Hamburg hat als Welthafenstadt eine ihr durch Geschichte und Lage zugewiesene besondere Aufgabe und wirkt im Geiste des Friedens als Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern. Dabei sieht sich Hamburg fest verankert in der EU und leistet seinen Beitrag für den Erhalt und die Stärkung einer regelbasierten internationalen Ordnung und des Multilateralismus’. Das bedeutet aber auch, dass Hamburg in hohem Maß auf ein internationales regelbasiertes System, auf offene Märkte, auf eine gut funktionierende EU mit einem funktionierenden Binnenmarkt und großem inneren Zusammenhalt angewiesen ist. Lange schien all dies selbstverständlich; heute aber stehen das europäische und das internationale System erheblich unter Druck. Deshalb vereinbaren die Koalitionspartner, ihre Anstrengungen zu intensivieren, um das europäische und internationale System wieder zu stärken. Städte und Regionen können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Die dynamische Entwicklung Hamburgs ist eng mit der europäischen Einigung verbunden. Hamburg hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder von der Kooperation mit seinen europäischen Nachbarn, aber auch von den vielen Errungenschaften der europäischen Einigung profitiert, etwa der Zollunion, dem gemeinsamen Binnenmarkt, der gemeinsamen Handelspolitik oder der Einführung des Euro.
Europapolitik
Die hohe Beteiligung in Hamburg an den Wahlen zum Europäischen Parlament 2019 hat deutlich gemacht, welche große Bedeutung die europäische Integration für die Menschen in der Stadt hat und dass sie ihr Wahlrecht nutzen, um über die Europapolitik mitzuentscheiden. Die Koalitionspartner betrachten dies als Auftrag, die Politik der EU im Interesse Hamburgs weiterhin engagiert mitzugestalten, eine aktive Europapolitik zu betreiben und diese klar gegenüber den Bürger*innen zu kommunizieren.
Die Koalitionspartner werden dafür sorgen, dass Hamburg seinen Einfluss in allen wichtigen Politikfeldern, insbesondere in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, der Hafen- und Verkehrspolitik, beim Umwelt- und Klimaschutz, in der Sozial- und Beschäftigungspolitik sowie in Forschung und Wissenschaft in der EU geltend macht. Die Koalitionspartner werden sicherstellen, dass die Regelungen der EU die regionalen Besonderheiten unserer klimafreundlichen Metropole berücksichtigen, um in Hamburg die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, Innovationen zu ermöglichen und Arbeitsplätze zu schaffen.
Vertretung der Hamburger Interessen in Brüssel
In Hamburg sind die Auswirkungen europäischer Politik konkret erfahrbar. Die Koalitionspartner werden sich daher dafür einsetzen, dass die EU Ziele verfolgt, zu deren Umsetzung sie die Regionen mit den nötigen Instrumenten ausstattet. Hierauf werden die Koalitionspartner im direkten Kontakt mit den europäischen Institutionen oder über den Bundesrat und die Europaministerkonferenz hinwirken. Dem Hanse-Office, der gemeinsamen Vertretung von Hamburg und Schleswig-Holstein in Brüssel, kommt dabei eine besondere Rolle zu. Das Hanse-Office ist gleichzeitig ein konkretes Zeichen der Einbettung Hamburgs in den Norden Deutschlands und den Ostseeraum. Wir wollen das Hanse-Office noch zielgerichteter als bislang nutzen und in unsere Arbeit einbeziehen, um Hamburger Interessen in Brüssel vorzubringen, Initiativen aus Hamburg an die Institutionen der EU heranzutragen und um die Möglichkeit der Inanspruchnahme von EU-Fördermitteln zu verbessern. Vor allem in den Bereichen Infrastruktur und Verkehr, Wirtschaft und nachhaltiges Wachstum, Wissenschaft und Bildung sowie Umwelt- und Klimapolitik arbeitet Hamburg mit den Ostseeanrainern, insbesondere mit dänischen, schwedischen und norwegischen Partner*innen eng zusammen. Gerade vor dem Hintergrund der zu realisierenden festen Fehmarnbeltquerung sollen die guten Beziehungen im Sinne einer besseren verkehrlichen Anbindung sowie einer Stärkung der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und menschlichen Verbindungen weiter ausgebaut werden.
