Vorbemerkung:
Mit dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 (BGBl. I S 3022) hat der Gesetzgeber die Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes in das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) – Sozialhilfe – überführt.
Davon betroffen sind auch die Vorschriften über Sozialhilfe für Deutsche im Ausland. Die für diesen Personenkreis maßgeblichen Vorschriften §§ 24, 132, 133 Abs. 1 sind gemäß Artikel 70 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes bereits zum 1.1.2004 in Kraft getreten. Dabei hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Leistungserbringung von Sozialhilfe an Deutsche im Ausland wesentlich enger gefasst.
1. § 24 SGB XII und sein Verhältnis zu den übrigen Vorschriften des SGB XII
1.1
Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Leistungen der Sozialhilfe. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden drei Gründen nicht möglich ist:
- Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland leben muss (§ 24 Abs. 1 Satz 2 Nr.1),
- längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit (§ 24 Abs. 1 Satz 2 Nr.2) oder
- hoheitliche Gewalt (§ 24 Abs. 1 Satz 2 Nr.3).
Zur Definition der unbestimmten Rechtsbegriffe siehe Rn. 3.4 ff.
1.2
§ 24 ist eine eigenständige Vorschrift des materiellen Leistungsrechts. Sie hat Ausnahmecharakter. Grundsätzlich obliegt die Fürsorgepflicht entsprechend dem Territorialprinzip den für den Aufenthalt des Antragstellers zuständigen Stellen im Aufenthaltsland, nicht den Heimatbehörden. § 24 wirkt über den Geltungsbereich des Gesetzes, d. h. das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinaus.
1.3
Eine unmittelbare Anwendung sonstiger Vorschriften des Leistungsrechtes des SGB XII im Ausland ist daher nicht möglich. Soweit § 24 keine positive Regelung enthält und die besonderen Verhältnisse im Aufenthaltsland (Abs. 3) dem nicht entgegenstehen, können sonstige Vorschriften des SGB XII sinngemäß angewendet werden
2. Zuständigkeit
2.1 Sachliche Zuständigkeit
2.1.1
Für Leistungen von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig (§ 24 Abs. 4), nicht die Auslandsvertretung. Auch das Übersenden des Antrages an den örtlichen Träger der Sozialhilfe des Geburtsortes oder des letzten Wohnsitzes im Geltungsbereich des SGB XII (Sozialamt einer kreisfreien Stadt oder eines Landkreises) ist deshalb falsch und führt nur zu unnötigen Verzögerungen bei der Bearbeitung.
2.1.2
Die sachliche Zuständigkeit beinhaltet
a) das Recht und die Pflicht über die Bewilligung oder Versagung einer Leistung zu entscheiden und
b) die Verpflichtung die Kosten, welche sich aus der Bewilligung ergeben, zu tragen.
Hieraus ergibt sich, dass die Auslandsvertretung Leistungen der Sozialhilfe weder bewilligen noch versagen kann. Eine vorläufige Einstellung der Leistung durch die deutsche Auslandsvertretung kann geboten sein. Die Auslandsvertretung kann jedoch eine laufende Leistung gegen den Willen des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe nicht einstellen.
2.2 Örtliche Zuständigkeit
2.2.1
Örtlich zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die Antrag stellende Person geboren ist (§ 24 Abs. 4 Satz 2). Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, so wird der zuständige überörtliche Träger der Sozialhilfe von einer Schiedsstelle bestimmt (§ 24 Abs. 4 Satz 3).
Die Aufgabe der Schiedsstelle ist dem
- Bundesverwaltungsamt , Außenstelle Bonn, Abt. II B 3 - Sozialhilfe, Kessenicher Straße 216, 53129 Bonn.
übertragen.
2.2.2
Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Leistung zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Diese braucht selbst nicht Leistungsbezieher zu sein. Ist keiner von ihnen im Geltungsbereich dieses Gesetzes geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Rn. 2.2.1 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange einer von ihnen Leistungen der Sozialhilfe benötigt (§ 24 Abs. 5 Satz 3).
2.2.3
Die Regelung nach Rn. 2.2.2 stellt sicher, dass Sozialhilfeleistungen an mehrere Leistungsbezieher einer Familiengemeinschaft durch einen überörtlichen Träger der Sozialhilfe erbracht werden und lässt die einmal begründete örtliche Zuständigkeit auch bei wechselnder Familiengruppierung bestehen, solange noch eine Person der Familiengemeinschaft Leistungen benötigt.
2.2.4
Das Zusammenleben nach Rn. 2.2.2 wird durch ein vorübergehendes Ausscheiden aus der Familiengemeinschaft nicht unterbrochen. Die Familiengemeinschaft ist nur dann unterbrochen, wenn von vornherein feststeht, dass eine dauernde Trennung erfolgen soll.
3. Kreis der Berechtigten
3.1
Unabweisbar gebotene Hilfe nach § 24 kann in außergewöhnlichen Notlagen nur deutschen Staatsangehörigen bewilligt werden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, im Ausland der Sozialhilfe bedürfen und denen eine Rückkehr aus den unter Rn. 1.1 aufgeführten Fallgestaltungen nicht möglich ist.
3.2 Staatsangehörigkeit
Wer Deutscher ist, ergibt sich aus Artikel 116 Grundgesetz. Als Nachweis genügt in der Regel ein gültiger Reisepass oder Bundespersonalausweis. Im Zweifelsfall ist die Auslandsvertretung berechtigt, zum Nachweis der Eigenschaft als Deutscher die Vorlage eines Staatsangehörigkeitsausweises oder einer Bescheinigung über die Rechtsstellung als Deutscher zu verlangen. Dies gilt auch für den überörtlichen Träger der Sozialhilfe.
3.3 Gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland
3.3.1
Eine Person begründet einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des SGB XII an dem Ort im Ausland, den sie bis auf Weiteres und nicht nur vorübergehend oder besuchsweise zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen gewählt hat. Dem Aufenthalt an diesem Ort dürfen objektive Hindernisse nicht entgegenstehen (vgl. auch § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I). Der gewöhnliche Aufenthalt muss legal sein. Auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung kommt es nicht an.
3.3.2
Hat der Antragsteller keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so kann ihm nur im Rahmen des § 5 Konsulargesetz (KG) und der hierzu ergangenen Dienstanweisung (RES 54-30) geholfen werden.
3.3.3
Sind die zum Leben unabweisbar notwendigen Leistungen eines im Ausland inhaftierten Hilfebedürftigen, welcher zum Zeitpunkt des Beginns der Untersuchungshaft oder der Verbüßung einer Freiheitsstrafe keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatte, nicht sichergestellt und dauert die Notlage länger als zwei Monate, so können entsprechende Leistungen nach § 24 bewilligt werden.
3.3.4
§ 24 stellt auf die Erbringung der Leistung im Ausland ab. Sie kann mithin auch in einem anderen als dem Land, in dem der gewöhnliche Aufenthalt begründet ist, erbracht werden.
