

1. Inhalt und Ziele
Diese Fachlichen Vorgaben regeln, wann Leistungen für die Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II sowie wann Leistungen für den Lebensunterhalt abweichend gem. § 23 Abs. 3 SGB II als Darlehen gewährt werden können und legen die Modalitäten für die Darlehensgewährung fest.
Die Gewährung eines Darlehens stellt eine Geldleistung dar.
Mit der Darlehensgewährung soll die Selbsthilfe des Leistungsempfängers unterstützt werden.
2. Vorgaben
2.1 Allgemeines
Die Möglichkeit einer Darlehensgewährung für die Übernahme von Mietschulden ist ausdrücklich in § 22 Abs. 5 SGB II (Fachliche Vorgaben zu § 22 SGB II) erwähnt.
Außerdem sind Leistungen zur Beschaffung und Erhaltung von Wohnraum nach § 22 Abs. 3 SGB II (Fachliche Vorgaben zu § 22 SGB II) dann als Darlehen zu gewähren, wenn die Leistung beim Hilfeempfänger zu einem Vermögenszuwachs oder einem Guthaben gegenüber dem Vermieter führt (siehe Abschnitt 2.4).
Soweit andere Leistungen nach § 22 Abs.3 (z.B. Maklergebühren, Umzugskosten, Einlagerung von Möbeln) (Fachliche Vorgaben zu § 22 SGB II) als Kann-Leistungen zu gewähren sind, besteht auch hier die Möglichkeit diese als Darlehen zu gewähren.
Außerdem können Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II (z.B. für die Erstausstattung der Wohnung) (Fachliche Vorgaben zu § 23 Abs. 3 SGB II) an Hilfebedürftige, die keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft benötigen, i. V. mit § 23 Abs. 4 in Form eines Darlehens erbracht werden.
Wegen der besonderen Voraussetzungen und der Abgrenzungen zu den Beihilfen wird auf die fachlichen Vorgaben zu den einzelnen Leistungen verwiesen.
2.2 Leistungsanspruch
Vor der Entscheidung, ob eine Leistung in Form einer Beihilfe oder als Darlehen gewährt wird, muss der Anspruch auf Leistungsgewährung grundsätzlich bejaht werden können. Wird der Leistungsanspruch verneint, entfällt die weitere Prüfung, ob ein Darlehen gewährt werden kann.
2.3 Ermessen
Die Entscheidung über die Leistungsform „Darlehen“ oder „Beihilfe“ sowie über die Darlehensmodalitäten stellt einen Verwaltungsakt dar, dem ein pflichtgemäßes Ermessen vorausgeht.
Die Ausübung von pflichtgemäßem Ermessen unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung. Erfolgt eine Darlehensvergabe ohne Ausübung des Ermessens, ist sie alleine deshalb rechtswidrig.
Die pflichtgemäße Ermessensausübung muss auf das vorrangige Ziel gerichtet sein, dass der Leistungsberechtigte befähigt wird, seinen Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung für Arbeitssuchende aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten zu können (§ 1 Satz 2 SGB II). Eine Leistungsgewährung in Form eines Darlehens, welches erkennbar die Zukunft des Leistungsberechtigten derart belasten wird, dass die Zielsetzung, unabhängig von der Grundsicherung zu leben, gefährdet, ist nicht zulässig.
Deshalb ist bei der Ausübung des Ermessens grundsätzlich zu bewerten, ob sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Leistungsberechtigten voraussichtlich soweit verbessern werden, dass ihm die Rückzahlung des Darlehens in absehbarer Zeit zugemutet werden kann und er dazu tatsächlich in der Lage ist. Bei dieser Bewertung sind andere Rückzahlungsverpflichtungen aus Krediten, Ratenkäufe etc. einzubeziehen.
Entscheidend ist die Prognose zum Zeitpunkt der Hilfegewährung. Ist zu diesem Zeitpunkt offen, ob dem Hilfeempfänger in absehbarer Zeit die Rückzahlung des Darlehens zugemutet werden kann, scheidet eine Darlehensvergabe aus und die Leistung ist als Beihilfe zu erbringen. Was unter „in absehbarer Zeit“ zu verstehen ist, hängt von der Besonderheit des Einzelfalles ab. Dabei gibt es keine starre Zeitspanne, jedoch soll der Zeitraum zwischen Leistungsgewährung und Beginn der Rückzahlung 6 Monate nicht überschreiten.