Den Brexit abfangen
Der Brexit hat deutlich gemacht, was passieren kann, wenn die Errungenschaften der europäischen Integration aufs Spiel gesetzt werden. Die Koalitionspartner setzen sich dafür ein, die negativen Folgen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU für Hamburg so weit wie möglich zu minimieren und die Chancen, die sich ergeben, bestmöglich zu nutzen.
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft sichern
In ihrem Arbeitsprogramm hat sich die neue Europäische Kommission ehrgeizige Ziele gesetzt. Diese Ziele bilden auch für Hamburg einen Rahmen zur Beantwortung zentraler Zukunftsfragen wie etwa die Gestaltung des grünen Wachstums oder der Digitalisierung. Zugleich gilt es, im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu stärken und Hamburgs wichtige Rolle im Austausch mit Drittstaaten weiter zu fördern.
Hamburg profitiert schon heute fachlich und finanziell in besonderem Maße von den europäischen Förderprogrammen. Die Koalitionspartner werden sich daher dafür einsetzen, dass die EU auch künftig Strukturprogramme wie den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und den Europäischen Sozialfond (ESF) sowie Aktionsprogramme wie „Horizon“ angemessen ausstatten wird. Die Koalitionspartner werden dafür sorgen, dass europäische Fördermittel weiterhin nach Hamburg und in die Metropolregion fließen, insbesondere um CO2-Emissionen zu reduzieren, erneuerbare Energien effizient zu nutzen und Forschung und Innovation zu fördern. Sie setzen sich dafür ein, dass Hamburger Akteur*innen bei der Antragstellung und Durchführung von Projekten im Rahmen von europäischen Förderprogrammen noch stärker inhaltlich, organisatorisch und finanziell unterstützt werden. Hierzu sollen für europäische Fonds und Förderprogramme weiterhin Hamburger Haushaltsmittel zur Ko-Finanzierung in den europapolitischen Schwerpunktbereichen bereitgestellt werden, damit die Hamburger*innen in einem hohen Maße auch von europolitischen Schwerpunkten profitieren.
Europafähigkeit der Hamburger Verwaltung ausbauen
Gleichzeitig hat Hamburg aber auch ein hohes Interesse am sozialen und territorialen Zusammenhalt der EU insgesamt. Die Koalitionspartner bekennen sich dazu, neben den besonderen Hamburgischen Interessen auch den Zusammenhalt der EU im Blick zu halten, und sich solidarisch mit anderen Regionen zu verhalten.
Um sicherzustellen, dass Hamburg seine Interessen effektiv in die europapolitische Diskussion einbringen, konkrete Maßnahmen vor Ort im Einklang mit dem europäischen Recht umsetzen und europäische Fördermittel effektiv nutzen kann, ist es erforderlich, die Europafähigkeit der Hamburgischen Verwaltung zu sichern und weiter auszubauen. Daher werden die Koalitionspartner ein Konzept entwickeln, wie die Hamburger Verwaltung durch spezifische Fortbildungsmaßnahmen und durch gezielte Entsendung in die europäischen Institutionen noch besser Fachwissen erlangen, Erfahrungen sammeln und Netzwerke aufbauen kann, die für ihre Arbeit im Dienste unserer Stadt von Nutzen sein können.
Die deutsche Ratspräsidentschaft nutzen
Die Koalitionspartner wollen Anlässe wie die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 dafür nutzen, die Arbeit der europäischen Institutionen und die Vorteile, die Hamburg aus der EU zieht, besser in unsere Stadt zu kommunizieren. Dazu zählt auch die Ausrichtung der European Social Service Conference, die Corona-bedingt um ein Jahr in den Sommer 2021 verschoben werden musste.
