„Wir haben in den vergangenen Monaten unterschiedliche Szenarien zur Umsetzung des Volksentscheids in rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht geprüft und dazu konstruktive Gespräche mit Vattenfall geführt“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher heute. „Die Ausübung der 2014 mit Vattenfall vereinbarten Option zur vollständigen Übernahme der Fernwärmegesellschaft zum 1. Januar 2019 hat sich als die beste Lösung erwiesen, um im Zusammenwirken mit den anderen städtischen Unternehmen eine klimaschonende Fernwärmeversorgung aufzubauen, stabile Preise für die Kunden sicherzustellen und das Fernwärmenetz zeitnah und sicher in die öffentliche Hand zu übernehmen.“
Vorausgegangen waren intensive rechtliche, technische und wirtschaftliche Prüfungen unter Einbeziehung externer Gutachter. Nachdem ein standardisiertes Wertgutachten im Auftrag der HGV den Wert des Fernwärmenetzes im Frühjahr auf 645,1 Millionen Euro taxiert hatte, war unter anderem zu prüfen, inwieweit die Landeshaushaltsordnung bei den gegebenen Bedingungen das Ziehen der Kauf-Option verbietet oder maßgebliche andere rechtliche Vorgaben zu beachten sind. Die noch final in der Auswertung befindlichen Gutachten haben die rechtlichen Fragen soweit geklärt, dass von einer Zulässigkeit der Ausübung der Call Option ausgegangen werden kann.
Umweltbehörde und Vattenfall haben darüber hinaus in den vergangenen Monaten ein technisches Konzept erstellt, das einen schrittweisen Kohleausstieg bei der Fernwärmeversorgung ermöglicht und keine Preissteigerungen begründet, die über die allgemeine Entwicklung im Energiemarkt hinausgehen. Damit wird dem Volksentscheid Rechnung getragen, die Fernwärmeversorgung klima- und sozialverträglich weiterzuentwickeln.
Die wirtschaftlichen Prüfungen werden derzeit final ausgewertet und in der Bürgerschaftsmitteilung umfassend dargestellt. Der für die städtische Kaufentscheidung maßgebliche subjektive Käuferwert liegt danach dabei deutlich über dem im Frühjahr ermittelten Unternehmenswert. Ursächlich dafür ist unter anderem, dass sich bei Integration der Wärmegesellschaft in den HGV-Konzernverbund steuerliche Vorteile ergeben. Zu berücksichtigen war auch, dass eindeutige und verbindliche Erklärungen auf Bundesebene erwarten lassen, dass die KWK-Förderung auch in den 2020er Jahren fortgeführt wird.
Angesichts der komplexen Gesamtlage wurde parallel gleichwohl mit Vattenfall konstruktiv und vertrauensvoll über eine ‚gestreckte Umsetzung‘ des Volksentscheides als alternatives Szenario verhandelt, die eine deutliche Erhöhung der Anteile der Stadt an der VWH, eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit gemeinsamer Umsetzung des Investitionsprogramms und eine Verlängerung der Kaufoption um zehn Jahre beinhaltete. Hier wurden zwar maßgebliche Fortschritte erzielt, aber zu einer aus städtischer Sicht notwendigen Erhöhung der Beteiligung von mehr als 50 Prozent schon im nächsten Jahr war mit Vattenfall kein Konsens zu erzielen.
Begleitet wurden diese Verhandlungen durch konstruktive Gespräche mit der Gewerkschafts- und Arbeitnehmerseite, in denen sich der Senat verpflichtet hat, wie bei Strom- und Gasnetz auch die Arbeitnehmerinteressen vollständig zu wahren.
Finanzsenator Dr. Andreas Dressel: „Wir fühlen uns der Umsetzung des Volksentscheids von 2013 verpflichtet. Genau wie beim Strom- und Gasnetz ging und geht es bei der Fernwärme darum, einen rechtlich sicheren, wirtschaftlich tragfähigen und technisch machbaren Weg hierfür zu finden. Um die Interessen der Stadt und des Volkentscheides zu wahren, war es daher richtig und notwendig, alle Chancen und Risiken umfassend und sorgfältig zu prüfen. Nun haben wir eine sachgerechte Entscheidungsgrundlage, die wir selbstverständlich nach dem Senatsbeschluss auch der Bürgerschaft transparent machen werden. Anders als bei Strom und Gas geht es aber nicht nur um einen reinen Anteilserwerb, sondern auch um die Erneuerung der Erzeugungsanlagen, die Teil des Fernwärmenetzes sind. Hier müssen wir, um dem zweiten Teil des Volksentscheides Rechnung zu tragen, einen schnellstmöglichen Kohleausstieg und einen Ersatz des abgängigen Heizkraftwerks Wedel erreichen - gleichermaßen sozial- und klimaverträglich. Vor diesem Hintergrund war es auch richtig, auszuloten, ob gemeinsam mit dem bisherigen Mehrheitseigentümer Vattenfall eine einvernehmliche Kooperation im Sinne des Volkentscheides möglich gewesen wäre – die Verhandlungsfortschritte für ein Konsensmodell waren zwar beachtlich, im Sinne des Volksentscheids aber nicht ausreichend. Insofern ist die Ausübung der Kaufoption wahrlich keine leichtfertige, aber eine umfassend abgewogene Entscheidung. Der Umsetzungsweg wird nicht einfach. Wir sind nach den zahlreichen Gutachten und Prüfungen gut vorbereitet und setzen auf eine fairen Carve-Out-Prozess mit Vattenfall.“