Hamburg.de Startseite Politik & Verwaltung Senat Reden und Dokumente
6. Oktober 2023

Trauerfeier für Hans-Ulrich Klose

Rede des Ersten Bürgermeisters Dr. Peter Tschentscher. Es gilt das gesprochene Wort.

  • Senatskanzlei
  • Sie lesen den Originaltext
Senatskanzlei Hamburg

Sehr geehrte Frau Dr. Steinbeck-Klose,
sehr geehrte Angehörige und Freunde der Familie,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Hamburgerinnen und Hamburger,

wir nehmen mit dieser Trauerfeier Abschied von unserem früheren Ersten Bürgermeister, einem profilierten Bundespolitiker und einer besonderen Hamburger Persönlichkeit.

Hans-Ulrich Klose wurde am 14. Juni 1937 in Breslau geboren und kam 1947 mit seiner Familie nach Bielefeld.

Während der Schulzeit verbrachte er ein Jahr als Austauschschüler in den USA, in einer Kleinstadt im Bundesstaat Iowa.

„Vom Glück, als junger Mensch in Amerika zu leben“ heißt ein Essay, den er 2021 für das Auswärtige Amt geschrieben hat. Er wäre damals gerne in den USA geblieben, wenn es ihm möglich gewesen wäre.

Diese prägende Erfahrung als Jugendlicher war die Grundlage für sein lebenslanges Interesse und Engagement für die deutsch-amerikanischen Beziehungen.

Nach dem Abitur studierte Hans-Ulrich Klose Jura zunächst in Freiburg im Breisgau und später in Hamburg, das zu seiner Heimatstadt wurde. Hier begann seine politische Karriere, als er 1964 Mitglied der SPD wurde, was damals gar nicht so einfach war.

Bei seinem ersten Besuch im Kurt-Schumacher-Haus wurden ihm zunächst 14 Tage Bedenkzeit verordnet, in denen er Satzung und Programm seiner zukünftigen Partei studieren sollte.

Doch der junge Hans-Ulrich ließ sich nicht beirren, wurde Mitglied der SPD, kurz darauf stellvertretender Vorsitzender der Jusos und schon 1968 stellvertretender Landesvorsitzender seiner Partei.

Es zeigte sich damit früh, dass Hans-Ulrich Klose nicht nur generell bereit war, sich politisch einzubringen, sondern dabei auch Führung und Verantwortung zu übernehmen.

Die späten 60er Jahre waren eine Zeit sozialer und politischer Umbrüche, in der die junge Generation aufbegehrte und die Demokratisierung und Öffnung der Gesellschaft einforderte.

Gemeinsam mit Studierenden der Universität erarbeitete Hans-Ulrich Klose ein neues Hochschulgesetz, das als erstes in Deutschland alle universitären Gruppen in die akademische Selbstverwaltung einbezog und 1969 von der Bürgerschaft verabschiedet wurde.

1970 wurde Hans-Ulrich Klose Mitglied der Bürgerschaft und war dort ab 1972 Fraktionsvorsitzender.

Beruflich leitete er in diesen Jahren den Zusammenschluss von drei städtischen Wohnungsunternehmen unter dem Dach der SAGA, die bis heute die größte Wohnungsbaugesellschaft unserer Stadt ist und für hunderttausende Menschen günstigen Wohnraum bereitstellt.

1973 wurde Hans-Ulrich Klose Innensenator, 1974 mit nur 37 Jahren Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg.

Er hatte sich nicht selbst lautstark um dieses Amt beworben, sondern durch seine Leistungen dafür empfohlen und die Verantwortung dann auch gerne übernommen.

Er trat sein neues Amt in bewegten Zeiten an. Mit der ersten Ölkrise 1973 hatte ein wirtschaftlicher Abschwung eingesetzt, der auch in Hamburg deutlich zu spüren war. Inflation, steigende Arbeitslosenzahlen und der beginnende Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft stellten die Stadt vor große Schwierigkeiten.

Bürgermeister Klose steuerte Hamburg durch schweres Fahrwasser und vermittelte in dieser Phase Zuversicht und Vertrauen.

Damalige Weggefährten berichten, dass ihm dies gelang, weil er direkten Kontakt zu den Menschen aufnahm, ihnen zuhörte und seine Entscheidung sorgfältig bedachte, bevor er sie traf.

Bei den Bürgerschaftswahlen 1978 erreichte Hans-Ulrich Klose für die SPD die absolute Mehrheit. 

