Aufgetakelt – Die Johanna macht sich Seefest
Jedes Jahr zu Saisonbeginn, im April, heißt es „Aufriggen“ auf dem Traditionsschiff Johanna. Das ist ein Frachtewer mit einem Groß- und einem Besanmast, er wird daher auch „Besanewer“ genannt. Gaffeln, Bäume und 165 Quadratmeter Segel werden aus dem Laderaum hochgehievt, wo sie den Winter über lagerten. Gleichzeitig laufen weitere wichtige Arbeiten: Spieren und Blöcke werden angeschliffen und gestrichen, auch Hauptdeck, Wassergang und Süll warten auf diese Behandlung. Dann kann es losgehen, das besondere, nostalgische Segelerlebnis auf der knapp 19 Meter langen Johanna.
Segel setzen – Ausfahrten auf der Johanna
Regelmäßig ist die Johanna auf der Elbe sowie der Nord- und Ostsee unterwegs und nimmt an maritimen Veranstaltungen teil. An vielen Wochenenden zwischen Anfang Mai und Mitte Oktober lädt die Johanna bis zu 16 Personen zu öffentlichen Tagesfahrten ein.
Der rustikale Charme macht den Ewer Johanna so beliebt: Abgesehen von Navigationsgerät und Funk wurde weitestgehend auf elektrische Installationen unter Deck verzichtet. Dem authentischen Erleben einer klassischen Ewer-Fahrt steht also nichts im Wege.
Die Mitsegler – ob jung oder alt – dürfen sich frei auf dem Schiff bewegen und alles erkunden: den großen, unverbauten Laderaum, die engen, doch gemütlichen Kojen in Vorpiek und Achterkajüte.
Alle werden ausdrücklich dazu ermutigt, mit anzupacken. Segelkenntnisse sind nicht vonnöten, selbst Landratten können lernen, wie man Tauwerk ordentlich aufschießt und Segel birgt.
In seinem angestammten Heimatrevier passiert der Frachtsegler flache Nebengewässer, die Gäste erleben die urwüchsige Natur, beteiligen sich entweder aktiv bei den Segelmanövern oder sitzen bequem auf der Abdeckung des ehemaligen Laderaums. Auf jeden Fall lässt sich ein Eindruck gewinnen, welchen Einsatz die Besatzung eines Frachtewers früher erbrachte, die üblicherweise nur aus zwei Männern, dem Schiffer und dem Decksmann, bestand.
Johanna – einer der am wenigsten veränderten Ewer
Als die Werft Thormählen in Elmshorn den Ewer 1903 für einen örtlichen Schiffer baut, wird er auf den Namen „Hertha“ getauft. Das Schiff bringt Salz aus der Stader Saline nach Hamburg und Getreide zu den großen Mühlen in Elmshorn. 1928 wird mit einem Glühkopfmotor mit einer Leistung von 28 PS nachgerüstet. Kurz darauf verschwinden die Segelmasten, denn der Antrieb durch Windkraft ist nun nicht mehr nötig.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verrichtet das Schiff unter dem Namen „Ingeborg“ als Binnenschiff seinen Dienst. Der Ewer sieht durch ein eingesetztes Ruderhaus noch stärker verändert aus. Nach einem Unterwasserschaden bei der Sturmflut 1962 dient das unwirtschaftlich gewordene Schiff in Glückstadt als Arbeitsprahm ohne Antrieb und entgeht damit der Verschrottung.
1973 wird der Ewer-Rumpf wiederentdeckt und in den folgenden Jahren aufwendig restauriert. In „Johanna“ umbenannt, wird das Segelschiff nicht nur vollständig wiederhergestellt, sondern zu einem maritimen Denkmal. Seine Originalität stellt es in den 80er-Jahren in mehreren Fernsehproduktionen unter Beweis.
Gehegt und gepflegt wird die Johanna vom Verein „Freunde des Besanewers JOHANNA e. V.“. Seit 2002 ist sie im Besitz der „Stiftung Hamburg Maritim“, die für die Öffentlichkeit Zeugnisse der alten Hafen- und Schifffahrtstradition sichert, restauriert und zugänglich macht.