3.3.5
Ein im Ausland eingetretener Leistungsanspruch nach § 24 kann auch in Deutschland erfüllt werden, sofern der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland beibehalten wird und die Rückkehr ins Ausland nach erbrachter Leistung weiterhin zwingend notwendig ist. Dies kann nur in Fällen des § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 zutreffen, wenn z. B. eine notwendige Hilfe bei Krankheit der erziehenden Person des Kindes im Land des gewöhnlichen Aufenthaltes nicht durchgeführt werden kann und in Deutschland durchgeführt werden muss. Es ist aber zu beachten, dass aufgrund der auslandsrechtlichen Aufenthaltsbestimmungen eine Rückkehr an den Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes möglich sein muss. Die Leistung umfasst in diesem Fall die Reise- und Behandlungskosten. Ist die Behandlung in einem Nachbarland möglich, gilt Rn. 3.3.4.
3.4 Definitionen unbestimmter Rechtsbegriffe
3.4.1
Der Begriff „außergewöhnlich“ soll deutlich machen, dass es sich um eine über den bisherigen „besonderen Notfall“ hinausgehende Notlage handeln muss. Damit werden die Voraussetzungen der Leistungserbringung weiter eingeschränkt. Allerdings ist der besondere Notfall durch höchstrichterliche Rechtsprechung (BVerwG vom 5.6.1997 – 5 C 4.96; 5.6.1997 – 5 C 3.97) bzw. durch Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte (s. Bayerischer VGH vom 16.12.1996 – 12 CE 95.2728; OVG NRW vom 13.4.1995 – 8 B 2426/94) bereits sehr eng gefasst und mit folgenden Tatbestandsvoraussetzungen belegt:.
Ohne Hilfeleistung im Ausland muss entweder
- eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung existentieller Rechtsgüter, wie Leben, körperliche Integrität und Gesundheit oder
- eine unmittelbare Gefahr für das Leben oder
- ein bedeutender Schaden für die Gesundheit oder für ein anderes vergleichbares existentielles Rechtsgut
drohen.
3.4.2
Rechtliche Gründe sind in der Regel solche, die in den Bestimmungen des Aufenthaltslandes, z.B. in dem alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrecht eines nicht deutschen Elternteils, liegen.
3.4.3
Der Begriff „längerfristig“ ist gesetzlich nicht genau festgelegt. Man wird in der Praxis davon ausgehen können, dass ein Zeitraum von 6 Monaten entweder in der Vergangenheit oder in der Zukunft gegeben sein muss.
3.4.4
Der Begriff der Schwere der Pflegebedürftigkeit ist nicht an die im SGB XI festgelegten Pflegestufen gebunden (Stufe 3 und außergewöhnliche Pflege nach SGB XI lösen allein keinen Anspruch aus). Vielmehr müssen Art, Umfang und Schwere der Pflege so aufwändig und umfassend sein, dass deshalb die Rückkehr nach Deutschland nicht möglich ist. Von einer Rückführung sollte abgesehen werden, wenn wegen der Pflege eine Rückführung mit einer Begleitperson nicht ausreichend ist.
4. Nachrang der Sozialhilfe
4.1 Allgemeines
4.1.1
Bei der Hilfeleistung ist neben dem allgemeinen Nachrangprinzip des § 2 der spezielle Nachrang nach § 24 zu beachten. Danach wird Sozialhilfe nicht geleistet, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen gewährt wird oder zu erwarten ist.
4.1.2
Ferner ist zu prüfen, ob Leistungen deutscher Sozialleistungsträger (s. §§ 18 - 29 SGB I) in Frage kommen.
4.1.3
Ist der Antragsteller Berechtigter nach dem BVG sowie den Gesetzen, welche das BVG für anwendbar erklären (Infektionsschutzgesetz, SoldVG, OEG), so ist zu prüfen, ob Leistungen nach § 64a bis 64f BVG in Fragekommen.
4.2 Leistungen des Aufenthaltslandes
4.2.1
Vorrangig in Anspruch zu nehmen sind vergleichbare Leistungen in
Belgien, Dänemark, Estland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien und Nordirland, Irland, Island, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Spanien und der Türkei aufgrund des Europäischen Fürsorgeabkommens vom 11.12.1953,
der Schweiz aufgrund der Deutsch-schweizerischen Fürsorgevereinbarung vom 14.07.1952, der dazu ergangenen Verwaltungsvereinbarung in der Fassung vom 17.04.1979 sowie der Ergebnisse des 1. bis 7. Meinungsaustausches der Partner der Fürsorgevereinbarung,
Österreich aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege vom 17.01.1966.
4.2.2
Auch in allen übrigen Ländern sind Leistungen vorrangig in Anspruch zu nehmen, die nach deren innerstaatlichem Recht Ausländern zustehen (z. B. Gleichstellung von Deutschen in den USA).
4.2.3
Daher sind Antragsteller zunächst an die zuständige Stelle des Aufenthaltslandes zu verweisen. Bei Vorlage eines Antrages nach § 24 ist darin deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass das Aufenthaltsland entsprechende Leistungen abgelehnt hat bzw. warum Leistungen des Aufenthaltslandes nicht in Frage kommen (z. B. Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Regelung).
4.2.4
Reichen diese Leistungen des Aufenthaltslandes zur Deckung des Bedarfs des Antragsstellers nicht aus, so ist eine Aufstockung durch Sozialhilfe nach § 24 nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Führt diese zu einer Kürzung oder Versagung der Leistungen des Aufenthaltslandes, wird der überörtliche Träger der Sozialhilfe zu prüfen haben, ob die bewilligte Zusatzleistung im Hinblick auf die Anrechnungsvorschriften des Aufenthaltslandes noch sinnvoll ist.
4.2.5
Verweigert das Aufenthaltsland Leistungen oder werden sie nicht rechtzeitig erbracht, ist zu prüfen, ob Leistungen nach § 24 erbracht werden können. Daneben bleibt es dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe unbenommen, ein Verfahren nach
Artikel 9 der deutsch-schweizerischen Fürsorgevereinbarung
Artikel 15 des deutsch-österreichischen Fürsorgeabkommens
Artikel 20 des Europäischen Fürsorgeabkommens
einzuleiten.
4.2.6
Zuwendungen Dritter im Aufenthaltsland sind zu berücksichtigen (vgl. Rn.4.4.)
4.3. Leistungen nach dem Konsulargesetz
4.3.1
Vorrangig sind Leistungen des Bundes nach § 5 KG vom 11.09.1974 (vgl. RES 54-30).
Dies gilt vor allem für einmalige Leistungen an Personen, die keine laufenden Leistungen nach § 24 erhalten oder bei denen die Voraussetzungen für die Bewilligung solcher Leistungen fehlen. Das gleiche gilt für Zahlungen für einen Zeitraum bis zu zwei Monaten, selbst wenn die Voraussetzungen für die Erbringung von Leistungen nach § 24 dem Grunde nach vorliegen würden.
