Pünktlich nach Verkündung des „Gesetzes zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Sozialgesetzbuches“, das mehr Förderung und neue Möglichkeiten zum Mitmachen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Sozialleistungsbezug vorsieht, haben Sozialsenator Detlef Scheele und Schulsenator Ties Rabe heute vorgestellt, wie das so genannte Bildungs- und Teilhabepaket in Hamburg umgesetzt wird.
Zwei Dinge waren dem neuen Senat bei der Umsetzung wichtig: Alle Verfahren sollten für die betroffenen Familien möglichst unbürokratisch und das Angebot zum Mitmachen für die rund 78.000 Kinder und Jugendlichen möglichst breit sein. Deshalb kommt das Hamburger System ohne Gutscheine und fast ganz ohne Amtsgänge aus. In Hamburg stehen für 2011 rund 45 Millionen Euro zur Umsetzung des Bildungspaketes zur Verfügung.
„Jedes Kind soll möglichst in dem Sportclub, in dem Musikunterricht oder in dem Pfadfinderverein mitmachen können, den es sich aussucht. Und zwar ohne, dass es das vorher langwierig beantragen muss. Das ist unser Verständnis von Teilhabe“, so Sozialsenator Detlef Scheele. „Deshalb bin ich sehr froh über das Verfahren, das wir mit allen Beteiligten in der Stadt gemeinsam entwickelt haben.“
„Hamburg war bereits bei der Förderung von benachteiligten Kinder und Jugendlichen gut aufgestellt, so Schulsenator Ties Rabe. „Jetzt steigern wir noch einmal unsere Angebote und gehen damit weit über die Leistungen des Bundes hinaus. So werden wir etwa das Mittagessen in der Schule für die betroffenen Kinder und Jugendlichen ganz kostenlos anbieten.“
Das Bildungspaket im Überblick
Berechtigt sind rund 78.000 Kinder und Jugendliche aus Familien, die Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld (nach dem SGB II), Sozialhilfe (SGB XII), Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz sowie Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen. Das Bildungspaket gilt für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahre. Ausnahme sind die Leistungen zum Mitmachen in Kultur, Sport und Freizeit – hier liegt die Altersgrenze bei 18 Jahren.
Zum Bildungs- und Teilhabepaket gehören die Leistungen:
- Mitmachen in Kultur, Sport und Freizeit für alle Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahre.
- Mittagessen für Kinder, die Kitas, Schulen oder Horte besuchen, an denen regelmäßig warme Mahlzeiten angeboten werden.
- Lernförderung für Schülerinnen und Schüler, die das Lernziel nicht erreichen. Die Schule muss den Bedarf bestätigen.
- Schülerbeförderung für Schülerinnen und Schüler, die die nächstgelegene Schule ihres gewählten Bildungsgangs besuchen.
- Teilnahme an Tagesausflügen und Kita-Reisen, die von den Schulen beziehungsweise Kitas organisiert werden. Die Kosten für mehrtägige Klassenreisen werden wie bisher erstattet.
- Schulbedarf wie Schulranzen, Stifte, Hefte oder sonstiges Material.
Die Hamburger Regelungen im Detail
Um das Verfahren für die Familien möglichst unbürokratisch zu gestalten, ist ein System gewählt worden, bei dem umständliche Antrags- und Gutscheinverfahren sowie zusätzliche Wege in die Sozialdienststellen soweit wie möglich vermieden werden. Die meisten Leistungen erhalten die Kinder und Jugendlichen einfach, in dem sie den Bescheid über die ihnen gewährten Sozialleistungen, also Sozialgeld, Sozialhilfe, Wohngeld oder den Kinderzuschlag, vorlegen.
Für Leistungsempfänger nach dem SGB II ist grundsätzlich das Jobcenter team.arbeit.hamburg zuständig, für Leistungsempfänger nach dem SGB XII, § 2 AsylbLG, WoGG und für Kinderzuschlagsberechtigte sind es die Ämter für Grundsicherung und Soziales in den Bezirken. Für das Mittagessen in Schulen, die Lernförderung und die Schülerbeförderung ist die jeweilige Schule zuständig.
