erhalten wollen, die unsere Demokratie braucht.
Es ist deshalb entscheidend, dass wir eine mediale Ordnung sichern, in der redaktionelle Medien ihren festen Platz haben, um Verzerrungen durch digitale Teilöffentlichkeiten entgegenzuwirken und uns bewusst mit der Vielfalt, dem Widerspruch, dem anderen Argument zu konfrontieren, denn erst daraus entsteht demokratische Kommunikation.
Um diese zu erhalten, ist es wichtig, dass wir Regeln entwickeln, um auch in Zukunft Wettbewerb, publizistische Vielfalt und kommunikative Chancengleichheit zu sichern.
Die Länder sind hierzu auf mehreren Themenfeldern in der Diskussion. Auch zu der Frage, wie wir künftig mit Plattformen und Intermediären, also den neuen digitalen Mittlern, umgehen.
Der Rundfunkstaatsvertrag ist dabei ein geeigneter Ansatzpunkt für regulatorische Vorgaben. Er spannt den gesetzlichen Rahmen, innerhalb dessen wir die öffentliche und demokratische Kommunikation in unserem Land organisieren.
Wenn wir die aktuell erörterten Modernisierungen verabschieden, entwickelt sich der Rundfunkstaatsvertrag schrittweise zu einem umfassenderen Medienstaatsvertrag.
Die Medienpolitik der Länder wird sich damit nicht mehr allein auf den Rundfunk beschränken, sondern die neuen Strukturen medialer Öffentlichkeit generell in den Blick nehmen.
Dieser Perspektivwechsel ist nötig, aber wir brauchen die Einigkeit aller 16 Länder, um ihn auf Dauer vorzunehmen. Das kann im Föderalismus nur gelingen, wenn sich alle Beteiligten bemühen und auch gemeinsam den Willen aufbringen, diesen Schritt endlich konsequent zu gehen.
Damit würden wir die Bedeutung und die Rolle von Intermediären wie Google oder Facebook für die öffentliche Meinungsbildung erstmals regulatorisch erfassen.
Dazu gehört, dass wir die professionellen Mechanismen der Relevanzbewertung anerkennen. Das Auswählen und Gewichten von Inhalten ist gerade das Geschäftsmodell bestimmter Intermediäre – und es wird vom Kommunikationsgrundrecht aus Artikel 5 unseres Grundgesetzes geschützt.
Wir sollten aber verlangen, dass Intermediäre die wesentlichen Kriterien ihrer Aggregation, Auswahl und Präsentation von Informationen offenlegen, um überprüfbar zu sein und um das Vertrauen der Nutzer in ihre Angebote zu stärken.
Ob und inwieweit darüber hinaus auch Nicht-Diskriminierung vorgeschrieben werden muss – zum Beispiel ab einer bestimmten Stellung im Hinblick auf die Markt- oder Meinungsmacht des digitalen Mittlers – ist eine weitere Frage.
Es werden bald Vorschläge auf dem Tisch liegen, mit denen die ersten Schritte in Richtung einer konvergenten Medienordnung gegangen werden können. Sie orientieren sich bewusst nicht an kurzfristig aufkommenden Überlegungen, die zum Beispiel nach dem jüngsten „Cambridge Analytica“-Skandal formuliert wurden, sondern knüpfen an die systematische Arbeit der Bund-Länder-Kommission zur konvergenten Regulierung der Medien an.
Dass die Vorschläge nicht den Anspruch haben, alle Probleme auf einmal zu lösen, spricht ausdrücklich für sie.
Eine Medienwelt, die sich dynamisch und agil entwickelt, werden wir nur mit einer ebenso agilen und dynamischen Media Governance begleiten können, die allgemeine Grundsätze festschreibt, aber die konkreten Regeln eher in kleinen, schnellen Schritte vorgibt.
Voraussichtlich im Sommer werden Sie als Medienvertreter die Möglichkeit haben, die Ideen kennenzulernen und Ihre Meinung in den Länderkreis zurückzugeben.
Ich hoffe, dass dies dann auch für die Neugestaltung der Regelungen zum so genannten Telemedienauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender gilt, an dem die Länder lange arbeiten.
Die meisten Modernisierungsschritte sind schon vereinbart: Dazu gehören umfangreichere und längere Verweildauern für ausgestrahlte Inhalte, also die Verlängerung der so genannten Sieben-Tage-Regel, und flexiblere Möglichkeiten für die Anstalten, Inhalte nur für das Internet zu produzieren.