4.3.2
Ferner gehören hierzu die Kosten einer Rückführung in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. Rn. 6 und RES 54-30).
4.3.3
Dauert die außergewöhnliche Notlage, bei der die Voraussetzungen des § 24 erfüllt sind, länger als zwei Monate, ist die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe gegeben; dies gilt auch dann, wenn die Auslandsvertretung nach § 5 KG Hilfen in der Erwartung geleistet hat, dass die Notlage innerhalb von zwei Monaten beseitigt sein würde. In diesen Fällen sind die Aufwendungen der Auslandsvertretung als Vorleistung auf die zu bewilligende Sozialhilfe anzusehen und daher vom überörtlichen Träger der Sozialhilfe zu erstatten.
4.4 Ermittlung und Einsatz des Einkommens und Vermögens
4.4.1
Die nach § 82 Abs. 1 Satz 1 sowie nach § 83 frei bleibenden Einkommensteile werden in der Regel berücksichtigt, soweit sie in gleicher Weise wie das übrige Einkommen geeignet sind, eine außergewöhnliche Notlage abzuwehren.
Die Ausnahmeregelungen des § 90 Abs. 2 finden ebenso keine Anwendung; hinsichtlich der Vermögensgegenstände jedoch, soweit durch die Verwertung die außergewöhnliche Notlage nicht beseitigt werden kann.
Die Regelungen über die Darlehensgewährung (§ 91 ) sind anzuwenden.
4.4.2
Nach § 24 Abs. 3 richtet sich der Einsatz des Einkommens und Vermögens nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland. Die Vorschriften der §§ 19 Abs. 1 und 3, 20 sind sinngemäß anzuwenden.
4.4.3
Bei der Leistung von Hilfe zum Lebensunterhalt wird das nach Rn. 4.4.1 ermittelte Einkommen der Haushaltsgemeinschaft im allgemeinen voll auf den Bedarf angerechnet.
4.4.4
Zur Haushaltsgemeinschaft gehören alle Personen, die mit dem Antragstellerund seinen hilfebedürftigen Angehörigen zusammenleben, auch wenn sie selbst nicht leistungsberechtigt sind. Daher ist auch ihr Einkommen und Vermögen anzugeben.
4.4.5
Zum Einkommen gehören auch Leistungen von Unterhaltsverpflichteten, soweit sie tatsächlich erbracht werden.
4.4.6
Halten sich Unterhaltspflichtige im Geltungsbereich des SGB XII auf, so richtet sich ihre Heranziehung nach deutschem Recht. In diesem Fall gehen die Ansprüche nach § 94 auf den Träger der Sozialhilfe über. Halten sich Unterhaltspflichtige nicht im Geltungsbereich des SGB XII auf, richtet sich ihre Heranziehung und die Durchsetzung des Anspruchs nach
dem Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 02.10.1973 (BGBl. 1986 II. S. 837),
dem Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24.10.1956 (BGBl. 161 II. S. 1013),
Artikel 18 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB),
dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 02.10.1973 (BGBl. 1986 II. S. 826),
dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.04.1958 (BGBl. 1961 II. S. 1006),
dem UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20.06.1956 (BGBl. 1959 II. S. 150) sowie
dem Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten vom 19.12.1986 (BGBl. 1986 I. S. 2563).
4.4.7
Ein Anspruchsübergang nach § 94 ist insofern ausgeschlossen, als in diesen Fällen grundsätzlich das Recht des Aufenthaltsstaates Anwendung findet, in dem der Berechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
5. Art und Maß der Leistung
5.1 Allgemeines
Art und Maß der Leistung richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland (§ 24 Abs. 3). Durch diese Regelung soll der Entwicklung einer Entscheidungspraxis vorgebeugt werden, die unter Berufung auf die Pflicht zur „Berücksichtigung der notwendigen Lebensbedürfnisse eines dort lebenden Deutschen“ generell deutsche Maßstäbe bei der Leistungserbringung mit einbringt und dadurch den Grundsatz der Leistungen nach den Verhältnissen des Aufenthaltslandes unterläuft.
5.2 Arten der Sozialhilfe
5.2.1
Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 kann nur im Einzelfall bei einer unabweisbaren außergewöhnlichen Notlage Sozialhilfe geleistet werden. Es kommen in Betracht:
Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 – 40)
Hilfe bei Krankheit (§ 48)
Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 50)
Hilfe zur Pflege (§§ 61 – 66)
5.2.2
Die Leistungen nach § 24 stehen im Ermessen des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe. Es besteht jedoch ein Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung (§ 39 SGB I). Dabei ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen.
5.3 Maß der Sozialhilfe
5.3.1
Die „besonderen Verhältnisse im Aufenthaltsland“ im Sinne von § 24 Abs. 3 werden von dem dortigen Lebenshaltungsniveau bestimmt. Der in Deutschland bestehende Lebensstandard ist für die Bemessung der Hilfe ohne Bedeutung. Ausnahmsweise können bei der Leistungserbringung (Hafthilfe, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit) nach Maßgabe der „besonderen Verhältnisse im Aufenthaltsland“ bei der Auslegung dieses Begriffs durchaus auch Aspekte der „notwendigen Lebensbedürfnisse eines dort lebenden Deutschen“ berücksichtigt werden, wenn dies nach Lage der Dinge geboten ist. Denkbar sind Fälle von inhaftierten Deutschen in Ländern der Dritten Welt.
5.3.2
Es ist zulässig die Hilfe als Darlehen (§§ 37, 38, 91) zu gewähren. Das Darlehen soll – soweit nach Ortsrecht zulässig – durch dingliche Rechte am Vermögen des Antragstellers gesichert werden. In welcher Weise dies erfolgen kann, ist mit den jeweiligen Auslandsvertretungen abzuklären.
5.3.3
Es empfiehlt sich das Darlehen im Rahmen eines Verwaltungsaktes und nicht im Wege eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages zu bewilligen, damit im Falle des Widerspruchs der Rechtsweg vor deutschen Gerichten eröffnet ist.
5.4 Einzelne Hilfearten
5.4.1 Hilfe zum Lebensunterhalt
5.4.1.1
Bei der Festlegung von Art und Maß der Hilfe sollen die Bestimmungen des 3. Kapitels SGB XII sinngemäß angewendet werden, soweit die besonderen Verhältnisse im Aufenthaltsland dem nicht entgegen stehen.
5.4.1.2
Hat eine Auslandsvertretung mehr als zehn Fälle zu betreuen, für die mehr als zwei überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig sind, sollen für die Leistungen zum Lebensunterhalt Regelsätze gebildet werden (vgl. Rn. Nr. 7.7.2).
5.4.1.2 a.)