Ist eine Darlehensrückzahlung voraussichtlich nur über einen Zeitraum möglich, der die Laufzeit nach Abschnitt 2.4.1. dieser Fachlichen Vorgaben wesentlich übersteigt, so ist zu prüfen, ob die Hilfe ganz oder teilweise als Beihilfe zu gewähren ist. Eine solche Prüfung ist auch vorzunehmen, wenn dem Darlehensnehmer zu einem späteren Zeitpunkt die Darlehensrückzahlung nicht mehr oder nicht mehr in der vorgesehenen Höhe möglich ist.
2.4. Laufzeit und Tilgung
2.4.1 Regelmäßige Laufzeit
Die Laufzeit richtet sich nach der Höhe des Darlehens und den zumutbaren monatlichen Rückzahlungsraten. Sie soll in der Regel 5 Jahre nicht überschreiten. Die Rückzahlungsraten sind in der Regel in Höhe des Betrages zumutbar, um den das Einkommen des Hilfeempfängers das zu berücksichtigende Einkommen nach § 11 SGB II übersteigt.
2.4.2 Abweichende Laufzeiten
Längere Laufzeiten sind insbesondere bei Darlehen zur Verbesserung und Erhaltung von Wohnraum (jedoch nicht bei Darlehen zur Übernahme rückständiger Zins- und Tilgungsbeträge) möglich. Sie können der Laufzeit von Mietverträgen oder Baudarlehen angepasst werden. Bei unbefristeten Verträgen soll die Laufzeit in der Regel 10 Jahre nicht überschreiten.
2.4.3 Beginn der Laufzeit
Der Beginn der Rückzahlung des Darlehens richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles, in der Regel soll damit 2 Monate nach Wirksamwerden der Hilfe begonnen werden. Soweit die Fachlichen Vorgaben zu den einzelnen Hilfearten abweichende Regelungen enthalten, gelten diese.
2.5 Abweichende Tilgungsverfahren
Ist die laufende Tilgung eines Darlehens für Genossenschaftsanteile, Mieterdarlehen oder Mietkautionen nicht möglich, ist die Tilgung wie folgt zu verlangen:
bei Genossenschaftsanteilen im Zeitpunkt der Fälligkeit des Auseinandersetzungsguthabens
bei Mieterdarlehen und Mietkautionen im Zeitpunkt der Rückzahlung durch den Vermieter.
2.6 Sofortige Rückzahlung
Das Darlehen wird sofort zur Rückzahlung fällig, wenn der Darlehensnehmer
das Darlehen nicht bestimmungsgemäß verwendet,
wegen der wesentlichen Verbesserung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse zur Rückzahlung des gesamten Darlehens ohne Gefährdung seines Lebensbedarfes imstande ist,
mit der Rückzahlung von mehr als 2 Raten in Verzug gerät und keine Gründe vorliegen, wonach die Forderung zu stunden oder in eine Beihilfe umzuwandeln ist,
beantragt, über sein Vermögen das Insolvenz- oder Vergleichsverfahren zu eröffnen,
aus einer mit dem Darlehen beschafften oder erhaltenen Wohnung auszieht oder einen mit Hilfe des Darlehens erworbenen Gegenstand verkauft oder
stirbt (vgl. Abschnitt 2.9).
2.7 Forderung von Zinsen
Darlehenszinsen sind grundsätzlich nicht zu fordern. Hiervon gelten folgende Ausnahmen:
Erhält der Leistungsempfänger mit Hilfe des ihm gewährten Darlehens Zinsen (z.B. aufgrund eines Mieterdarlehens) oder andere wirtschaftliche Vorteile (z.B. Dividenden aus Genossenschaftsanteilen), sind in Höhe dieser Ansprüche Zinsen auf das gewährte Darlehen zu verlangen.
Gerät der Leistungsempfänger mit der Rückzahlung des Darlehens in Verzug (vergl. Abschnitt 2.6), sind Verzugszinsen (2% über dem Basissatz der Europäischen Zentralbank) zu verlangen.
Wegen der Forderung von Zinsen gegenüber Erben wird auf Abschnitt 2.9 verwiesen.
2.8 Sicherung
Grundsätzlich ist bei Verheirateten die schriftliche Erklärung beider Ehegatten zu verlangen, dass sie für die Rückzahlung des Darlehens als Gesamtschuldner haften.
Als Sicherheit für die Darlehensforderung ist in der Regel die Abtretung von Lohn-, Gehalts- oder sonstigen Ansprüchen des Darlehensnehmers und seines Ehegatten zu verlangen.