Bürger*innen, die bislang weniger Kontakt zur EU haben, sollen besonders in den Fokus genommen werden. Außerdem wollen wir über die Schulen und die Jugendarbeit einen besseren Zugang zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen gewinnen. Gerade die junge Generation braucht Gelegenheiten, um zu erleben, dass Europapolitik nichts Entferntes ist, das aus Brüssel kommt, sondern dass sie konkret vor Ort mitgestaltet werden kann. Das Europawissen an Schulen soll weiter gestärkt werden. Hierzu sollen Bildungspläne überprüfen und Schüler*innenaustausche an allen Schulformen weiterhin gefördert werden.
Stärkung des Multilateralismus
Über die EU hinaus leisten Hamburgs vielfältige Kooperationen mit nahezu allen Regionen der Welt einen Beitrag zur Stärkung des Multilateralismus’ und zu einem weltweiten Eintreten für Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Pluralismus, den Schutz von Minderheiten und einer offenen Gesellschaft.
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat als traditionelle Weltstadt und aufgrund ihrer geografischen Lage als Handelsstandort ein stark ausgeprägtes internationales Lebensgefühl. Hamburg nimmt seine internationale Verantwortung wahr und wird seine Stärken als internationale Metropole weiter ausbauen. Denn Metropolen der Zukunft müssen weiterhin ein weltoffenes und vielfältiges Lebensumfeld bieten, um für Menschen aus dem In- und Ausland attraktiv zu bleiben. Die Koalitionspartner vereinbaren, Hamburgs Bemühungen zur Internationalisierung unter Einbeziehung aller Politikbereiche und Behörden gerade jetzt konsequent voranzutreiben. Die Corona-Pandemie und die damit verbundene zeitweise Abschottung von Staaten und Gesellschaften machen gerade in den kommenden Jahren eine aktive, nach außen gerichtete Politik notwendig. Der von den Koalitionspartnern getragene Senat wird dafür sorgen, dass Hamburg sich in Europa und weltweit weiter als wichtige internationale Metropole profilieren kann. Dazu werden die Koalitionspartner auch die bestehenden Hamburg-Vertretungen im Ausland erhalten, weiter stärken und vor Ort auf einen breit angelegten Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Kultur und Zivilgesellschaft hinarbeiten.
Die Verbindungen Hamburgs in die Welt stärken
Die gegenwärtigen internationalen geostrategischen Verschiebungen erschweren häufig bestehende Handelswege und -verbindungen oder stellen diese in Frage. Die Corona- Pandemie hat zuletzt eindringlich die Verwundbarkeit des internationalen Handels gezeigt. Für die Hamburger Wirtschaft sind diese Entwicklungen mit besonderen Herausforderungen verbunden. Die Lage eröffnet aber auch neue Möglichkeiten für ein faireres internationales Handelssystem. Dabei wollen wir erreichen, dass Gesundheits-, Umwelt- und Arbeitnehmer*innenrechte sowie Verbraucher*innen- und Datenschutz gestärkt werden. Diese Chancen gilt es für Hamburg zu identifizieren und entschlossen zu nutzen. Auch deshalb gilt es gerade jetzt, die Verbindungen Hamburgs in die Welt weiter zu stärken.
Die Koalitionspartner werden sich dafür einsetzen, die akademischen Einrichtungen, die sich in Hamburg mit der Analyse von internationalen Beziehungen beschäftigen, zu stärken und zu vernetzen, auch durch die Arbeit der Landesvertretung in Berlin und das Hanse Office in Brüssel.
Wir wollen den fairen Handel weiter fördern, um das Angebot fair gehandelter Produkte weiter zu steigern. So werden wir zur Stärkung des lokalen zivilgesellschaftlichen Engagements für globale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung das Eine-Welt-Promoter*innenprogramm und die Fair-Trade-Stadt Hamburg ausbauen. Wir unterstützen die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung und werden daher auf Bundesebene ein entsprechendes Lieferkettengesetz unterstützen, um Hamburg weiter als internationalen Handelsstandort mit ethischer Verantwortung zu profilieren. Zudem werden wir die nachhaltige öffentliche Beschaffung weiter verbessern.
