„Die Freiheit der Person ist unverletzlich und stellt ein besonders hohes Rechtsgut dar, in das nur aus wichtigen Gründen eingegriffen werden darf. Dennoch sind Zwangsmaßnahmen in manchen Fällen unvermeidlich, wenn die Patientinnen und Patienten mit schwersten psychischen Erkrankungen sich oder andere gefährden. Die Schwelle für solche Eingriffe war schon bisher in Hamburg sehr hoch und die Hamburger Krankenhäuser setzen dieses Instrument verantwortungsvoll und zurückhaltend ein. Mit der Neuregelung werden die Rechte der Betroffenen noch einmal gestärkt“, so Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks.
Hamburgs Justizsenator Dr. Till Steffen ergänzt: „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts setzt neue Maßstäbe und stärkt die Rechte der Betroffenen. Wir führen mit dem Richtervorbehalt nun eine rechtsstaatliche Kontrolle der freiheitsentziehenden Maßnahme der Fixierung ein. Mit dem richterlichen Eildienst erhöhen wir den Rechtsschutz und bringen wir die Praxis in den Einrichtungen in Einklang mit den Anforderungen aus Karlsruhe. Damit ermöglichen wir rechtssicheres und schnelles Handeln in Ausnahmesituationen.“
Durch den heute vom Senat verabschiedeten Gesetzesentwurf wird nunmehr neu geregelt, dass bei Fixierungen zumindest sämtlicher Gliedmaßen, wobei es sich insbesondere um so genannte 5-Punkt- und 7-Punkt-Fixierungen handelt, die absehbar länger als eine halbe Stunde dauern, ein Richtervorbehalt vorgesehen ist. Das Bundesverfassungsgericht gibt dabei vor, dass dafür täglich zwischen 6 und 21 Uhr ein richterlicher Bereitschaftsdienst zur Verfügung stehen muss. Um die notwendige Reaktionsschnelligkeit an den Gerichten zu garantieren, wird der Senat bedarfsgerecht neue Stellen für Richter und Servicekräfte zur Verfügung stellen.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich auf Menschen, die öffentlich-rechtlich in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung in Krankenhäusern untergebracht sind. Die Entscheidung ist jedoch auch auf Fixierungen in anderen hoheitlichen Bereichen, wie zum Beispiel im Straf- und Maßregelvollzug und bei der Abschiebehaft, übertragbar.
Schon nach bisheriger Rechtslage ist sichergestellt, dass die Fixierung nur als letztes Mittel angewandt wird, wenn kein milderes Mittel mehr in Betracht kommt. Ferner muss die Fixierung auch heute schon von einem Arzt in medizinischen Einrichtungen beziehungsweise der Anstaltsleitung im Vollzug angeordnet werden und die fixierte Person grundsätzlich ständig und in geeigneter Weise persönlich betreut werden. Die vom Bundesverfassungsgericht formulierten Dokumentationsanforderungen werden in Hamburg bereits durch das Hamburgische Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (HmbPsychKG) in der aktuell geltenden Fassung erfüllt.
Hamburg ist derzeit das einzige Bundesland, das die Zahl der angewandten Zwangsmaßnahmen in psychiatrischen Abteilungen von Krankenhäusern nach dem HmbPsychKG nicht nur systematisch erfasst, sondern in Form einer Drucksache dem Parlament und der Öffentlichkeit regelmäßig zugänglich macht. Deshalb ist für Hamburg dokumentiert, dass es in 2017 lediglich in 2,7 Prozent der insgesamt rund 24.000 behandelten Fälle zu einer Fixierung kam.