In allen diesen Fragen ist eine Abwägung zwischen den Interessen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der Nutzerinnen und Nutzer sowie der privaten Medienanbieter vorgenommen worden.
Offen bleibt noch die Frage, wie künftig mit den vor allem auch textbasierten Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Netz umgegangen werden soll.
Insbesondere die Verlagshäuser wehren sich gegen presseähnliche Angebote ihrer beitragsfinanzierten Konkurrenz, während die öffentlich-rechtlichen Sender weitere Möglichkeiten wünschen, um den digitalen Wandel ihrer Produkte zu bewältigen.
Viele Formulierungen für den Staatsvertrag sind hierzu ausgetauscht worden, keine hat Konsens unter den Ländern erzielen können. Ob das bis Juni gelingt, wird sich zeigen.
Um voranzukommen, sollten wir aber die bereits vereinbarten Modernisierungsschritte des Telemedienauftrags jetzt umsetzen und nur in dem noch nicht befriedeten Bereich die alte Regelung belassen.
Eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zum Verstoß gegen das Presseähnlichkeitsverbot ist ohnehin anhängig, so dass wir in absehbarer Zeit mit höchstrichterlicher Hilfestellung bei der Einordnung dieses Themas rechnen können.
Agilität ist in der Medienpolitik ohnehin ein gutes Prinzip. Die Medienwelt entwickelt sich schnell weiter, die Medienordnung muss es auch tun.
Das gilt im Übrigen auch für den künftigen Auftrag und die künftige Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Die Diskussion unter der Überschrift „Auftrag und Strukturoptimierung“ vollzieht sich seit geraumer Zeit und wird stark von finanziellen Erwägungen überlagert. Auf der einen Seite von der 17,50 Euro-Fraktion unter den Ministerpräsidenten, auf der anderen Seite von Intendanten, die nonchalant mehrere Milliarden mehr an Mitteln verlangen.
Bevor wir über Geld reden, sollte man zunächst die Erwartungen und damit den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Systems klären. Und zwar möglichst grundsätzlich.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht eine klare und belastbare Legitimationsgrundlage. Und er findet sie ausdrücklich nicht bloß in einer Rolle als Ausfallbürgschaft für Vielfaltsdefizite im privaten Rundfunk, sondern als systemische Alternative zu diesem.
Dadurch stehen zwei Organisationsprinzipien medialer Inhalteproduktion – das privatwirtschaftliche und das öffentlich-rechtliche – zueinander im Wechselspiel, um nicht zu sagen in Konkurrenz. Dies verringert die Zahl und die Größe blinder Flecken unserer gesellschaftlichen Selbstbeobachtung.
Würde eine solche Alternative und Konkurrenz noch nicht bestehen, müsste man sie jetzt erfinden und nicht nur neu gestalten.
Angesichts der Dynamik medialer Umbrüche wäre es plausibel, die Beauftragung öffentlicher Angebote von der allzu konkreten Beschreibung einzelner Leistungen abzurücken und auch hier lieber die Prinzipien zu klären, auf deren Grundlage die Sender dann selber tätig werden.
Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten sollten künftig keine konkreten Konzepte für einzelne Angebote mehr diskutieren und bewerten. Besser ist, sie beschreiben, was sie von den Sendern inhaltlich und strategisch erwarten, und statten sie dafür mit einem Budget aus, das ihnen die Erreichung dieser Ziele ermöglicht, aber zugleich die Freiheit lässt, die dafür besten Programminhalte und Verbreitungswege selbst festzulegen.
Wenn wir dieses Budget noch vernünftig indexieren würden und der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten die Überwachung und Gestaltung dieses Prozesses überließen, wäre das ein Ausweg aus einer aktuell eher verzweifelt wirkenden politischen Diskussion.
Es wäre ein neuer Deal, der mehr Freiheit mit mehr wirtschaftlicher Verantwortung verknüpfen und die Konkurrenz zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Medien beleben könnte. Verantwortung für ein vorgegebenes Budget setzt Anreize für wirtschaftliches Handeln und bietet die Möglichkeit, Neues zu entwickeln, indem Altes eingestellt wird.
Meine Damen und Herren,
Regulierung sollte den politischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmen des Marktes vorgeben und dadurch sein Funktionieren ermöglichen.
Ein gutes Beispiel dafür ist die EU-Datenschutzgrundverordnung, die in wenigen Tagen in ganz Europa gilt und damit ein level playing field schafft.