Die Abtretungen sind erst dann dem Drittschuldner zu übersenden, wenn der Darlehensnehmer seinen Tilgungsraten nicht nachkommt (stille Zession).
Darüber hinaus sind in der Regel weitere Sicherheiten zu verlangen, insbesondere bei Hilfen zur Beschaffung oder Erhaltung einer Wohnung
Weitere Sicherheiten sind Grundschuld, Sicherungshypotheken, Sicherungsübereignung, Abtretung von Ansprüchen auf Auszahlung einer Lebens- bzw. Sterbegeldversicherung oder von Dividenden- und Zinsausschüttungen, die aufgrund gewährter Darlehen erfolgen; ferner bei Genossenschaftsanteilen, Mieterdarlehen und Kautionen die Abtretung des Auseinandersetzungsguthabens bzw. der Ansprüche gegen den Vermieter.
Soll durch ein Darlehen Eigentum erworben oder erhalten oder sollen Schulden getilgt werden, so muss sich der Darlehensnehmer mit einer unmittelbaren Zahlung der Sozialdienststelle an den Gläubiger einverstanden erklären. Das Darlehen soll erst ausgezahlt werden, wenn die Sicherheitsleistungen erbracht worden sind.
2.9 Übergang der Darlehensschuld auf den Rechtsnachfolger
Das Darlehen wird mit dem Tode des Leistungsempfängers fällig. Gegebenenfalls kann aber den Erben durch Bescheid gestattet werden, das Darlehen unter denselben Bedingungen zurückzuzahlen wie der Erblasser. Das Darlehen ist dann mit 2% über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Eine solche Regelung soll im allgemeinen getroffen werden, wenn nahe Angehörige des Erblassers dessen Rechtsnachfolger werden, vor allem Ehegatten, Eltern oder Abkömmlinge; von der Verzinsung kann in Fällen der Bedürftigkeit abgesehen werden.

3. Verfahren
3.1 Allgemeines
Die Ausübung des Ermessens ist in der Akte zu dokumentieren.
3.2. Inhalt des Bescheides
Das Darlehen wird durch Bescheid bewilligt.
Die der Entscheidung zugrunde liegenden Ermessenserwägungen sind im Bescheid darzulegen.
Im Bescheid ist der Darlehenszweck genau zu bezeichnen (allgemeine Zweckbestimmung wie z.B. Wohnungsverbesserung) sind zu vermeiden. Auflagen, Bedingungen, Rückzahlungsmodalitäten und Sicherheiten nach den Abschnitten 2.4 bis 2.9 sind in den Bescheid aufzunehmen.
Der Bescheid ist mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.
3.3 Darlehensauszahlung
Die Darlehen werden von den Geschäftsstellen der ARGE ausgezahlt und erfasst.
Eine Direktzahlung des Darlehensbetrages auf das Konto des Vermieters ist grundsätzlich vorzunehmen bei
Darlehen für die Übernahme von Mieteschulden nach § 22 Abs. 5 SGB II.
Darlehen für Kautionen und Genossenschaftsanteile.
Ausnahmen sind zu begründen und aktenkundig zu machen.
3.4 Darlehensrückforderung
Es gelten die von der Bundesanstalt für Arbeit erlassene Handlungsanweisung / Geschäftsanweisung für die Sollstellung und Einziehung von Forderungen nach dem SGB II (Handlungsanweisung / Geschäftsanweisung vom 29.12.2004 – SR 2 /CF 2/PG SGB II/IT 2 – Az. 3450/3850.5/3855).
4. Berichtswesen
Die Geschäftsstellen der ARGE berichten der Geschäftsleitung der ARGE quartalsweise an Hand der nachfolgenden Kennzahlen
Anzahl und Höhe der bewilligten Leistungen in Form von Darlehen nach Leistungsart und Hilfeart
Anzahl und Höhe der bewilligten Leistungen in Form von Beihilfen nach Leistungsart und Hilfeart
- Höhe der durchschnittlich bewilligten Leistungen in Form von Darlehen nach Leistungsart und Hilfeart
- Höhe der durchschnittlich bewilligten Leistungen in Form von Beihilfen nach Leistungsart und Hilfeart
Daneben können zwischen den Geschäftsstellen der ARGE und der Geschäftsleitung der ARGE weitere Kennzahlen zur Steuerung der Leistungen vereinbart werden.

5. In Kraft treten
Die fachlichen Vorgaben treten am 17.8.2005 in Kraft.