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10. November 2023

Trauerfeier für Prof. Dr. h.c. Hannelore Greve

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Rede des Ersten Bürgermeisters Dr. Peter Tschentscher. Es gilt das gesprochene Wort.

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Senatskanzlei

Sehr geehrte Familie Greve,
sehr geehrte Angehörige und Freunde der Familie,
sehr geehrte Damen und Herren,

wir nehmen heute Abschied von unserer Ehrenbürgerin Hannelore Greve, einer erfolgreichen Unternehmerin und bedeutenden Stifterin, deren Lebenswerk eng mit Hamburg verbunden ist. 

Wir haben schon gehört, wie sehr Hannelore Greves Kindheit und Jugend in ihrer Geburtsstadt Wesel am Rhein von der Zeit des Nationalsozialismus und vom Zweiten Weltkrieg geprägt waren. 

Und wie sie dort ihren späteren Ehemann Helmut Greve kennenlernte, der in den Kriegsjahren in Wesel bei der Marine zum Offizier ausgebildet wurde. 

Sie heirateten am 14. September 1944, kurz vor ihrem 18. Geburtstag. Nach seiner Versetzung folgte sie ihm nach Borkum und später nach Hamburg. 

Hier haben Hannelore und Helmut Greve ihr gesamtes weiteres gemeinsames Leben verbracht und ein großes Lebenswerk aufgebaut. 

Den Grundstein dafür bildete das in den 1950er Jahren gemeinsam gegründete Bauunternehmen „Helmut Greve Bau und Boden“.

Ihr unternehmerischer Aufstieg war geprägt von den Umständen der Aufbaujahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges.  

Als Hamburg in Trümmern lag, haben sie über 2.000 Wohnungen gebaut und dazu beigetragen, dass viele Menschen wieder ein bezahlbares Dach über dem Kopf haben konnten. 

Später kamen mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Büro- und Gewerbebauten hinzu. In den 60er und 70er Jahren entstanden mehrere große Bürokomplexe, unter anderem in der City Nord.

Die Lebenswege von Hannelore und Helmut Greve kann man nicht für sich alleine beschreiben, denn sie waren nicht nur ein Ehepaar, sie waren ein Team.

Anders als in der damaligen Zeit üblich, trafen die Eheleute wichtige wirtschaftliche und unternehmerische Entscheidungen gemeinsam.
Hannelore Greve war – neben ihrer Verantwortung als dreifache Mutter – in die unternehmerische Tätigkeit eng eingebunden. Über viele Jahre leitete sie die Bestandsverwaltung und wurde später Vorstandsvorsitzende der „Helmut Greve Bau- und Boden-Aktiengesellschaft“.

1969 eröffnete sie in der City Nord ein Einrichtungshaus für englische Stilmöbel, später kam ein Auktionshaus für Schmuck und Antiquitäten hinzu, in dem sie ihre unternehmerischen und kulturellen Interessen verbinden konnte.

Hannelore Greve empfand zeitlebens eine tiefe Dankbarkeit, dass sie und ihr Mann – um ihre Worte zu zitieren – „im Krieg entgegen aller Wahrscheinlichkeit, wie durch ein Wunder, körperlich unversehrt geblieben“ sind und danach unter den freiheitlichen Bedingungen eines demokratischen Rechtsstaats ihre Kinder großziehen und ein Unternehmen aufbauen konnten.

Eine solche Dankbarkeit für das pure Überleben ist in der Generation der Kriegskinder nicht selten gewesen. 

Hannelore und Helmut Greve haben daraus und aufgrund ihrer eigenen Wertvorstellungen für sich die Verpflichtung abgeleitet, ihr im Laufe der Jahre beträchtlich wachsendes Vermögen auch zum Wohle der Allgemeinheit einzusetzen.

Sie standen damit in der besten hanseatischen Tradition ehrbarer Kaufleute.

Eine Tradition, die gerade in Hamburg besonders ausgeprägt ist, weil unsere Stadt nie einen Kaiser, König oder Fürsten hatte, der sich um Kunst, Kultur, Wissenschaft oder eine andere Angelegenheit des Gemeinwesens gekümmert hätte.

So mussten sich in der Freien und Hansestadt Hamburg die Bürgerinnen und Bürger aus eigenem Engagement um die Förderung des Gemeinwohls, soziale und kulturelle Einrichtungen, Bildung und Wissenschaft kümmern.