Die Bewilligung eines Mehrbedarfs nach § 30 kann im Einzelfall nur auf besonderen Antrag erfolgen, sofern der Bedarf nach Regelsätzen abgegolten wird. Voraussetzung ist hierfür eine ausreichende Begründung, dass im Einzelfall die außergewöhnliche Notlage nur dadurch behoben werden kann, dass neben den Regelsätzen auch ein Mehrbedarf bewilligt wird. In diesem Fall kann die Bemessung des Mehrbedarfes analog den Vom-Hundert-Sätzen des § 30 Abs. 1 bis 3 erfolgen, es sei denn, es besteht im Einzelfall ein abweichender Bedarf. Ein Mehrbedarf nach Abs. 4 kommt regelmäßig nicht in Betracht. Der Mehrbedarf nach Abs. 5 ist im Einzelfall individuell festzulegen. Hinsichtlich des Verfahrens siehe Tz. 7.7.10.
5.4.1.3
Inhaftierte können Leistungen erhalten, wenn aufgrund der Haftbedingungen im Aufenthaltsland der unbedingt notwendige Bedarf nicht gedeckt wird und eine Gefahr für Leib und Leben zu befürchten ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es dem Inhaftierten bzw. seinen Angehörigen überlassen ist, für Nahrung, Hygieneartikel und Kleidung zu sorgen, der deutsche Inhaftierte aber hierzu nicht in der Lage ist und die entsprechenden Leistungen von den Angehörigen nicht zu erwarten sind.
5.4.1.4
Kann sich der Inhaftierte die erforderlichen Mittel durch Arbeit in der Haftanstalt selbst verdienen, so ist Hilfebedürftigkeit nicht gegeben.
5.4.1.5
Ist die Hilfebedürftigkeit darauf zurückzuführen, dass der deutsche Staatsangehörige ungünstigeren als den örtlich vorgesehenen Haftbedingungen unterworfen wird, ist seitens der Auslandsvertretungen gegenüber der Leitung der Haftanstalt zu intervenieren.
5.4.1.6
Nach Bewilligung der Sozialhilfe soll die Auslandsvertretung im Rahmen des Möglichen dafür sorgen, dass sie dem inhaftierten deutschen Staatsangehörigen tatsächlich in vollem Umfange zugute kommt.
5.4.1.7
Die in der Vergangenheit nach dem BSHG gezahlte Weihnachtsbeihilfe entfällt, da sie in dem abschließenden Katalog der einmaligen Leistungen nach § 31 nicht aufgeführt ist. Da sie im übrigen nicht dem unabweisbar notwendigen Bedarf zuzurechnen ist, ist sie auch bei der Bemessung der Regelsätze nicht zu berücksichtigen.
5.4.1.8
Bestattungskosten können – soweit erforderlich –übernommen werden, wenn der überörtliche Träger der Sozialhilfe bis zum Ableben laufende Leistungen der Sozialhilfe erbracht hat. Die Auslandsvertretungen prüfen die Voraussetzungen für die Leistungserbringung nach § 74 (Zumutbarkeit der Verpflichteten).
5.4.2 Hilfe bei Krankheit
5.4.2.1
Bei den Hilfen bei Krankheit soll § 48 sinngemäß angewendet werden. Die notwendigen Kosten sind unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Aufenthaltsland in ortsüblicher Höhe zu übernehmen.
5.4.2.2
Sehhilfen (Brillen) gehören in der Regel nicht mehr zu den Leistungen der Hilfe bei Krankheit (s. Regelungen im SGB V).
5.4.2.3
Die deutschen Auslandsvertretungen haben dafür Sorge zu tragen, dass in Ländern, in denen bi- oder multilaterale Sozialversicherungsabkommen auf dem Gebiet der Krankenversicherung bestehen, Sozialhilfeempfänger nicht besser gestellt werden als die Versicherten des Aufenthaltslandes.
5.4.2.4
In laufenden Sozialhilfefällen kann der zuständige überörtliche Träger der Sozialhilfe auf Antrag der deutschen Auslandsvertretung generelle Anerkenntnisse für laufend entstehende Kosten der Hilfe bei Krankheit abgeben. Diese Anerkenntnisse sollen begrenzt werden auf
a) ambulante Hilfe bei Krankheit außer Zahnersatz,
b) Arzneimittel nach ärztlicher Verordnung,
c) kleinere orthopädische und andere Hilfsmittel bis zu einem Festpreis von 100 €,
d) Akutfälle von Krankenhausbehandlung zum niedrigsten Pflegesatz.
5.4.2.5
Hat der überörtliche Träger der Sozialhilfe kein generelles Kostenanerkenntnis im Sinne von Rn. 5.4.2.4 erteilt, ist grundsätzlich die vorherige Zustimmung des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe einzuholen. Ausgenommen sind Akutfälle.
5.4.2.6
Der vorherigen Zustimmung des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe bedarf es für die Übernahme der Kosten
a) der stationären Behandlung mit Ausnahme der Akutfälle nach Rn. 5.4.2.4 d),
b) des Zahnersatzes und
c) der Hilfsmittel zu einem Preis von mehr als 100 €.
5.4.2.7
Nur wenn sofortige Hilfe bei Krankheit geboten ist und die Zustimmung des zuständigen überörtlichen Trägers der Sozialhilfe vor der Inanspruchnahme der Hilfe nicht eingeholt werden konnte, können die Kosten zwei Monate rückwirkend, gerechnet von dem Tage, an dem der Antrag der deutschen Auslandsvertretung auf Kostenübernahme bei dem zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe eingeht, übernommen werden. In dem nachträglichen Antrag ist darzulegen, dass es sich nur um notwendige Kosten handelt. Von der Zwei-Monatsfrist kann in wohlbegründeten Ausnahmefällen abgewichen werden, wenn die Frist aus Gründen nicht einzuhalten war, die die Auslandsvertretung nicht beeinflussen konnte.
5.4.2.8
Für einmalige oder laufende Hilfen bei Krankheit bis zu zwei Monaten gilt bei Vorliegen der Voraussetzungen § 5 KG (vgl. Rn. 4.3). Deshalb kommt Hilfe bei Krankheit nur für Personen in Betracht,
a) die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt oder eine andere laufende Leistung der Sozialhilfe beziehen oder
b) denen Hilfe bei Krankheit durchgängig für einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten geleistet wird.
5.4.2.9
Alle Belege, wie Arztrechnungen, Rezepte usw. werden von der Auslandsvertretung in der Regel für einen Zeitraum von sechs Monaten nach Abrechnung des Aufwandes aufbewahrt.
5.4.2.10
Die überörtlichen Träger der Sozialhilfe führen auch die Krankenversorgung der Unterhaltshilfeempfänger nach § 276 LAG mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland durch. Näheres regelt der Runderlass über das Verfahren in Lastenausgleichsangelegenheiten (RES 54-11).
5.4.2.11
Krankenversicherungsbeiträge können anstelle sonst notwendiger Hilfe bei Krankheit übernommen werden, wenn dies aus wirtschaftlichen Erwägungen geboten ist. Der Abschluss eines solchen Versicherungsverhältnisses bedarf der ausdrücklichen vorherigen Zustimmung des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe.
