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3. September 2018

Senatsfrühstück zum 90. Geburtstag Klaus von Dohnanyi

Rede des Ersten Bürgermeisters, Dr. Peter Tschentscher.

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Sehr geehrter Herr Klaus von Dohnanyi,
sehr geehrte Ehrengäste unseres ehemaligen Ersten Bürgermeisters,
sehr geehrte Damen und Herren, 

bei einem Senatsfrühstück anlässlich eines 90. Geburtsages muss man auf die historische Dimension der Lebenserfahrung des Jubilars eingehen. Klaus von Dohnanyi wurde am 23. Juni 1928 in Hamburg geboren. 

Zehn Jahre, nachdem Hamburger Arbeiter in der Demokratischen Revolution, politische Rechte, Mitbestimmung und bessere Arbeitsbedingungen durchgesetzt hatten und zehn Jahre vor der Reichspogromnacht, in deren Folge das jüdische Leben in Hamburg zerstört und eine verhängnisvolle Entwicklung in Deutschland ausgelöst wurde.  

Beide Ereignisse markierten einen Zeitenwechsel. Die Ereignisse und die politische Entwicklung in Deutschland haben die Familiengeschichte von Klaus von Dohnanyi und wohl auch sein eigenes Denken und Handeln geprägt. 

Als Klaus von Dohnanyi 1981 das Amt des Ersten Bürgermeisters von Hamburg übernahm, hatte er bereits eine beeindruckende Karriere in Wirtschaft und Politik hinter sich:  Studien in den USA, Tätigkeiten bei Ford in Detroit und Köln, Leitung des auf Politik und Wahlen spezialisierten Umfrageinstituts Infratest, Wahlkampf für Willy Brandt organisiert, Staatssekretär unter Karl Schiller im Bundeswirtschaftsministerium, Bundesminister für Bildung und Wissenschaft im Kabinett Brandt (Einführung des Bafög) und Staatsminister im Auswärtigen Amt unter dem Kanzler Helmut Schmidt. 

Unabhängig im Denken, streitbar, analytisch, gebildet, international und wirtschaftlich erfahren, das sind Beschreibungen, die man liest und hört über Klaus von Dohnanyi. 

Die vielfältigen politischen, unternehmerischen und internationalen Erfahrungen waren eine hervorragende Voraussetzung für das Wirken als Bürgermeister in Hamburg. 

Denn es waren schwierige Zeiten, als Klaus von Dohnanyi 1981 das Amt übernahm. 

Die Arbeitslosenzahlen und die Sozialausgaben stiegen, die Wirtschaftskraft sank, die Haushaltslage war prekär. Hamburg war eine schrumpfende Stadt – in Bezug auf die Bevölkerung wie auf den Wohlstand und die Lebensqualität. Hinzu kamen gesellschaftliche Konflikte um die Hafenstraße und den Bau des Atomkraftwerks Brokdorf. 

Dass es gelungen ist, die Entwicklung der Metropole wieder in eine andere Richtung zu lenken, Hamburg wieder zu einer wachsende Stadt zu machen, wachsend nicht nur in der Einwohnerzahl, sondern auch in der Wirtschaftskraft und Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger, liegt auch an den Weichenstellungen in den achtziger Jahren. 

Die Analyse der damaligen Misere und die daraus gezogenen Schlüsse kann man in zwei Grundsatzreden vor dem Hamburger Übersee-Club nachlesen: 

1983 beschrieb Bürgermeister von Dohnanyi die wirtschaftlichen Grundlagen des „Unternehmens Hamburg“ und 1985 betonte er unter dem Titel „Das geistige Gesicht Hamburgs“ eine neue Hinwendung zu Wissenschaft und Kultur. 

Viele Entscheidungen, die wir heute treffen, beruhen auf den Grundlinien, die Klaus von Dohnanyi in seiner Regierungszeit gezeichnet hat. 

Die bessere Finanzierung des Hafens, der Ausbau der Messe und des Medienstandortes, die Stärkung der Forschung und des Technologietransfers in die Wirtschaft, der Einsatz von Risikokapital für Startups, eine privatwirtschaftlich organisierte Wirtschaftsförderung, aktives Flächenmanagement und die Ansiedlung neuer Unternehmen in der Stadt.  

Dass Hamburg heute vieles gleichzeitig ist - eine Hafen- und Handelsstadt, eine attraktive Kulturmetropole, ein starker Wirt-schafts- und ein ambitionierter Wissenschaftsstandort, macht heute einen wichtigen Teil unseres Selbstverständnisses aus. In den 80ern war es für viele neu und ungewohnt. 

Für einen Politiker ist es immer bedeutsam, wie man ein Amt übernimmt und – noch bedeutender – wie man es wieder verlässt, was meistens ein eher undankbarer Vorgang ist. 

Ich weiß nicht, wie es damals genau war, aber ich erinnere mich, dass ich aus dem Radio vom Rücktritt des Bürgermeisters erfuhr und spontan dachte: „Was soll das denn jetzt? Das ist doch völlig unnötig.“ 

Ich bin sicher, dass viele Hamburgerinnen und Hamburger diesen Schritt damals bedauert haben, und das ist ein sehr gutes Zeugnis für einen Bürgermeister in einer so kritischen und oft aufgeregten Stadtgesellschaft. 

Aber das Ausscheiden aus dem Amt war kein Rücktritt aus dem öffentlichen Leben insgesamt. 

Klaus von Dohnanyi hat sich auch ohne politisches Amt wirksam zu Wort gemeldet, in Konfliktsituationen geholfen und Zukunftsfragen bewegt: als Schlichter in Tarifkonflikten (Lufthansa 2003), bei der Einführung des Mindestlohns (Vorsitzender des Mindestlohnausschusses 2009), in der Ethikkommission zur Energiewende und vielfältigen anderen ehrenamtlichen Tätigkeiten. 

Seiner Heimatstadt ist Klaus von Dohnanyi auf besondere Weise treu geblieben, in durchaus kritischer Distanz, aber immer mit sehr bedenkenswerten Anregungen. 

„Ich habe in meinem Leben ja sehr viel auf Bundesebene getan“, konnte man kürzlich von Klaus von Dohnanyi in der Zeitung lesen – „Bafög eingeführt, den Airbus vorangebracht, unsere Raumfahrt neu geordnet. Aber diese sieben Jahre als Bürgermeister, das war unvergleichlich.“ [svz 23.6.18]. Das hören wir gerne in Hamburg. 

Lieber Klaus von Dohnanyi,

ich gratuliere sehr herzlich zum 90. Geburtstag, im Namen des Senats und der Stadt Hamburg. Und wenn es außerhalb der Presse noch etwas mitzuteilen gibt, das Büro des Ersten Bürgermeisters ist immer noch dort, wo es vor dreißig Jahren war. 

Alles Gute und herzlichen Dank.