Das Ehepaar Greve hat dies in einem Maß getan, das auch für Hamburger Verhältnisse außergewöhnlich ist.

Die beiden Flügelbauten des Hauptgebäudes der Universität Hamburg, die 2002 eröffnet wurden, waren die größte private Zuwendung seit der Einweihung der Laeiszhalle im Jahr 1908.

Mit einer sehr hohen Spende haben sie den Bau der Elbphilharmonie unterstützt.

„Die Greves“, wie die Hamburger sagen, haben die Entwicklung der Hansestadt zu einer Wissenschafts- und Kulturmetropole auf vielfältige Weise und mit dauerhafter Wirkung unterstützt. 

Sie förderten die Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften, unterstützten die Gründung der Hamburger Akademie der Wissenschaften und finanzierten eine Stiftungsprofessur zur Erforschung seltener Krankheiten sowie den Ausbau onkologischer Stationen am Universitätsklinikum Eppendorf.

Die Hochschule für Musik und Theater erhielt ein Bibliotheks- und Verwaltungsgebäude sowie neue Übungsräume.

Der „Greve-Preis der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina“ für herausragende Forschung in Medizin, Natur- und Technikwissenschaften gehört zu den bedeutendsten deutschen Preisen auf diesen Gebieten.

Mit den 1988 und 1995 gegründeten Stiftungen für Kultur und Wissenschaft haben die Eheleute Greve sichergestellt, dass ihr bürgerschaftliches Engagement auch über ihren Tod hinaus Bestand hat.

Für Hannelore Greve gehörte die Stiftungstätigkeit zu einem Schwerpunkt ihrer vielfältigen Tätigkeiten. 

Dabei hat sie ihr mäzenatisches Wirken mit persönlichem Engagement und ihrem persönlichen Interesse an Musik und Kultur verbunden. 

Ihre Vorliebe für Felix Mendelssohn Bartholdy, dessen Musik wir in diesem Gottesdienst hören, führte zur Gründung der „Internationalen Felix-Mendelssohn-Gesellschaft“, die auch die Gedenktafel hier im Michel anbringen ließ.   

Hannelore Greve hat den Aufbau eines Studiengangs Musiktherapie in Hamburg ermöglicht, der dann von anderen europäischen Universitäten übernommen wurde.

Und sie hat einen der bedeutendsten Literaturpreise im deutschsprachigen Raum gestiftet, um die Literatur in Hamburg zu fördern und stärker sichtbar zu machen. 

Sehr geehrte Damen und Herren,
Hannelore Greve hat für ihre Verdienste viele Auszeichnungen erhalten. 

Sie war Ehrensenatorin der Universität Hamburg, erhielt die Ehrendoktorwürde der Universität Tallinn und wurde mit dem Großen Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

2005 hat Hamburg Hannelore Greve und ihrem Ehemann Helmut mit der Ehrenbürgerwürde die höchste Auszeichnung unserer Stadt verliehen. 

Im Text der Urkunde heißt es:

„Die Unternehmerin Frau Professorin Dr. h. c. Hannelore Greve hat aus innerer Überzeugung und Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit eine Vielzahl kultureller und wissenschaftlicher Projekte im In- und Ausland initiiert und gefördert. […] Ihrem Wirken haben Bürgerinnen und Bürger Hamburgs viel zu verdanken.“ 

Sehr geehrte Damen und Herren,
als Ehrenbürgerin war Hannelore Greve häufig zu Gast im Rathaus. Zu Ihrem 90. Geburtstag hat der Senat sie noch einmal mit einem Senatsfrühstück im Gästehaus des Senats geehrt.

Am 16. Oktober 2023 ist Hannelore Greve nach einem langen aktiven und erfüllten Leben im Alter von fast 97 Jahren gestorben. 

Hamburg verliert mit ihr eine Ehrenbürgerin, der wir mit Dankbarkeit, Respekt und Anerkennung für ihr Lebenswerk ein ehrendes Andenken bewahren.

Ihnen, liebe Familie und Angehörige, wünsche ich viel Kraft in der Zeit der Trauer und des Abschieds von einem besonderen Menschen, eine Frau, die nicht nur in ihrem Unternehmen und ihren Projekten, nicht nur in ihren Stiftungen und in der Öffentlichkeit gewirkt, sondern als Mutter und Großmutter auch Ihr persönliches Leben geprägt hat.

Herzlichen Dank.