Mitmachen in Sport, Kultur und Freizeit
Im Gesetz ist geregelt, dass Kinder und Jugendliche künftig ein 10 Euro-Budget im Monat für Sport, Kultur und Freizeit zur Verfügung haben. Damit Kinder und Jugendliche möglichst überall dort mitmachen können, wo sie das möchten, sieht das Hamburger Modell ein Verfahren vor, das ganz niedrigschwellig ist: Die Kinder und Jugendlichen legen bei den Leistungsanbietern ihren Bewilligungsbescheid vor und schon können sie zum Beispiel am Sporttraining teilnehmen. Die Anbieter rechnen dann im Nachhinein mit den Ämtern für Grundsicherung und Soziales beziehungsweise den Jobcentern ab.
Zum Start des Paketes ist dieses Verfahren ab sofort bei den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen, beim Pädagogischen Museumsdienst, bei den teilnehmenden Sportvereinen von Kids in die Clubs, sowie bei der Jugendmusikschule (freie Plätze in der gewählten Gruppe vorausgesetzt) möglich.
Senator Scheele: „Interessierte Vereine und Gruppen sind aufgerufen, sich in der Sozialbehörde zu melden und sich für das Verfahren registrieren zu lassen. Wir wollen, dass das Angebot für die Kinder und Jugendlichen möglichst schnell wächst.“
Interessierte melden sich bei Herrn Christoph Mühlbach (Tel. 428 63 - 6579, bildungspaket@bsg.hamburg.de). Welche Angebote, die Kinder und Jugendlichen nutzen können, ist im Internet unter www.hamburg.de/bildungspaket nachzulesen. Die Liste wird ständig aktualisiert.
Damit Kinder und Jugendliche einen Überblick über ihr 10-Euro-Budget im Monat behalten, versichern sie bei den Anbietern formlos, dass sie das Budget von 10 Euro auch in Summe aller Angebote nicht überschreiten. Im Sommer wird das Verfahren erstmals ausgewertet – und wenn notwendig nachgesteuert.
Mittagsverpflegung an Schulen ohne Eigenanteil
Bisher hat Hamburg bereits einen Zuschuss zum Mittagessen in der Schule gezahlt, viele Schülerinnen und Schüler mussten einen Anteil selbst finanzieren. Auch das Bundespaket sieht eine Kostenbeteiligung am Mittagessen in Höhe von 1 Euro vor.
Senator Rabe: „Hamburg übernimmt diesen Eigenanteil, so dass ab jetzt alle förderberechtigten Kinder und Jugendlichen in Hamburg kostenlos in der Schule Mittag essen können.“
Um das kostenlose Essen in Anspruch nehmen zu können, melden Eltern ihre Kinder in der Schule verbindlich zum Mittagessen an und legen im Sekretariat ihren Bewilligungsbescheid vor. Die Schule rechnet dann mit der Behörde für Schule und Berufsbildung ab.
Bei der Mittagsverpflegung in Kitas und Horten bleibt es vorläufig bei der bisherigen Ermäßigung des Essensgeldes auf 17 Euro und 21 Euro. Ab August 2011 werden die Essensbeiträge in Kitas und Hort abgeschafft. Das Mittagessen ist dann für alle Kinder kostenlos.
Zusätzliche Lernförderung
Hamburg hat das Sitzenbleiben bereits abgeschafft. In den Schulen gibt es dafür das Programm „Fördern statt Wiederholen“. Für Schülerinnen und Schüler, die das Lernziel nicht erreichen, gibt es zusätzliche Förderung oder Nachhilfe am Nachmittag.
„Mit den Bundesmitteln wird Hamburg diese Förderung noch einmal deutlich ausweiten“, so Senator Rabe. „Damit wird vielen Kindern und Jugendlichen zusätzliche Lernangebote und Nachhilfeunterricht ermöglicht, den sie sich bisher nicht leisten konnten. Gerade diese Gruppe kann also eine intensivere Förderung außerhalb des normalen Unterrichts bekommen.“
Die außerunterrichtliche Lernförderung soll für die Anspruchsberechtigten in allen Jahrgängen ab dem 1. April gelten. Die Schulen organisieren ein entsprechendes Angebot. Diese außerunterrichtlichen Lernangebote können von Studierenden, Lehrkräften im Erziehungsurlaub, leistungsstarken Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, pensionierten Lehrkräften oder auch externen Dritten übernommen werden.