5.4.3 Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft
Für die Hilfen bei Schwangerschaft und Mutterschaft gilt § 50 sinngemäß. Soweit eine Orientierung der Leistungen nach § 50 wegen der Verhältnisse im Aufenthaltsland nicht möglich ist, tritt an die Stelle dieser Leistungen die ortsübliche Art der Hilfe, die der Höhe nach angemessen sein muss.
5.4.4 Hilfe zur Pflege
5.4.4.1
Zu den Sozialhilfeleistungen gehört auch die Hilfe zur Pflege gemäß §§ 61 ff. Dieser kommt unter dem Gesichtspunkt des § 24 Abs. 1 Nr. 2 ganz besondere Bedeutung zu (s. z.B. Rn. 3.4.4).
5.4.4.2
Die Hilfe kann häusliche, teilstationäre und stationäre Pflege umfassen. Denkbar wäre auch die Versorgung mit Hilfsmitteln sowie Kurzzeitpflege.
5.4.4.3
Eine Einstufung in Pflegestufen nach dem SGB XI ist in der Regel nicht möglich, weil die dafür zuständigen medizinischen Dienste der Krankenkassen im Ausland nicht vorhanden sind. Hilfsweise kann in diesen Fällen auf die Unterstützung der Vertrauensärzte der Botschaft zurückgegriffen werden.
5.4.4.4
Art und Höhe der Leistung richten sich nach den Verhältnissen im Aufenthaltsland.
6. Sozialhilfe und Rückführung nach Deutschland
6.1
Die Durchführung und Finanzierung einer Rückführung nach Deutschland ist nicht Aufgabe des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe. Rechtsgrundlage ist hierfür das Konsulargesetz.
6.2
Gemäß § 5 Abs. 4 KG kann der Konsularbeamte, in dessen Amtsbezirk ein Hilfebedürftiger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, dem Betroffenen auf dessen Antrag und mit Zustimmung des Auswärtigen Amtes (näheres s. Da zu § 5 KG) die Reise an den Ort des gewünschten Aufenthaltes im Bundesgebiet ermöglichen (vgl. RES 54-30).
6.3
Stimmt das Auswärtige Amt der Rückführung zu, kann sich die Auslandsvertretung bei der Durchführung der Amtshilfe des zuständigen überörtlichen Trägers der Sozialhilfe bedienen (z. B. Reservierung eines Platzes in einem Altenheim usw.).
6.4
Zuständig für die Amtshilfe ist derjenige überörtliche Träger der Sozialhilfe, der bisher Leistungen nach § 24 gewährt hat. Ist vor der Rückführung Sozialhilfe nicht gezahlt worden, so soll die Amtshilfe (z.B. Herstellung von Kontakten zu den Ämtern des künftigen Wohnortes, Hilfe bei der Wohnungs- oder Heimplatzvermittlung) derjenige überörtliche Träger der Sozialhilfe leisten, in dessen Bereich die Rückführung erfolgen soll.
6.5
Die Kosten des Transports von Möbeln, Hausrat und sonstigem Umzugsgut können weder von der Auslandsvertretung im Rahmen des § 5 KG noch vom zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe mangels Rechtsgrundlage im SBG XII übernommen werden.
7. Verfahren
7.1 Antrag, Beginn der Leistung
7.1.1
Gemäß § 24 Abs. 6 arbeiten die Träger der Sozialhilfe mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen. Wegen der Ortsnähe zum Antragsteller kommt der Mitarbeit der Auslandsvertretung bei der Vorbereitung der Entscheidung über die Sozialhilfeleistung besondere Bedeutung zu.
7.1.2
Leistungen nach § 24 sind zu beantragen. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit nimmt die Auslandsvertretung einen Antrag nach dem Formular „Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland gem. § 24 SGB XII“ auf. Für zusammenlebende Angehörige mit deutscher Staatsangehörigkeit genügt die Aufnahme eines Antrages. Der Antrag ist vom Antragsteller bzw. Haushaltsvorstand zu unterschreiben. Der Antragsteller ist darauf hinzuweisen, dass er die Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben am Schluss des Antrages gleichzeitig für seine Angehörigen abgibt.
7.1.3
Für den Beginn der Sozialhilfe gilt, abweichend von § 18, der Tag der Antragstellung (§ 24 Abs. 4 Satz 1). Die Leistung beginnt auch dann mit dem Tage der Antragstellung, wenn der Antrag bei einer Auslandsvertretung gestellt wurde (vgl. § 16 SGB I). Eine Antragstellung bei deutschen Hilfs- oder Wohltätigkeitsvereinen, Vertrauensleuten, Pfarrämtern oder ähnlichen Stellen gilt jedoch nicht als Antragstellung im Sinne des § 24 Abs. 4 Satz 1.
7.2 Prüfung des Antrags, Entscheidung
7.2.1
Die Auslandsvertretung prüft, ob der Antrag vollständig ausgefüllt ist und die Voraussetzungen für die Bewilligung von Sozialhilfe gegeben sind. Sie leitet sodann die Antragsunterlagen mit ihrer Stellungnahme nach dem Formular „Stellungnahme der Auslandsvertretung“ (s. Anlage 6) und einem Vorschlag über die Höhe der Leistung in Euro an den nach Rn. 2.2 zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe oder das Bundesverwaltungsamt weiter. Es erfolgt keine Weiterleitung an das Bundesverwaltungsamt, wenn auch nur ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft im Bundesgebiet geboren ist (vgl. Rn. 2.2.2).
7.2.2
Der Antragsteller ist darauf hinzuweisen, dass – unbeschadet der Möglichkeit zunächst eine Hilfe gemäß § 5 KG in Anspruch zu nehmen (vgl. Rn. 7.4) – die Auszahlung der Sozialhilfe bzw. die Übernahme der Sachleistung erst nach Entscheidung durch den zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe erfolgen kann.
7.2.3
Über den Antrag entscheidet der überörtliche Träger der Sozialhilfe gegenüber dem Antragsteller und informiert die Auslandsvertretung. Ein Anerkenntnis enthält alle Leistungen, für deren Bewilligung die Voraussetzungen nach den vorgelegten Unterlagen im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
7.2.4
Bei laufenden Leistungen ist vom überörtlichen Träger der Sozialhilfe stets der Beginn der Leistung anzugeben (vgl. Rn. 7.1.3).
7.2.5
In das Kostenanerkenntnis wird eine etwa gezahlte Hilfe nach § 5 KG mit einbezogen.
7.2.6
Um Missverständnisse zu vermeiden, wird auf die Aufnahme einer Kursschwankungsklausel verzichtet. Die Auslandsvertretung ist berechtigt, im Anerkenntnis genannte Euro-Beträge in der Landeswährung zum jeweils gültigen Umrechnungskurs (Kurs der letzten Kassenbestandsverstärkung) auszuzahlen (Ausnahme s. Rn. 7.7.3).