Ein weniger gutes Beispiel wäre eine E-Privacy-Verordnung, die nicht nur persönliche Datensouveränität stärkt, sondern so tief in Geschäftsmodelle eingreift, dass es schwierig wird, sie überhaupt aufrecht zu erhalten. Hier wird es in den kommenden Monaten darauf ankommen, Maß und Mitte zu wahren.
Es wird darauf ankommen, dass wir eine vernünftige Balance schaffen zwischen den Interessen Nutzerinnen und Nutzer, der Verlags- und Werbewirtschaft und den Intermediären.
Nutzerinnen und Nutzer sollten selbst entscheiden können, wer ihre Daten wofür verwendet. Wir überschreiten aber die Grenze einer Regulierung, wenn wir auch Geschäftsmodelle, die auf einer mit den Nutzern vereinbarten Datennutzung beruhen, faktisch unmöglich machen.
Das heißt, wenn eine werbefinanzierte journalistische Seite im Netz künftig nicht mehr sagen kann, dass ihre Inhalte nur denen offen stehen, die im Gegenzug ihre Daten zur Verfügung stellen, dann ist dies keine Regulierung des Marktes mehr im berechtigten Interesse von Bürgerinnen und Bürgern. Dies wäre ein Eingriff in den Markt und eine Beschränkung der Freiheit derjenigen, die diese Angebote gerne kostenfrei nutzen wollen und mit der Verwendung ihrer Daten zu diesem Zweck auch einverstanden sind.
Wem an einer guten demokratischen Öffentlichkeit gelegen ist, der muss berücksichtigen und akzeptieren, dass die Produktion und der Vertrieb journalistischer und kreativer Inhalte eine wirtschaftlich belastbare Grundlage haben müssen.
Das darf man in einer traditionellen Handels- und Kaufmannstadt aussprechen. Und wir wissen aus der Mediengeschichte, dass Geschäfts-, Vertrags- und Pressefreiheit oft Hand in Hand gegangen sind.
Deshalb sollten wir den Daten- und Verbraucherschutz, die Meinungs- und Pressefreiheit und die wirtschaftliche Notwendigkeiten in der Medienwelt bei allen Entscheidungen gleichermaßen berücksichtigen.
Die Bundesregierung sollte im Hinblick auf die E-Privacy-Verordnung die Vereinbarung aus den Koalitionsverhandlungen ernst nehmen, dass sie „künftige nationale und europäische Gesetzgebungsvorhaben noch stärker hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf privatwirtschaftliche Medienangebote, wie z.B. durch Werbeverbote, prüfen“ wird, „um gute Rahmenbedingungen für eine vielfältige Medienlandschaft sicherzustellen“.
Auch die Thematik der Ad Blocker bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz und Medienfreiheit.
Selbstverständlich steht es jedem frei, Werbung zu blocken. Aber es ist schon ein merkwürdiges Geschäftsmodell, wenn Anbieter solcher Ad-Blocker zugleich Webseitenbetreibern anbieten, ihre Werbung gegen Zahlung einer Gebühr dann doch verbreiten zu können.
Die Länder haben das Problem bereits adressiert und sollten die rechtlichen Möglichkeiten prüfen, um auch hier darauf hinzuwirken, dass Journalismus und andere kreative Leistungen finanzierbar bleiben.
Meine Damen und Herren,
nachdem wir uns jetzt bis in die Einzelheiten der regulatorischen Probleme in der Medienpolitik vorgearbeitet haben, wollen wir nun der gesellschaftlichen Bedeutung der dahinter stehenden Fragestellungen den Raum und die Ehre geben, die sie verdient.
Ich freue mich, dass Professor Zeynep Tufekci bei uns ist. Sie arbeitet an der University of North Carolina und am Berkman Center for Internet and Society in Harvard und ist wie kaum eine zweite Wissenschaftlerin derzeit auch in den praktischen öffentlichen Diskussionen präsent – zuletzt mit ihrem Buch „Twitter and Tear Gas. The Power and Fragility of Networked Protest“.
Sie forscht nicht nur zu den neuen Möglichkeiten digitaler Kommunikation und Vernetzung, sondern sie ist selbst Teilnehmerin an jenen Bewegungen, die Potenziale und Risiken in diesen Feldern ausloten.
Ich freue mich auf Ihre Gedanken zur „Öffentlichkeit als Aufgabe“.
Wir haben die wesentlichen Instrumente zur Sicherstellung einer demokratischen Öffentlichkeit in der modernen Medienwelt in der Hand. Wir müssen sie nur anwenden.
Schrittweise und zielgerichtet.
Herzlichen Dank!