Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach,
sehr geehrte Frau Vizepräsidentin der HamBue,
sehr geehrte Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft,
sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich willkommen zum Bürgertag 2023 hier im Großen Festsaal des Rathauses.
Mit diesem Empfang würdigt der Senat das große Engagement und die lange Geschichte der Bürgervereine in unserer Stadt.
Die Bürgervereine entstammen einer Zeit des Umbruchs und des Aufbruchs in Hamburg.
Der erste gründete sich 1843 auf St. Pauli.
Ein Jahr zuvor hatte der Große Brand weite Teile der Altstadt zerstört.
Hamburg stand an der Schwelle zur Industrialisierung und die Vorboten der demokratischen Revolution von 1848 lagen in der Luft.
Die Menschen, die sich erst auf St. Pauli und später auch in anderen Stadtteilen zu Bürgervereinen zusammenschlossen, hatten dafür einen ganz bestimmten Grund:
Sie waren mit den politischen Verhältnissen und mit den Lebensbedingungen in der Stadt nicht einverstanden.
Es gab für sie aber kaum Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen oder etwas zu verändern, denn in die damalige Bürgerschaft konnten nur vermögende Grundeigentümer gewählt werden.
Mit den Bürgervereinen entstanden außerparlamentarische Orte der gesellschaftlichen Willensbildung, die für größere Bevölkerungsgruppen zugänglich waren.
Sie machten sich gegenüber der Bürgerschaft und dem Senat stark für die Interessen der Menschen und der Stadtteile und setzten sich auch sonst für das Gemeinwohl ein.
Als 1892 in Hamburg die Cholera ausbrach, gab es bereits 32 Bürgervereine.
Sie trugen zur Bewältigung dieser Krise bei, indem sie Notstands-Komitees gründeten und Hilfe für Betroffene organisierten.
Heute gibt es in Hamburg rund 60 Bürger-, Heimat- und Kommunalvereine mit über 80.000 Mitgliedern.
Sie sind in vielen verschiedenen Bereichen aktiv:
- im Tier- und Umweltschutz,
- in Bildung und Erziehung,
- in Kunst und Kultur,
- im Sozial- und Gemeinwesen.
- Sie engagieren sich für die Pflege der Heimatgeschichte und Denkmäler, für die Erhaltung des Plattdeutschen und der maritimen Traditionen.
Mit ihren Veranstaltungen, Projekten und Beratungsangeboten sind die Bürgervereine wichtige Anlaufstellen für die Nachbarschaft und für gemeinschaftliche Aktivitäten in den Stadtteilen.
Sie machen auf dringende Themen aufmerksam und stehen in engem Austausch mit den Bezirksämtern.
So erfüllen sie eine wichtige Rolle als Mittler zwischen Politik und Verwaltung und dem Leben „vor Ort“.
Unsere starke Zivilgesellschaft ist seit Jahrhunderten eine Tradition der Hafen- und Kaufmannsstadt Hamburg.
Da unsere Stadt nie einen Kaiser, König oder Fürsten hatte, haben die Bürgerinnen und Bürger ihre Geschicke immer schon selbst in die Hand genommen und sich für das Gemeinwohl engagiert.
Das erleben wir im Alltag ebenso wie in Ausnahme-Situationen.
Seit Russlands völkerrechtswidrigem Angriff auf die Ukraine haben mehr als 40.000 Menschen aus der Ukraine in unserer Stadt Zuflucht gefunden.
Die Hamburgerinnen und Hamburger haben sie mit großer Hilfsbereitschaft aufgenommen und es ihnen durch vielfältige Unterstützung erleichtert, sich hier zurechtzufinden.
Meine Damen und Herren,
wir leben in bewegten Zeiten.
Krieg und Krisen sorgen bei vielen Menschen für Verunsicherung.
Aber wir haben trotzdem allen Grund zur Zuversicht.
Vergangene Woche haben wir in unserer Stadt den Tag der Deutschen Einheit gefeiert.
Unter dem Motto „Horizonte öffnen“ standen die Vielfalt, Innovationskraft und die guten internationalen Beziehungen unseres Landes im Mittelpunkt.
Über 700.000 Menschen aus ganz Deutschland haben das Bürgerfest in der Hamburger Innenstadt besucht.
Darunter waren auch Delegationen engagierter Bürgerinnen und Bürger aus allen 16 Bundesländern.
Wir haben in Deutschland in den 33 Jahren seit der Wiedervereinigung zahlreiche Herausforderungen gemeinsam gemeistert.
Daran hat unsere aktive Zivilgesellschaft einen wesentlichen Anteil.
Kooperation und Verantwortung für das Gemeinwohl, wie sie auch die Hamburger Bürgervereine seit 180 Jahren leben, sind gerade in Zeiten des Umbruchs wichtiger denn je.
Ehrenamtliches Engagement stärkt den Zusammenhalt in unserer weltoffenen, modernen Metropole – und im ganzen Land.
Im Namen des Senats und aller Hamburgerinnen und Hamburger bedanke ich mich sehr herzlich bei den Menschen, die die Tradition der Bürgervereine in unserer Stadt pflegen und unser Zusammenleben dadurch bereichern.
Vielen Dank.