Die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz hat schwerpunktmäßig stichprobenartige Überprüfungen von Kindertragen veranlasst. Dazu wurden insgesamt 39 Modelle verschiedener Preiskategorien aus dem Handel entnommen, 35 Modelle davon über mehrere Online-Plattformen sowie vier Modelle aus dem stationären Fachhandel. Anschließend wurden die Kindertragen von einem akkreditierten Prüfinstitut auf ihre Qualität hin untersucht. Im Vordergrund standen bei den qualitativen Anforderungen die Sicherheit beim Tragen, vor allem der ausreichende Schutz vor einem Durchrutschen bzw. Herausfallen des Kindes.
Mit wenigen Ausnahmen wurden bei fast allen Modellen Mängel festgestellt, davon in 31 Fällen formale Mängel mit bzw. ohne Sicherheitsrelevanz (z.B. fehlende Angaben zum Hersteller oder Modell, fehlende Warnhinweise oder Angaben zum Mindest- und Höchstgewicht des Kindes oder eine fehlende Gebrauchsanleitung). In 25 Fällen traten sogar sicherheitsrelevante technische Mängel auf, die bei 21 Modellen ein ernstes Risiko begründen. Hierbei bestand kein ausreichender Schutz gegen ein Herausfallen des Kindes. Stürze und somit ernsthafte Verletzungen des Kindes sind dadurch nicht auszuschließen. Keine Beanstandungen gab es bei den vier im stationären Fachhandel erworbenen Produkte.
Die Behörde hat für die Fälle von Mängeln Meldungen an das Europäische Schnellwarnsystem Safety Gate (RAPEX) veranlasst. Für mehrere Produkte wurden Rückrufe veranlasst. In vier Fällen ergriffen die Händler trotz Anhörung und behördlicher Anordnung bisher keine eigenen ausreichenden Korrekturmaßnahmen. Dies betrifft die folgenden Händler und verkauften Modelle, vor denen nun gewarnt wird:
Händler | Marke/Model |
Wuhan Weilan Dianzishangwu Ltd, China | UK-A68101, Charge 20.08.2022 |
KELI Shop, Frankreich | TIANER / FNCF, EAN 5466284584226 |
DAS HANDEL S.R.O., Tschechien | Lorelli®, Journey, EAN 3800151989400, Charge PO 033795 |
QHZD_Store, China | Ainomi®, UA 8908, EAN 5712476004479 |
Die Warnmeldungen zu allen Kindertragen, von denen ein ernstes Risiko ausgeht, sind im Safety Gate (RAPEX), dem Schnellwarnsystem der EU für gefährliche Non-Food-Produkte, unter dem Stichwort "baby carrier" und der Auswahl "Germany" unter "Notifying country" zu finden.
Das Ergebnis der jüngsten Schwerpunktüberprüfung von Kindertragen ist bedenklich, weil es zeigt, dass es am Markt ein breites Angebot von Tragen gibt, die keinen zuverlässigen Schutz für die darin getragenen Kinder bieten. Die Marktüberwachung der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz hat dies zum Anlass genommen, zu Kindertragen beim Zollamt Hamburg die Schaltung eines regionalen Risikoprofiles zu veranlassen. Dadurch werden die entsprechenden Produkte bei der Einfuhr zunächst angehalten, um sie genau überprüfen und gefährliche Produkte vom Binnenmarkt fernhalten zu können.
Hintergrund
Die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz ist unter anderem zuständig für die Marktüberwachung von Verbraucherprodukten. Dazu werden auch regelmäßig Stichproben von einzelnen Produkten im stationären oder auch Online-Handel entnommen und auf formelle und sicherheitstechnische Mängel überprüft. In regelmäßigen Abständen werden zudem Schwerpunktkontrollen in einzelnen Produktsegmenten durchgeführt, bei denen mehrere Modelle unterschiedlicher Anbieter dem Markt entnommen und überprüft werden.
In Kindertragen werden insbesondere Säuglinge direkt am Körper getragen. Ihre Herstellung und ihr Vertrieb müssen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben des Produktsicherheitsgesetzes erfolgen. Hier werden besondere Ansprüche gestellt, die in der Europäischen Norm EN 13209-2:2015 (bzw. für Kindertragen ohne integrierte Beinöffnungen der Norm des CEN/TR 16512:2015) normiert sind.