Das Kunstwerk erinnert an die Vergangenheit des Ortes als ehemaliger Sitz der Polizei und Gestapo und verweist auf die Folgen von Willkür, Gewalt und Verdrängung.
Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Direkt vor den Stadthöfen erinnert das Kunstwerk Stigma künftig weithin sichtbar und spürbar an die Verbrechen, die an diesem Ort begangen wurden. Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper haben ein Denkzeichen geschaffen, an dem man buchstäblich nicht vorbei kommt. Man kann es nicht übersehen und man spürt beim Überqueren, dass hier etwas anders ist, dass dieser Ort uns etwas zu erzählen hat und wir uns mit der Geschichte dieses Ortes auseinandersetzen müssen. Die Fertigstellung von Stigma unterstreicht die Bedeutung dieses Ortes und trägt die Auseinandersetzung mit unserer Geschichte in die Breite der Gesellschaft.“
Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper: „Granit ist kein Papier! Die Realisation von Stigma war eine härtere und längere Kraftanstrengung als gedacht. Um die Randsteine des Reliefs herzustellen, wurden die acht Zentimeter starken Granitplatten mit einer Trennscheibe vorgefräst und dann mit dem Spalteisen individuell gebrochen. Die Außenkante des Reliefs entwickelte sich durch wiederholtes Aus- und Umlegen der schweren Bruchsteine. Nach Fertigstellung der Form wurden die Zwischenräume in zwei Schichten mit Granulat und Splitt verfüllt. Dieser Prozess verlangte Geduld – wir waren vom Wetter abhängig. Aber der große Aufwand hat sich mehr als nur gelohnt: Alle Passantinnen und Passanten, die das Bodenrelief betreten, geraten ganz unmittelbar ins Nachdenken über den Sinn oder Unsinn der Bruchspur. Und sie stellen Fragen.“
Stigma und der Ort des Gedenkens
Auf Vorschlag des Beirats zur Begleitung der Entwicklung des Geschichtsortes Stadthaus hatte die Stadt insgesamt 280.000 Euro bereitgestellt, um vor dem ehemaligen Stadthaus ein deutliches Denkzeichen zu setzen. Mit dem Entwurf für Stigma gewannen missing icons 2019 den ersten Preis eines künstlerischen Wettbewerbs, den die Behörde für Kultur und Medien ausgeschrieben hatte. Das Kunstwerk erstreckt sich von der Ecke Stadthausbrücke/Neuer Wall entlang des ehemaligen Hauptsitzes der Gestapo bis zur Brücke über das Bleichenfleet. Das Kunstwerk ergänzt weithin sichtbar die bauhistorische Ausstellung im Arkadengang, die Installationen im sogenannten Seufzergang und den Geschichtsort, der unter der Verantwortung der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte bald wieder öffentlich zugänglich sein soll. Ergänzend finden auch Führungen zu der Geschichte des Ortes statt.
Weitere Infos: www.gedenkstaetten-in-hamburg.de/gedenkstaetten/zeige/geschichtsort-stadthaus
http://missingicons.de/blog/wettbewerbe/stigma-wiedergutmachungsversuche/
Die Künstlerinnen
Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper arbeiten seit 2013 zusammen an bildnerisch-bildhauerischen Projekten für Kunst-am-Bau-Wettbewerbe und Ausstellungen und gründeten 2017 das Label missing icons. Sie materialisieren Verdrängtes, Verschwundenes, Unbestimmtes und Unvorstellbares im öffentlichen Raum. Ende letzten Jahres wurde von ihnen „Rolihlahla – Troublemaker – Unruhestifter“, ein Rohdiamant in einer Acrylglasstele, auf dem Nelson-Mandela-Platz in Nürnberg eingeweiht. Im zukünftigen Sitz der Bundesministerien für Gesundheit und Familie in Berlin wird zudem derzeit von den Künstlerinnen das Bohrlochrelief „Untiefen“ realisiert.
Mehr Infos: http://missingicons.de/