Mit dem „Gedenkort für Deserteure und andere Opfer der NS-Militärjustiz“ sollen in Hamburg künftig diese lange Zeit nicht anerkannten Opfer des Nationalsozialismus angemessen gewürdigt werden. Der Bau des Gedenkortes zwischen Stephansplatz und Dammtor basiert auf einem einstimmigen Beschluss der Hamburgischen Bürgerschaft und ist Ergebnis einer intensiven Diskussion unter Beteiligung der Opferverbände, der Wissenschaft und der Fachöffentlichkeit. Mit dem Deserteurdenkmal soll an diesem prominenten Ort ein wichtiges politisches Zeichen für Zivilcourage und Gerechtigkeit gesetzt werden.
Kurz vor Beginn der Bauarbeiten haben heute Kultursenatorin Prof. Barbara Kisseler und der Wettbewerbssieger, der Hamburger Künstler Volker Lang, im Beisein von Ludwig Baumann, Vorsitzender der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V., und zahlreichen Gästen vor Ort über den Entstehungsprozess und den Stand der Realisierung des Deserteurdenkmals informiert.
Nach dem Beschluss der Hamburgischen Bürgerschaft vom 14. Juni 2012 zur Errichtung eines Deserteurdenkmals hat ein hochkarätig besetzter Beirat Grundlagen für die komplexe Aufgabe erarbeitet. Parallel wurden wissenschaftliche Untersuchungen in Auftrag gegeben. Die Kulturbehörde lobte 2013 einen internationalen Wettbewerb aus, um an prominenter Stelle zwischen Stephansplatz und Dammtor einen neuen Gedenkort zu schaffen. Im Juni 2014 hat das Preisgericht entschieden, das Konzept des Künstlers Volker Lang mit dem ersten Preis zu prämieren.
Der geplante transparente Baukörper, im Grundriss ein gleichseitiges Dreieck, nimmt Bezüge zu allen Seiten auf: Zum 76er Kriegerdenkmal von Richard Kuöhl (1936) und dem Gegendenkmal von Alfred Hrdlicka (1983-86). In der Begründung des Preisgerichtes heißt es: „Er bedient sich der Schrift als transparenter Raumhülle und des Klangs von gesprochener Sprache (Text aus ‚Deutschland 1944‘ von Helmut Heißenbüttel). Mit diesem fragmentarischen Text, der einen weiten Assoziationsbogen aufspannt, bringt der Künstler im wahrsten Sinne des Wortes einen neuen Klang auf den Platz. Er vertraut auf die Kraft des Geistigen gegen die Idealisierung von Gewalt.“
Ende Juli soll mit dem Bau der Gedenkstätte begonnen werden. Es ist geplant, im Oktober die Bronzegitter zu installieren und im November die technischen Einbauten und die Lichtinstallation vorzunehmen. Die Fertigstellung des Gedenkortes ist für Ende November 2015 geplant.
Kultursenatorin Prof. Barbara Kisseler: „Hamburg stellt sich als ehemaliger bedeutender Standort der Wehrmachtjustiz endlich seiner Verantwortung. Wir wollen den Mut und die Zivilcourage der Menschen würdigen, die sich für Gerechtigkeit und die eigenen Grundrechte sowie die Rechte anderer Menschen eingesetzt haben. Es soll ein Ort entstehen, der zur Reflektion anregt über Humanität, Toleranz und Mitmenschlichkeit. Der Ort soll dazu ermutigen, für seine Überzeugungen und ein friedvolles Miteinander einzutreten.“
Volker Lang, Wettbewerbssieger: „Wegen der Gegebenheiten des Ortes erscheint es mir notwendig, eine Arbeit zu schaffen, die sich mit anderen Mitteln behauptet und den Kontrast im Feinen sucht anstatt im massiven Auftritt. Ich empfinde es als Auszeichnung, diese Aufgabe verwirklichen zu dürfen.“
Ludwig Baumann, Vorsitzender Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V.: „Mein großer Dank gilt der Stadt Hamburg, die diesen Gedenkort für Deserteure und andere Opfer der NS-Militärjustiz errichtet. Damit geht für mich als Hamburger Wehrmachtsdeserteur ein später Traum in Erfüllung.“
Ein Foto des Modells des Gedenkortes (für journalistisch-redaktionelle Nutzung kostenfrei, © Volker Lang / Foto Anselm Gaupp) erhalten Sie unter: www.hamburg.de/kulturbehoerde/projekte/4361384/gedenkort-fuer-deserteure