Sehr geehrte Frau Berg,
sehr geehrter Herr Gosslar,
sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für die Einladung zum 175-jährigen Jubiläum der Pestalozzi-Stiftung Hamburg.
Die Gründung der Stiftung am 8. August 1847 fiel in eine Zeit des Umbruchs.
Fünf Jahre zuvor hatte der Große Brand weite Teile der Hamburger Innenstadt zerstört, 20.000 Menschen wurden obdachlos.
Gleichzeitig nahm die Industrialisierung Fahrt auf. Auf der Suche nach Arbeit zogen immer mehr Menschen vom Land in die Stadt.
In Hamburg herrschte Wohnungsnot. Wer wenig verdiente, musste oft unter erbärmlichen Bedingungen leben.
In den Gängevierteln und in den Quartieren am Hafen wohnte man auf engstem Raum zusammen, es gab kaum Tageslicht, frische Luft oder sauberes Wasser. Kinder litten ganz besonders unter diesen schlimmen Umständen.
In dieser Zeit gründeten die Mitglieder der Freimaurer-Loge „zur Brudertreue an der Elbe“ eine Stiftung, die im Sinne des 1827 verstorbenen Schweizer Reform-Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi tätig werden sollte.
Für Pestalozzi war es wichtig, dass Kinder auf ihrem Weg zu selbstständigen Mitgliedern der Gesellschaft schon früh in der Familie eine gute Förderung und Erziehung erhalten.
Dabei sah er die Eltern als diejenigen, die ihren Kindern als Vorbilder „mit Rat und Tat“ zur Seite stehen und sie in ihrer Entwicklung begleiten sollten.
Aber große Armut und schwere Lebensbedingungen erlaubten es eben nicht allen Eltern, sich in dieser Weise um ihre Kinder zu kümmern.
Die neue Pestalozzi-Stiftung widmete sich daher der Aufgabe, Kindern aus sozialen Notlagen herauszuhelfen und sie in ihrer weiteren Entwicklung zu unterstützen.
Das erste Kinderheim der Stiftung eröffnete im damals noch ländlichen Billwerder. 21 Kinder fanden hier ein neues Zuhause.
Als das Haus in Billwerder zu klein wurde, baute die Stiftung in Barmbek neu. Später zog das Kinderheim nach Volksdorf, dann nach Wohldorf-Ohlstedt. Heute hat die Pestalozzi-Stiftung ihren Sitz hier in St. Georg.
Die Stiftungsarbeit stand von Anfang an unter dem Leitbild, durch Erziehung nicht „etwas Fremdes an die Menschen heranzutragen, sondern die Entwicklung der ursprünglichen Kräfte zu unterstützen und zu erleichtern“.
Die Gründer der Pestalozzi-Stiftung waren engagierte Mitglieder der Hamburger Stadtgesellschaft, und ihre Initiative fand schnell Unterstützung.
Bis in die 1920er Jahre konnte sich die Stiftung vollständig aus Spenden der Hamburgerinnen und Hamburger finanzieren.
Zwischen den beiden Weltkriegen wurde die Pestalozzi-Stiftung Teil der staatlichen Jugendhilfe. Trotzdem gelang es ihr, in den 30er und 40er Jahren weitgehend auf Distanz zum Regime der Nationalsozialisten zu bleiben und die Kinder weiterhin nach den Grundsätzen Pestalozzis zu erziehen.
Seit den 1970er Jahren hat die Stiftung ihr Aufgabenfeld stetig erweitert und ihre Konzepte immer neuen Anforderungen angepasst. Heute gehören 40 Einrichtungen und über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Pestalozzi-Stiftung.
Sie hilft und unterstützt in vielen Hamburger Stadtteilen, in unterschiedlichsten Lebenslagen, und setzt bei ihrer Arbeit auf Respekt und Augenhöhe.
Sie betreibt Kitas und kooperiert mit Schulen. Sie ist in der Kinder- und Jugendhilfe aktiv, begleitet junge Familien und unterstützt Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
sehr viele junge Menschen haben in den vergangenen 175 Jahren durch die Pestalozzi-Stiftung ihren Weg in ein gutes, selbstständiges Leben gefunden.
Die Stiftung setzt sich für das Ziel ein, das auch der Senat mit seiner Arbeit verfolgt: Alle sollen am vielfältigen Leben in unserer Stadt teilhaben können und die Chance erhalten, das Beste für sich im Leben zu erreichen.
Die Stiftung ist dabei eine verlässliche Partnerin der Freien und Hansestadt Hamburg und eine wichtige Stütze im Leben vieler Hamburgerinnen und Hamburger.
Im Namen des Senats danke ich allen, die sich für die Pestalozzi-Stiftung engagieren, durch Spenden oder Stiftungen, durch haupt- oder ehrenamtliche Arbeit.
Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich zum 175. Jubiläum und wünsche Ihnen weiterhin alles Gute, vor allem viel Erfolg und Freude bei ihrem wichtigen Engagement für unsere Stadtgesellschaft!
Vielen Dank.