Rund 50 Prozent der globalen CO2-Emissionen und mehr als 90 Prozent des Verlusts an Biodiversität sind direkt oder indirekt auf die Rohstoffförderung und -verarbeitung zurückzuführen. Die bisherigen Produktions- und Konsummuster, bei denen Rohstoffe aus der Natur entnommen und als Abfall entsorgt werden („take-make-waste“) müssen daher dringend überdacht werden. Die Lösung heißt zirkuläre Wirtschaft (engl. Circular Economy). Dieses Konzept beschreibt ein nachhaltiges System, in dem in möglichst geschlossenen Kreisläufen gedacht und gehandelt wird. So werden der wirtschaftliche und gesellschaftliche Nutzen von Produkten, Komponenten und Materialien unter Beachtung der planetaren Grenzen langfristig gesichert.
Im Rahmen des Jupiter Campus der Uni Hamburg hat die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA), gemeinsam mit dem Institute for Innovation, Climate Protection, and Circular Economy (HiiCCE), der Fab City Hamburg e. V. und dem New Production Institute der Helmut-Schmidt-Universität einen Ort zur Information und Vernetzung für Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft geschaffen, um Hamburgs zirkuläre Zukunft zu diskutieren und Wege aufzuzeigen.
Eine gute Basis hierfür liefert die Studie „Hamburgs Potentiale für zirkuläres Wirtschaften in einer Green Economy“ (siehe Link zur Studie weiter unten) vom Wuppertal Institut und HiiCCE, die der Senator bei der Eröffnung des Pop-up Circular Hub vorstellte. Neben den regulatorischen Rahmenbedingungen und den großen aktuellen Transformationsprozessen beschäftigt sich die Studie intensiv mit der Hamburger Wirtschaftsstruktur, den Akteuren der Circular Economy sowie guten Beispielen für gelungene zirkuläre Strategien weltweit und leitet daraus Potenziale für die zirkuläre Wirtschaft in Hamburg sowie konkrete Handlungsempfehlungen ab.
Umweltsenator Jens Kerstan: „Eine Stadt wie Hamburg verbraucht viele Ressourcen, sie bietet aber auch erhebliches Potenzial für Innovationen, Kooperation und nachhaltiges Wirtschaften. Wir wollen dieses Potenzial nutzen und uns gemeinsam auf den Weg machen in eine Zukunft, in der Ressourcen nicht verschwendet werden. Wo Designer Produkte erschaffen, die lange halten, reparier- und recyclebar sind, in der Unternehmen Wertstoffe über ihre Grenzen hinweg im Kreislauf führen und das Teilen von Gebrauchsgegenständen alltäglich wird. Dies geht in unserer komplexen Welt nur gemeinsam. Die Studie „Hamburgs Potentiale für zirkuläres Wirtschaften in einer Green Economy“ hat festgestellt, dass wir in unserer Stadt bereits eine sehr aktive Szene rund um die zirkuläre Wirtschaft haben, es jedoch noch an Vernetzung und Unterstützung fehlt. Ich freue mich daher sehr, dass wir im Pop-up Circular Hub einen Ort für Austausch und Kooperation schaffen. Und dabei bleibt es nicht. Wir werden dem Thema in unserer Stadt mit einer gemeinsamen Kreislaufwirtschaftsstrategie für die Zukunft ein Konzept und eine Richtung geben. Denn Hamburg ist vom Deutschen Institut für Urbanistik als Modellstadt im Projekt ‚Kreislaufwirtschaft – Chancen für Resilienz und Wertschöpfung‘ ausgewählt worden. Ziel dieses Projektes ist es, bis Anfang 2025 modellhaft eine gesamtstädtische Circular Economy-Strategie und einen Aktionsplan mit Bezug zur Wirtschaftsförderung zu entwickeln.“
Thorsten Sprunk, Geschäftsführer HiiCCE GmbH: „Unser An-Institut Hamburg Institute for Innovation, Climate Protection, and Circular Economy (HiiCCE) bündelt die einzigartige Kompetenz und jahrzehntelange Erfahrungen aus den Bereichen Abfallwirtschaft, Wissenschaft und Umweltberatung. Dieses Know-how möchten wir auch zum Circular Hub beisteuern und in der Zusammenarbeit mit den Partner:innen dazulernen. Seit Jahren beschäftigen wir uns mit den Themen, wie die kommunale Abfallwirtschaft einen Beitrag zur Energiewende leisten kann und welche Chancen die Kreislaufwirtschaft bietet. Mit dem Zentrum für Ressourcen und Energie (ZRE) bauen wir im Westen Hamburgs ein Pionierprojekt und Meilenstein der Abfallwirtschaft. Hier sollen bald etwa 9.600 Tonnen an Wertstoffen pro Jahr durch eine mehrstufige Hausmüllsortieranlage für Recyclingprozesse zurückgewonnen werden und durch die thermische Abfallbehandlung zusätzliche klimafreundliche Energie erzeugt werden. Aber welche Strategien wirken, um die Ressourcen vor der Sortierung im Prozess zu halten? Welchen Beitrag kann die Abfallwirtschaft dabei leisten? Wir sind offen für Neues und sehr gespannt auf die Podiumsdiskussionen, Workshops und Fachvorträge.”