Internationale Vernetzung
Hamburg sieht sich in seiner Rolle als international ausgerichtete Metropole und angesichts seiner historischen Verantwortung in der Pflicht, im Rahmen seiner Möglichkeiten aktive Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit zu leisten. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen zur Umsetzung der Agenda 2030 und des Klimaschutzes. Ein Schwerpunkt soll der Ausbau der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit im Rahmen der Städtepartnerschaften sein. Die Menschenrechtslage bleibt dabei bei allen partnerschaftlichen Beziehungen der Stadt im Fokus.
Der Rat für Nachhaltige Entwicklungspolitik (RANEP) soll auch für die neue Legislatur eingesetzt und mandatiert werden, den Senat in Hamburg zu beraten. Sein Initiativrecht soll beibehalten bleiben.
Hamburg ist nicht nur ein großer Konsularstandort mit rund 100 Konsulaten, sondern ist mit dem Internationalen Seegerichtshof, dem UNESCO-Institut für das lebenslange Lernen und der EU-Lateinamerika-Karibik-Stiftung (EU-LAC) auch Sitz wichtiger internationaler Organisationen. Die Koalitionspartner werden die freundschaftlichen Beziehungen zu diesen Einrichtungen, die wichtige Impulse für die internationalen Beziehungen der Hamburger Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft geben, weiter pflegen.
"Städtediplomatie"
Viele der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit sehen wir wie in einem Brennglas in Metropolen: Fragen von Mobilität, von wirtschaftlicher Innovation, von Wohnraum, von Integration und sozialem Zusammenhalt. Metropolen haben aber auch am ehesten das innovative Potenzial, Lösungen für diese Probleme zu finden. Hamburg kann dabei nicht nur seine Netzwerke mit anderen Städten in Europa und der Welt nutzen. Als Stadtstaat stehen Hamburg auch die zusätzliche Arena der Bundesländer und Regionen in Deutschland, Europa und weltweit zur Verfügung. Die Koalitionspartner wollen alle diese Arenen nutzen und miteinander verzahnen. Im Sinne einer „Städtediplomatie“ will Hamburg seine Beziehungen zu anderen Metropolen intensivieren, um gemeinsam innovatives Potenzial zu heben, die Beziehungen zwischen den Menschen zu intensivieren und politische Kontakte zu pflegen. Hierin sieht Hamburg auch einen Beitrag zur Völkerverständigung.
Internationaler Austausch
Gerade für die junge Generation ist es wichtig, dass Europa und die Welt erfahr- und erlebbar gemacht werden. Die Koalitionspartner unterstreichen den Wert von internationalen Austausch- und Begegnungsprogrammen nach der Überwindung der Corona-Pandemie und setzen sich für eine Stärkung dieser Programme, auch über den Weg des Schüler*innen- und Jugendaustausches, ein.
Städtepartnerschaften
Hamburg unterhält insgesamt neun Städtepartnerschaften (St. Petersburg, Marseille, Shanghai, Dresden, León, Osaka, Prag, Chicago und Dar Es Salaam). Die Koalitionspartner schaffen die Voraussetzungen dafür, dass die Städtepartnerschaften auch weiterhin von möglichst vielen Bürger*innen, zivilgesellschaftlichen Organisationen, der Hamburgischen Bürgerschaft, dem Senat und möglichst vielen seiner Behörden, der Hamburger Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur getragen werden.
Neben den etablierten Städtepartnerschaften entwickeln die Koalitionspartner neue strategische Partnerschaften, die sich auf bestimmte Kooperationsfelder beziehen und die zeitlich befristet sind. Strategische Partnerschaften sollten insbesondere mit Städten und Regionen eingegangen werden, die mit Hamburg vergleichbare wirtschaftliche, wissenschaftliche, stadtentwicklungspolitische und verkehrspolitische Ausrichtungen haben und mit denen Hamburg auf den genannten Themenfeldern einen Austausch auf Augenhöhe pflegen und neue Ideen generieren kann.
Atomwaffenfreies Hamburg
Die Koalitionsparteien begrüßen die Annahme des Vertrages zum Verbot von Atomwaffen durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen am 7. Juli 2017 und teilen die Ziele des ICAN-Städteappells.