7.2.7
Werden während laufender Leistungen weitere Leistungen beantragt, unterrichtet die Auslandsvertretung den überörtlichen Träger der Sozialhilfe unter Beifügung einer Stellungnahme zu dem zusätzlich beantragten Bedarf entsprechend
7.3 Änderung in den Voraussetzungen
7.3.1
Die Auslandsvertretungen prüfen in mindestens jährlichen Abständen, ob die Voraussetzungen für die Fortsetzung der bewilligten laufenden Leistungen noch vorliegen.
7.3.2
Werden der Auslandsvertretung während der Leistungserbringung Umstände bekannt, die eine völlige oder teilweise Einstellung der Leistung erfordern, unterrichtet sie unverzüglich den überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Sie stellt gleichzeitig sicher, dass insoweit Zahlungen vorerst nicht mehr vorgenommen bzw. Sachleistungen nicht mehr erbracht werden. Die endgültige Entscheidung trifft der überörtliche Träger der Sozialhilfe.
7.4 Überbrückungshilfen (Vorauszahlungen)
7.4.1
Die Auslandsvertretungen sind nach dem KG berechtigt, für die Dauer von bis zu zwei Monaten Leistungen zu erbringen. Im Fall der Sozialhilfeleistung wird diese mit den Leistungen der Auslandsvertretung verrechnet.
7.4.2
Kommt zwischen der Auslandsvertretung und dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe eine Einigung über die Erstattung der anerkannten Zahlungen und die Vorauszahlung nicht zustande, ist dem Auswärtigen Amt zu berichten, das sich gegebenenfalls mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe in Verbindung setzt oder Weisung erteilt, wie weiter zu verfahren ist.
7.5 Ablehnung – Widerspruch – Klage
7.5.1
Hält die Auslandsvertretung den Antrag auf Leistungen von Sozialhilfe für offensichtlich unbegründet, so soll sie dies dem Antragsteller mitteilen. Wünscht er dennoch einen förmlichen Bescheid, so leitet die Auslandsvertretung die Antragsunterlagen weiter. Das Gleiche gilt auch, wenn lediglich Zweifel an der Berechtigung des Antrags bestehen. Auf keinen Fall kann die Auslandsvertretung einen Ablehnungsbescheid erteilen, weil sie hierfür nicht zuständig ist.
7.5.2
Sind die Voraussetzungen für Sozialhilfeleistungen nicht gegeben, erlässt der überörtliche Träger der Sozialhilfe einen ablehnenden Bescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung. Die Belehrung soll den Hinweis enthalten, dass der Widerspruch rechtswirksam auch bei der Auslandsvertretung eingelegt werden kann. In einigen Bundesländern ist nach Landesrecht ein gerichtliches Vorverfahren nicht vorgesehen. In diesen Fällen muss die Rechtsmittelbelehrung den Hinweis auf das Recht der unmittelbaren Klage vor dem Sozialgericht (s. Rn. 7.5.5) enthalten.
7.5.3
Der überörtliche Träger der Sozialhilfe leitet den Ablehnungsbescheid in doppelter Ausfertigung der Auslandsvertretung mit der Bitte zu, die Erstausfertigung dem Antragsteller zuzustellen, sofern der überörtliche Träger der Sozialhilfe nicht unmittelbar zustellt. Bei Zustellung über die Auslandsvertretung übersendet diese dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe den Zustellungsnachweis.
7.5.4
Stellt der überörtliche Träger der Sozialhilfe den Ablehnungsbescheid unmittelbar zu, so erhält die Auslandsvertretung eine Mehrfertigung zur Kenntnis.
7.5.5
Legt der Antragsteller Widerspruch bei der Auslandsvertretung ein, so leitet sie diesen unter Angabe des Eingangsdatums und einer Stellungnahme zu dem streitigen Sachverhalt an den überörtlichen Träger der Sozialhilfe weiter. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, richtet sich das weitere Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz, da ab dem 01.01.2005 für Angelegenheiten der Sozialhilfe die Sozialgerichte zuständig sind.
7.6 Abrechnung des Sozialhilfeaufwandes
7.6.1
Die Auslandsvertretung fordert die in jedem Kalenderhalbjahr geleisteten Zahlungen für jeden Sozialhilfefall mit Einzelabrechnung in Euro (unter Angabe des Gegenwertes in Landeswährung) bei dem zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe zur Erstattung an die Legationskasse des Auswärtigen Amtes in Berlin,
Kontoverbindung: Bundesbank Berlin,
Konto Nr.: 100 010 17, BLZ: 100 000 00)
zum Kassenzeichen der zahlenden Auslandsvertretung, (z. B. Abrechnungskonto Oslo), an. Gleichzeitig ist der Legationskasse eine Ausfertigung zuzuleiten.
7.6.2
Sind fünf oder mehr Sozialhilfefälle zwischen einer Auslandsvertretung und demselben überörtlichen Träger der Sozialhilfe anhängig, so fordert die Auslandsvertretung die in jedem Kalenderhalbjahr geleisteten Zahlungen mit einer Sammelabrechnung (s. Anlage 8) in Euro unter Angabe des Gegenwertes in Landeswährung beim zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe zur Erstattung an die Legationskasse des Auswärtigen Amtes in Berlin zum Kassenzeichen der zahlenden Auslandsvertretung (z. B. Abrechnungskonto Buenos Aires) an. Zu gleicher Zeit ist der Legationskasse eine Ausfertigung zuzuleiten. Der Sammelabrechnung sind jeweils die entsprechenden Einzelabrechnungen beizufügen.
7.6.3
Für die Einzel- und Sammelabrechnungen sind Muster (s. Anlagen 7 und 8) abgedruckt. Von diesen Mustern kann abgewichen werden, sofern dies die Arbeit der Auslandsvertretung erleichtert und die jeweils zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe keine Bedenken erheben.
7.6.4
Sofern in einem Abrechnungshalbjahr für mehr als einen überörtlichen Träger der Sozialhilfe Auftragszahlungen geleistet wurden, ist der Legationskasse eine Zusammenstellung der Zahlungen unter Beifügung der für sie bestimmten Ausfertigungen der Anforderungsschreiben zu übersenden.
7.6.5
Die Summen zu a) und b) der Zusammenstellung müssen übereinstimmen und außerdem den tatsächlich gezahlten Beträgen lt. Kontokarte entsprechen. Dies bedeutet, dass keine Zahlungen im Juni und Dezember geleistet und gebucht werden dürfen, die erst im nächsten Halbjahr zur Erstattung angefordert werden. Geschieht dies dennoch, weil der Leistungsempfänger sonst die Zahlung nicht rechtzeitig erhält, sind diese Zahlungen auch für das Kalenderjahr anzufordern, in dem sie geleistet und gebucht wurden, selbst wenn sie erst für das nächste Kalenderjahr bestimmt sind. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass solche Zahlungen im nächsten Halbjahr übersehen werden. Später ist dann das Abrechnungskonto der Vertretung nur mit unverhältnismäßig hohem Verwaltungsaufwand wieder auszugleichen.