Mit diesen niedrigschwelligen Angeboten soll sichergestellt werden, dass die Kinder und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien auch wirklich erreicht werden und ihre zusätzlichen Chancen auf Bildung und Teilhabe wahrnehmen können. Durch den überschaubaren Verwaltungsaufwand wird zudem erreicht, dass die Bundesmittel tatsächlich beim Kind und beim Jugendlichen ankommen.
Schülerbeförderung wird ohne Eigenanteil noch stärker ausgeweitet
Hamburg hat bereits bisher als freiwillige Leistung Schülerinnen und Schüler aus einkommensschwachen Familien in der Schülerbeförderung unterstützt. Leistungsberechtigte Schülerinnen und Schüler bis Jahrgang 10 erhalten eine Schüler-Abo-Jahreskarte des HVV für den Großbereich Hamburg.
Das Bundespaket sieht einen Zuschuss in der Schülerbeförderung für alle leistungsberechtigen Schülerinnen und Schüler vor, die eine allgemeinbildende oder eine berufliche Schule besuchen und die jünger als 25 Jahre sind, aber auch einen Eigenanteil in Höhe von 14 Euro. Hamburg übernimmt diesen Eigenanteil, um die Mobilität von Kindern und Jugendlichen noch weiter zu steigern und die Chancen, zum Beispiel bei kulturellen und sportlichen Angeboten mitzumachen, auszubauen.
Insgesamt werden zu den bereits bislang rund 5.000 so geförderten Schülerinnen und Schülern noch einmal bis zu 1.100 weitere Schülerinnen und Schülern von diesem Angebot profitieren.
Schul- und Kitausflüge sowie mehrtägige Kita- und Klassenfahrten sind kostenfrei
Kosten für Klassenreisen werden in Hamburg seit Langem übernommen. An dem bekannten und bewährten Verfahren ändert sich nichts: Die Kosten für mehrtägige Klassenreisen werden auf Antrag und unter Vorlage des von der Schule auszufüllenden Kostenformulars übernommen. Die Schulen rechnen dann unmittelbar mit den zuständigen Leistungsträgern (Amt für Grundsicherung und Soziales oder Jobcenter) ab.
Auch hinsichtlich mehrtägiger Kita-Fahrten und eintägiger Schul- und Kitaausflüge wird Hamburg ohne Gutscheine auskommen. Leistungen werden auf Antrag, die in den Schulen und Kitas ausliegen, erbracht und durch die Schule oder Kita mit der zuständigen Dienststelle (Amt für Grundsicherung und Soziales oder Jobcenter) abgerechnet.
Nur der neue Personenkreis der Kinderzuschlags- und Wohngeldberechtigten muss im Vorwege direkt einen Antrag bei den zuständigen Fachämtern für Grundsicherung und Soziales stellen, da diese Personen im Sozialhilfeverfahren noch nicht erfasst sind.
Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf
Die Schulbedarfspauschale wurde in Hamburg bisher einmal jährlich zum 1. August in Höhe von 100 Euro ausgezahlt. Künftig erfolgt die Leistung in zwei Raten am 1. August (70 Euro) und 1. Februar (30 Euro). Schulpflichtige Kinder im Alter von 7 bis 15 Jahre (bis auf Bezieher von Kinderzuschlag und Wohngeld, s.o.) erhalten die Zahlungen automatisch. Bei allen anderen ist nicht zu vermeiden, dass sie bei den Ämtern für Grundsicherung und Soziales beziehungsweise den Jobcentern unter Vorlage einer Schulbescheinigung einen Antrag stellen müssen.
Mehr Informationen zum Bildungspaket gibt es im Internet unter: www.hamburg.de/bildungspaket
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Julia Seifert | Jan Bruns |