Aus: Hamburg macht Schule 1/2011
Gewaltprävention an Schulen und im Stadtteil
Im Hamburger Fachkreis für Gewaltprävention arbeiten Fachleute aus Schule, Jugend, Polizei und freien Trägern. Sie sehen alle in ihrer täglichen Praxis das Potential für Konflikte. Dies Potential hat durchaus zwei Seiten: eine, die konstruktiv verändern will und eine, die destruktive Gewalt auslöst. Schon durch Schimpfwörter können Eskalationen ausgelöst werden. Der eine hört sie als positiven Hinweis und der andere als tiefe Verletzung. Jede Schule und jeder Stadtteil hat im Umgang mit diesen Fragen eine eigene »Kultur«.

In einer sozialen Gemeinschaft können Konflikte ein Gewinn sein, wenn sie konstruktiv ausgetragen werden. Dies ist nicht immer der Fall und Streit macht das Leben oft schwer. In einem gemeinsamen Projekt werden sie sichtbar gemacht und die Sachen neu geregelt.
Kennzeichen der Projektwoche ist, dass ein ganzer Jahrgang1 teilnimmt. Somit wird für ein Alterssegment gemeinsam gearbeitet und Öffentlichkeit hergestellt. Und ein Kennzeichen ist, dass das Hilfesystem vor Ort allen bekannt und vertraut wird. Nicht nur Durchsetzungswillen und das Niedermachen spielen in der täglichen Praxis eine Rolle. Angst ist ein weiterer wichtiger Teil. Sie ist manchmal weniger sichtbar und das Umfeld schreitet weniger ein. Konflikt-Eskalationen nehmen leichter ihren Lauf.
Ein Jahrgang und das schulische Umfeld
Um festzustellen, was eigentlich in einem Jahrgang mit seinem schulischen Umfeld los ist, wurde als Einstieg ein Film gewählt. Auch ein Theaterstück wurde bereits verwendet, um mit allen Beteiligten die Analogie zum eigenen Alltag herzustellen. Kinder sehen andere Kin-der auf der Leinwand oder auf der Bühne und fragen sich: Sind wir ähnlich? Spielt Erpressung bei uns auch eine Rolle? Wie ist unser Umgangston? Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen nicht allein Schülerinnen und Schüler. Alle anderen wie Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und Personen im Umfeld wie die Polizei oder die offene Kinder- und Jugendarbeit gehören zum System und sind für die Betrachtung genauso wichtig.
Wach werden und seine Aufmerksamkeit zu sensibilisieren sind die ersten Schritte. Typisch an Konfliktverläufen ist, dass die Wahrnehmung oft erst einsetzt, wenn es knallt. Prävention setzt früher an und jedes neue Kind muss wieder in das System der Hilfeleistungen hinein wachsen. So wie auch immer wieder alle helfenden Personen und Institutionen neu lernen müssen wie ein Jahrgang aufgestellt ist. Am leichtesten gelingt dies spielerisch und in Ergebnis offenen Prozessen. So spielt eine Rallye zum Umgang mit Gewalt und Konflikten eine zentrale Rolle. Sie ist leichtgängig und spannend mit mehreren Stationen aufgebaut. Und alle Anleiterinnen und Anleiter sehen den ganzen Jahrgang, wie er die jeweilige Station durchläuft. Das Lernen ist hier also gegenseitig. Für die Schülerinnen und Schüler sind es wichtige Schritte den Umgang mit Konflikten zu verbessern und für die Lehrerinnen und Lehrer entsteht ein sehr facettenreicher Einblick in die Reaktionsweisen der Kinder. Konfliktlandkarten und weiteren Übungen für soziale Kompetenzen stärken den Jahrgang. So wird individuell wie auch gemeinsam sehr konkret die Kultur im Umgang mit Gewalt und Konflikten verbessert. Einzelne Schwerpunkte wie u. a. verbale Gewalt, Umgang mit Regeln oder Mobbing sind für jede Schule frei wählbar.
Eine Unterstützung für diese Arbeit erhalten Schulen beim Institut für Konfliktaustragung und Mediation (www.ikm-hamburg.de) oder bei der Beratungsstelle Gewaltprävention im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (www.hamburg.de/gewaltpraevention).
Anmerkung
1 meistens wurde Jahrgang 7 oder 8 gewählt. Andere Jahrgänge inkl. Grundschulen sind ebenfalls möglich.
Dieter Lünse Leiter des Instituts für Konfliktaustragung und Mediation (ikm) info@ikm-hamburg.de