7.6.6
In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass nicht die Zahlstelle der Auslandsvertretung, sondern der für die Sozialhilfe zuständige Konsularbeamte für die Festsetzung und Abrechnung der Sozialhilfeleistungen verantwortlich ist. Aus gegebenem Anlass wird darauf hingewiesen, dass diese Tätigkeit und Verantwortung nicht gegen Zahlung von Provisionen auf eine außenstehende Organisation übertragen werden kann.
7.6.7
Die Zahlstelle der Vertretung bucht die gezahlten Sozialhilfekosten in der amtlichen Abrechnung als Auftragszahlung auf einer gesonderten Kontokarte KA 07 „Sozialhilfe für Deutsche im Ausland“. Sofern Sammellisten erstellt werden, kann dies monatlich in einer Gesamtsumme geschehen.
7.6.8
Termin: Die Abrechnungen für das jeweilige Halbjahr müssen der Legationskasse jeweils bis spätestens 15. März bzw. 15. September vorliegen.
7.6.9
Der überörtliche Träger der Sozialhilfe erstattet der Legationskasse des Auswärtigen Amtes (AA) die mit Einzel- bzw. Sammelbuchungen angeforderten Beträge in einer Summe innerhalb einer zur Prüfung angemessenen Frist. Der Schriftverkehr über streitige Posten wird unmittelbar zwischen dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Auslandsvertretung geführt. Beide beteiligen die Legationskasse des AA durch Übersenden von Doppeln ihrer Schreiben. Kommt es zu keiner Einigung, so berichtet die Auslandsvertretung dem AA, Referat 511 (vgl. Rn. 7.4.2).
7.7 Vorortsystem
7.7.1
Für den zwischen den Auslandsvertretungen und den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe zu führenden allgemeinen Schriftwechsel wurde bereits im Jahre 1966 das sogenannte Vorortsystem eingeführt. Danach ist in Fragen von allgemeiner und grundsätzlicher Bedeutung, die über den Einzelfall hinaus oder für eine Mehrzahl von Einzelfällen relevant sind oder werden können, jeweils für ein bestimmtes Aufenthaltsland ein überörtlicher Träger der Sozialhilfe zuständig.
7.7.2
Zu den Fragen von allgemeiner und grundsätzlicher Bedeutung gehört insbesondere die Festlegung und Änderung von
a) Regelsätzen
b) Heizkostenbeihilfen
c) Heimpflegekosten
soweit für ihre Festsetzung ein praktisches Bedürfnis besteht.
7.7.3
Die Auslandsvertretungen sind generell ermächtigt, bei Kursschwankungen die Regelsätze vorübergehend herabzusetzen oder bis zu 20 v. H. aufzustocken. Als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu zwei Monaten.
7.7.4
Verhandlungspartner des Vorortträgers ist, wenn mehrere Auslandsvertretungen in einem Land vorhanden sind, die Botschaft.
7.7.5
Hält eine der im Gastland tätigen Auslandsvertretungen die Sätze für die Leistungen nach Rn. 7.7.2 nicht mehr für angemessen, berichtet sie der Botschaft. Diese stellt zunächst Einvernehmen mit den übrigen Vertretungen im Lande her und verhandelt dann mit dem Vorortträger. Unterschiede in den einzelnen Provinzen des Gastlandes sind dabei in den vorgeschlagenen Sätzen zu berücksichtigen.
7.7.6
Bei dem Vorschlag für die Festsetzung der Regelsätze hat die Auslandsvertretung die notwendigen Lebensbedürfnisse eines im Gastland lebenden Deutschen streng am tatsächlichen Bedarf zum Leben unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Aufenthaltsland (Rn. 5.3.1) zu orientieren.
7.7.7
Die Regelsätze im Ausland können gebildet werden auf der Grundlage des Preisindexes der Lebenshaltung unter Berücksichtigung der Daten zu Mindestlöhnen und –gehältern, Mindestrentensatz sowie Inflationsraten in dem jeweiligen Aufenthaltsland. Die dem Statistischen Bundesamt vorliegenden Verbrauchergeldparitäten (Ergebnisse von Preisvergleichen für Waren und Dienstleistungen der Lebenshaltung) können bei der Ermittlung der Regelsätze herangezogen werden. Dabei sind die im Aufenthaltsland ortsüblichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
7.7.8
Eine Änderung der Regelsätze erfolgt in der Regel auf Vorschlag der Auslandsvertretung, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Unabhängig davon sollte eine Neuberechnung erfolgen, wenn die Berechnungsgrundlagen über eine längere Zeit (fünf bis sechs Jahre) nicht überprüft worden sind.
7.7.9
Für im Ausland Inhaftierte können anstelle von Regelsätzen die im Einzelfall unabweisbar notwendigen Hilfen unter Anwendung eines strengen Maßstabes erbracht werden (z.B. Bekleidungsbeihilfen).
7.7.10
Bei Anträgen auf Bewilligung eines Mehrbedarfes sind neben ausführlicher Begründung folgende Unterlagen vorzulegen:
7.7.10.1
für den Mehrbedarf für Personen über 65 Jahren oder bei voller Erwerbsminderung, die über keinen Schwerbehindertenausweis verfügen und auch diesen im Ausland nicht erhalten können, aber die Voraussetzungen für diesen mit dem Merkzeichen G erfüllen,
- ein ärztliches Attest, welches Informationen über Art und Umfang der Behinderung und insbesondere des Ausmaßes der Gehbehinderung enthält. Die Auslandsvertretung bestätigt, dass nach Inaugenscheinnahme des Antragstellers kein Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des auswärtigen Arztes zur Gehbehinderung besteht. Verfügt die Auslandsvertretung über einen Vertrauensarzt, kann dieser die notwendigen Feststellungen treffen.
7.7.10.2
für werdende Mütter nach der 12. Schwangerschaftswoche
- ein ärztliches Attest,
7.7.10.3
für Personen, die eine kostenaufwendige Ernährung benötigen
- eine ärztliche Begründung und eine Stellungnahme der Auslandsvertretung, dass dadurch die ärztlicherseits bestätigte Krankheit auch im Ausland Mehrkosten durch die Beschaffung der ärztlicherseits für notwendig erachteten besonderen Ernährung entstehen,
7.7.10.4
für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ergeben sich die erforderlichen Informationen aus dem vorliegenden Sozialhilfeantrag.
8. Kostenersatz
8.1 Allgemeines
Der Kostenersatz nach Kapitel 13 Abschnitt 1 SGB XII als eigenständiger öffentlich rechtlicher Anspruch ist zu unterteilen in
- Kostenersatz durch Erben (§ 102)
- Kostenersatz bei schuldhaftem Verhalten (§ 103)
- Kostenersatz für zu Unrecht erbrachte Leistungen (§ 104 )
- Kostenersatz bei Doppelleistungen (§ 105 )
8.2 Kostenersatz durch Erben
8.2.1
Der Erbe der leistungsberechtigten Person oder dessen Ehegatte oder dessen Lebenspartner, falls diese vor der leistungsberechtigten Person sterben, ist zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet. Die Ersatzpflicht geht bis zur Höhe des Nachlasses auf die Erben über. Sie beschränkt sich auf die erbrachten Sozialhilfeleistungen in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall. Der Freibetrag nach § 102 Abs. 1 Satz 2 ist unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Die Erben haften gesamtschuldnerisch.
