Termin:
Mittwoch, 22. März 2023, 19:00 Uhr, Dauer: ca. 85 Minuten (ohne Pause)
Ort:
Zentralbibliothek der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen, Hühnerposten 1 (Eingang Arno-Schmidt-Platz), 20097 Hamburg
Eintritt frei.
Um Anmeldung wird gebeten. Über das Ticketsystem der Bücherhallen Hamburg unter folgendem Link:
www.buecherhallen.de/zentralbibliothek-termin/was-waere-wenn-gefaehrdungen-der-demokratie.html?day=20230322×=1679508000,1679513400
Am 19. April 1945 schworen sich die Befreiten des KZ Buchenwald in einer bewegenden Ansprache den „Nazismus mit seinen Wurzeln“ zu vernichten. Doch schon unmittelbar nach dem Untergang des NS-Regimes lebte in Deutschland rechtsextremes Gedankengut wieder auf. Seit 1945 fielen immer wieder Menschen rechtsextremer und rassistischer Gewalt zum Opfer. Seit ihrer Gründung sind in der Bundesrepublik Deutschland Rechtsextremismus, rechtsextreme Übergriffe, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Gewalt und Terror immer wieder Realität geworden, zuletzt etwa in Halle/Saale oder in Hanau.

Bild: © Daniel Haecker Photography
Mit ihrem knapp eineinhalbstündigen Programm aus Lesung und Kammermusik fordern Roman Knižka und das Ensemble OPUS 45 dazu auf, sich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen. Anliegen ist es außerdem, der Opfer rechter Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland zu gedenken. Der Titel des Abends ist ein Zitat des italienischen Schriftstellers Primo Levi. Der Auschwitz-Überlebende warnte im Jahr 1986 davor, im Gedenken an die Verbrechen des Holocaust nachzulassen: „Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen: Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben.“
Schlaglichtartig beleuchtet das Programm einschneidende Ereignisse in der Entwicklung der extremen Rechten seit der Gründung der Bundesrepublik, unter anderem die Schändung der Kölner Synagoge im Jahr 1959, das Attentat auf Rudi Dutschke, das Oktoberfestattentat in München, die Pogrome von Eberswalde, Mölln und Rostock, die rechtsextremen Terrorakte des NSU, den Mord an Walter Lübcke, den versuchten Massenmord an Juden am Versöhnungstag (Jom Kippur) in Halle/Saale und die Morde im hessischen Hanau. Zu Gehör kommen harte Fakten in Form von Reportagen, Stimmen von Opfern rechter Gewalt sowie das Zeugnis einer Neonazi-Aussteigerin.
Den musikalischen Kommentar, stellenweise auch Kontrapunkt zur Lesung, bilden große Werke der Bläserquintettliteratur von Paul Hindemith, Pavel Haas und Gyorgy Ligeti – drei Komponisten, die zu Opfern von Holocaust und nationalsozialistischer Diktatur wurden.
Der bereits arrivierte Komponist und Hochschulprofessor Paul Hindemith wurde als Verfasser sogenannter „entarteter Musik“ bereits 1936 von der nationalsozialistischen Kulturpolitik mit einem Aufführungsverbot belegt. Er gab daraufhin seinen Lehrauftrag an der Berliner Hochschule zurück und kehrte Hitler-Deutschland den Rücken.
Pavel Haas, der hochbegabte tschechisch-jüdische Komponist und Schuler Leoš Janačeks, wurde im KZ Theresienstadt interniert und später in Auschwitz ermordet. Seine Werke blieben, wie die vieler von den Nazis ausgelöschter Begabungen, lange Zeit vergessen und finden erst seit kurzem wieder die ihnen gebührende Aufmerksamkeit.
Gyorgy Ligeti verlor Vater und Bruder in deutschen Konzentrationslagern. Als engagierter Neuerer der klassischen Musik widersetzte er sich später dem ästhetischen Diktat im stalinistisch geprägten Ungarn.
Verantwortlich: Dr. Sabine Bamberger-Stemmann
Die Künstlerinnen und Künstler:
Roman Knižka wurde 1970 in Bautzen geboren, erlernte an der Dresdener Semperoper zunächst den Beruf des Theatertischlers und verließ die DDR noch vor dem Mauerfall. Nach seinem Studium an der Bochumer Schauspielschule spielte er zunächst am dortigen Schauspielhaus und begann dann, sich einen Namen in TV-Dramen, „Tatorten“ und diversen Kinoproduktionen zu machen.
Das Bläserquintett OPUS 45 gründete sich bei einem Berliner Orchesterprojekt: Johannes Brahms’ „Ein deutsches Requiem“ (opus 45) stand auf dem Programm und ist seither namensgebend. Das Bläserquintett, bestehend aus Musikerinnen und Musikern der Hamburgischen Staatsoper, des Beethovenorchesters Bonn und der NDR Radiophilharmonie Hannover, beschreitet seit einiger Zeit gemeinsam mit dem Schauspieler Roman Knižka neue, disziplinübergreifende Wege. So entstanden literarische Kammermusikabende, die in der deutschsprachigen Konzertlandschaft einmalig sind, etwa das Programm zum NS-Widerstand („Den Nazis eine schallende Ohrfeige versetzen!“, das im Herbst 2022 durch die Landeszentrale in Hamburg ermöglicht wurde) oder die szenische Lesung zu Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland, die das Ensemble mit dem Primo-Levi-Zitat „Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen …“ betitelte und das Programm „Ich hatte einst ein schönes Vaterland …“ über 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland zurück (siehe 20. März 2023).
Bereits im Juni 2022 erschien die erste DVD des Ensembles, das o.g. Programm zum NS-Widerstand „Den Nazis eine schallende Ohrfeige versetzen!“ in Kooperation mit diversen Landeszentralen, darunter auch in Hamburg, und der Bundeszentrale für politische Bildung. Film und pädagogisches Begleitmaterial wurden aufwändig digital aufbereitet und können als Referenz hier eingesehen werden: www.opus45-derfilm.de und im Infoladen der Landeszentrale politische Bildung abgeholt werden.