In seinen beiden Amtszeiten stellte er viele wichtige Weichen für die weitere Entwicklung Hamburgs: die Gründung der Technischen Universität Hamburg zum Beispiel oder die Eröffnung des Neuen Elbtunnels. Die 1979 gegründete „Leitstelle für die Gleichstellung der Frau“ war die erste Einrichtung dieser Art in Deutschland.

Hans-Ulrich Klose kümmerte sich aktiv und mit Weitblick um Hamburgs Interessen in der Welt. Er reiste in die UdSSR, nach Polen und Ungarn, Saudi-Arabien, Frankreich, Mexiko, Jugoslawien und in die USA.

Hans-Ulrich Klose hatte seinen eigenen Stil. Er war pragmatisch und streitbar, wenn es um seine Überzeugung in grundlegenden Fragen ging.

So war Hamburg 1979 das erste Bundesland, das den sogenannten Radikalenerlass wieder abschaffte. „Lieber stelle ich 20 Kommunisten ein, als dass ich 200.000 junge Menschen verunsichere“, sagte er dazu.

Ein besonderes Thema war seinerzeit die Kernenergie. Die bis heute ungelöste Frage der Endlagerung von Atommüll beschäftigte ihn schon Anfang der 80er Jahre.

Als er sich für den Ausstieg aus dem Bau des Kernkraftwerks Brokdorf einsetzte, hatte er zwar die jüngere Generation, den Senat und einen Parteitagsbeschluss hinter sich, aber nicht den Parteivorstand und die Fraktion.

Am 25. Mai 1981 trat er zurück, weil er in dieser grundlegenden Frage unbedingt seiner persönlichen Überzeugung folgen wollte.

Sein Rücktritt war konsequent, das Ende seines politischen Wirkens in der Hamburger Landespolitik – und zugleich der Beginn einer zweiten politischen Karriere in der Bundespolitik.

Ab 1983 vertrat er Harburg und später auch Bergedorf für 30 Jahre als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag. Er wirkte dort unter anderem als Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, als Vizepräsident sowie als Mitglied und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses.

Auch in seiner Arbeit als Bundestagsabgeordneter hat er sich über die Parteigrenzen hinweg höchste Anerkennung erworben

Meine Damen und Herren,
rückblickend äußerte Hans-Ulrich Klose sich bisweilen nachdenklich über sein Alter in der Zeit als Bürgermeister.

Erst mit 50 habe man eine Chance, erwachsen zu werden, sagte er. „Wenn Sie Glück haben, lernen Sie bis zu diesem Alter, auch einmal scheitern zu können.“

Es waren aber gerade seine Jugend, seine geistige Offenheit, die ihn in den Jahren des Umbruchs und der Neuausrichtung zu einem guten Bürgermeister gemacht haben.

Er war kein gebürtiger Hamburger, aber Hanseat im besten Sinne: Er liebte klare Worte, Feinsinn und Humor.

Hans-Ulrich Klose hat sein Leben in den Dienst der Politik und unseres Gemeinwesens gestellt, doch war für ihn Politik nie alles im Leben. Er hat gemalt, gezeichnet und Gedichte geschrieben. Er hätte sich auch vorstellen können, Pastor auf Sylt zu sein, oder Professor in den USA.

Diese innere Gewissheit, dass es für ihn auch andere Wege geben könnte, hat ihn frei gemacht in seinem politischen Denken und Handeln.

Liebe Anne, liebe Angehörige,

Sie haben Ihren Ehemann und Vater gerade in den letzten Jahren seines Lebens eng begleitet. Bis ins hohe Alter war Hans-Ulrich auf vielfältige Weise aktiv und präsent.

Ich bin ihm zuletzt bei einer Ausstellung einiger seiner Bilder in der Hamburger Landesvertretung in Berlin begegnet.

Im Alter, wenn die physischen und psychischen Kräfte nachlassen, treten die Charaktermerkmale eines Menschen oft noch deutlicher zutage.

Hans-Ulrich war bis zuletzt freundlich und zugewandt, hatte Freude an der Begegnung und war charmant im Auftreten, ein liebenswerter Mensch.

Wir verabschieden uns von Hans-Ulrich Klose, von einem hoch angesehenen Politiker, einem beliebten ehemaligen Ersten Bürgermeister und sympathischen Botschafter Hamburgs, und werden ihm mit Hochachtung für sein Lebenswerk ein ehrendes Andenken bewahren.

Herzlichen Dank.