Axel Sylvester, Geschäftsführer Fab City Hamburg e. V.: „Hamburg ist 2019 dem weltweiten Netzwerk Fab Cities beigetreten. In diesem Netzwerk haben sich die beteiligten Städte und Regionen das Ziel gesetzt, ihre Ökonomien bis 2054 zu umfassenden Kreislaufwirtschaften umzubauen. Das ist ehrgeizig, denn das bedeutet: Die Städte und Regionen stellen dann alles, was sie benötigen selbst her, ohne Abfall zu produzieren. Das aber funktioniert nur mit kreislauffähigen Produkten. Ob Küchenmixer, Akkuschrauber, Fahrrad oder Handy: Alles muss nach den Prinzipien des Circular Design gestaltet sein. Der Pop-up Circular Hub zeigt erste Ansätze, wie das gehen könnte – eine sehr gute Initiative, die Fab City Hamburg e. V. gerne und ausdrücklich unterstützt. Er ist zugleich Labor und Ausstellung, wo die Hamburger:innen sich ein Bild von Kreislaufwirtschaft und Circular Design machen können. Und im Idealfall Lust bekommen, sich an diesem Großprojekt zu beteiligen. Denn ohne die Hamburger:innen wird es nicht funktionieren. Sie sind ein wichtiger Teil des Umbaus zur Kreislaufwirtschaft – sie werden in der Zukunft zugleich Hersteller:innen und Nutzer:innen sein."
Dr.-Ing. Tobias Redlich, Leiter des New Production Institute am Laboratorium Fertigungstechnik an der Helmut-Schmidt-Universität: „Die Nutzung von Open Source Hardware leistet einen Beitrag zur Förderung von Innovationen, unterstützt die urbane Produktion und verringert die Abhängigkeit von globalen Lieferketten. Sie spielt außerdem eine wichtige Rolle beim Aufbau technologischer Bildung und ermöglicht es Menschen, aktiv an der Wertschöpfung teilzunehmen. Im Pop-Up Circular Hub präsentiert das New Production Institute mit dem Konzept einer offenen Mikrofabrik praktische Lösungsansätze und Produktbeispiele. Diese zeigen, wie dezentrale, partizipative und digitale Produktionsmethoden unter Einsatz von Open-Source-Hardware-Maschinen die lokale Wertschöpfung in der Metropolregion Hamburg vorantreiben können. Dies stellt einen entscheidenden Schritt in Richtung einer Kreislaufwirtschaft dar und bezieht die Hamburger:innen aktiv in den Produktionsprozess ein.“
Hintergrund Jupiter Campus
Das Jupiter ist Deutschlands größte innerstädtische Zwischennutzungsfläche für Kreative. Möglich gemacht wird das Projekt über das Programm Frei_Fläche und den Fonds für kreative Zwischennutzung, den der Senat 2021 beschlossen und mit mehreren Millionen Euro ausgestattet hat. Sonntag bis Mittwoch von 10:00 Uhr – 21:00 Uhr und Donnerstag bis Samstag von 10:00 Uhr – 24:00 Uhr sind Besucher:innen eingeladen, kostenlos alle Angebote dort zu nutzen.
Von Oktober bis Dezember richtet die Universität Hamburg im dritten Stock des Jupiter mit dem Jupiter Campus einen temporären offenen Campus ein, um sich forschend, experimentierend und gestalterisch mit Fragen zu lokal relevanten Nachhaltigkeitsthemen auseinanderzusetzen. Studierende und Lehrende vieler Hamburger Hochschulen verlassen die universitären Räume und treffen auf Kreativschaffende, Neugierige und andere (zivilgesellschaftliche) Expert:innen. Zentral verortet im Hamburger Stadtraum entsteht mit dem Jupiter-Campus eine Plattform für Begegnung, Kontroversen, Überraschung und transformatives Lernen.
Partner der BUKEA im Pop-up Circular Hub
Hamburg Institute for Innovation, Climate Protection and Circular Economy GmbH
Das Institut HiiCCE ist ein an die Technische Universität Hamburg angegliedertes Forschungsinstitut und gleichzeitig eine Tochtergesellschaft der Stadtreinigung Hamburg. Im Institut werden ganzheitliche Lösungen für die globalen Herausforderungen des Klimaschutzes sowie der Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft entwickelt und es wird zu unterschiedlichen Themenbereichen der Circular Economy geforscht.
Fab City Hamburg e. V.
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat sich im Juni 2019 als erste deutsche Stadt der globalen Allianz der Fab Cities angeschlossen. Damit hat sie die Herausforderung angenommen, die städtische Wirtschaft auf eine umfassende, digital unterstützte Kreislaufwirtschaft umzustellen: Hamburg wird dann (fast) alles, was in der Stadt konsumiert wird, selbst produzieren können. Um die Fab City in Hamburg zu institutionalisieren, wurde 2020 der Fab City Hamburg e. V. gegründet. Er wird von der Behörde für Wirtschaft und Innovation gefördert. Der Verein macht die Idee der Fab City bekannt, unterstützt ihre Entwicklung und dokumentiert ihren Fortschritt.
New Production Institute
Das New Production Institute ist aus der interdisziplinären Forschungsgruppe Wertschöpfungssystematik des Laboratorium Fertigungstechnik an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg hervorgegangen. Als Denkfabrik für die Zukunft der Wertschöpfung und Produktion befassen sich die Expert:innen des New Production Institute in diversen Projekten mit dem Wandel von Wertschöpfungssystemen vor dem Hintergrund neuer Möglichkeiten der Vernetzung und Produktion in Zeiten der digitalen Transformation. Im Vordergrund steht insbesondere die Operationalisierung von Offenheit in neuen Wertschöpfungsmodi (Open Innovation, Open Design, Open Production und Open Source).
Nähere Informationen
Die Studie „Hamburgs Potentiale für zirkuläres Wirtschaften in einer Green Economy“ finden Sie unter diesem Link.
Nähere Informationen zur Modellstadt finden Sie hier: „Kreislaufstadt – Chancen für Resilienz und Wertschöpfung”.
Rückfragen der Medien
Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA)
Renate Pinzke | Pressestelle
Telefon: 040 428408006
E-Mail: renate.pinzke@bukea.hamburg.de