8.2.2
Die Verpflichtung des Erben zum Kostenersatz nach § 102 steht unabhängig neben der Verpflichtung nach § 103 (Rn 8.3).
8.2.3
Nachlass im Sinne des § 102 ist der Reinnachlass nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten (auch der Beerdigungskosten).
8.2.4
Ob und wie Ansprüche bei im Ausland lebenden Erben durchgesetzt werden können, ist in enger Zusammenarbeit mit der Auslandsvertretung des jeweiligen Landes abzuklären. Für in Deutschland lebende Erben gelten die üblichen Regularien.
8.3 Kostenersatz bei schuldhaftem Verhalten
8.3.1
Eine Kostenersatzpflicht bei schuldhaftem Verhalten liegt vor, wenn die Voraussetzungen für die rechtmäßige Leistung (von der leistungsberechtigten Person oder einem Dritten) vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden sind (§ 103 Abs. 1 Satz 1 ). Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Betroffene die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Erforderlich ist die der jeweiligen Sachlage angemessene Sorgfalt, die nach allgemeiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles und der Person des Betroffenen hätte erwartet werden können. Das Verhalten ist als sozialwidrig anzusehen. Die Hilfegewährung ist unmittelbare Folge des schuldhaften Verhaltens.
8.3.2
Verpflichtung zum Kostenersatz liegt auch vor, wenn die leistungsberechtigte Person bzw. deren Vertreter (z.B. Eltern, Betreuer) die Rechtswidrigkeit des der Leistung zugrundeliegenden Verwaltungsaktes kannte (§ 103 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative), ohne die Rechtswidrigkeit verursacht zu haben oder die leistungsberechtigte Person bzw. deren Vertreter die Rechtswidrigkeit des der Leistung zugrundeliegenden Verwaltungsaktes infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 103 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative), ohne die Rechtswidrigkeit verursacht zu haben.
8.3.3
Von der Heranziehung zum Kostenersatz kann im Ermessenswege abgesehen werden, wenn dies eine Härte bedeuten würde. Eine Härte ist z.B. anzunehmen, wenn der Zusammenhalt der Familie durch die Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs gefährdet wäre.
8.3.4
Der Kostenersatz durch Erben bei schuldhaftem Verhalten der Leistungsempfänger oder Dritten geht bis zur Höhe des Nachlasses auf die Erben über. Diese haften gesamtschuldnerisch. Der Anspruch auf Kostenersatz erlischt in drei Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Sozialhilfeleistung ausgezahlt bzw. dem Konto gutgeschrieben wurde (§ 103 Abs. 3 Satz 1). Die zum Kostenersatz nach § 103 Abs. 1 und zur Erstattung derselben Kosten nach § 50 SGB X Verpflichteten haften als Gesamtschuldner.
8.4 Kostenersatz für zu Unrecht erbrachte Leistungen
8.4.1
Der Gesetzgeber erfasst diejenigen Personen, die durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten eine zu Unrecht erbrachte Sozialhilfeleistung an andere herbeigeführt haben.
8.4.2
Da die Leistung zu Unrecht erbracht wurde, ist die Aufhebung des rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach §§ 45, 48 SGB X erforderlich. Außerdem ist zu prüfen, ob Kostenersatz nach § 50 SGB X gegenüber dem Leistungsbezieher geltend gemacht werden kann. Daneben ist gegenüber dem Verursacher der Kostenersatz nach § 104 geltend zu machen.
8.4.3
Zum Kostenersatz nach § 104 und zur Erstattung derselben Kosten nach § 50 SGB X Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
8.5 Kostenersatz bei Doppelleistungen
Hat ein vorrangig verpflichteter Leistungsträger in Unkenntnis der Leistung des Trägers der Sozialhilfe an eine leistungsberechtigte Person Leistungen erbracht, ist diese Person zur Herausgabe des Erlangten an den Träger der Sozialhilfe verpflichtet. Die Einschränkung des § 105 Abs. 2 für die Kosten der Unterkunft findet keine Anwendung.
9. Kostenbeteiligung des Bundes
Die bis zum 31.05.1962 (Inkrafttreten des BSHG) geltende Regelung über die Kostenbeteiligung des Bundes an den Aufwendungen der Leistungen (Sozialhilfe) für bestimmte Deutsche im Ausland einschließlich der Krankenversorgung der Unterhaltshilfeempfänger nach § 276 LAG wird fortgesetzt. Der Umfang der Kostenbeteiligung ergibt sich nach Ziffer 2 des Rundschreibens des BMI vom 24.07.1962 (s. Anlage 10).
10. Übergangsregelungen
10.1 § 132 Abs.1 SGB XII / § 147b BSHG
10.1.1
Durch den Verweis in § 132 Abs.1 auf § 147b BSHG in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung gilt diese Übergangsregelung zur damaligen Änderung des § 119 des BSHG durch das Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 weiter und „verlängert“ die Besitzstandsregelung für den hierunter fallenden Personenkreis.
10.1.2
Unter diese Übergangsregelung fallen Personen, die bereits am 01. Juli 1992 Leistungen nach der seinerzeitigen Fassung von § 119 BSHG bezogen haben, zu diesem Zeitpunkt das 60. Lebensjahr vollendet hatten oder Hilfe in einer Anstalt oder gleichartigen Einrichtung erhielten und seither fortdauernd Sozialhilfe im Ausland bezogen haben.
10.1.3
Hinsichtlich der Höhe der Leistungen sind für den Personenkreis der Übergangsregelungen nach Rn. 10.2 und 10.3 die gleichen Maßstäbe anzulegen, wie bei den Leistungen nach § 24.
10.2 § 132 Abs. 2 SGB XII
Die Vorschrift enthält in Satz 1 die Übergangsregelung für die Fälle, in denen vor Inkrafttreten des § 24 Sozialhilfe an Deutsche im Ausland geleistet wurde und für die ein ausreichender Vertrauensschutz gewährleistet werden soll. Danach können Deutsche im Ausland bei fortdauernder Bedürftigkeit weiterhin unbefristet Sozialhilfeleistungen nach dem bis dahin geltenden § 119 BSHG erhalten, wenn sie vor dem 01. Januar 2004 mindestens 24 Kalendermonate lang (also vom 01.01.2002 bis 31.12.2003) ohne Unterbrechung Leistungen nach § 119 BSHG in der am 31.12.2003 geltenden Fassung bezogen haben und in dem Aufenthaltsstaat über eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung verfügen. Zum Vorliegen einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung s. auch Rundschreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung an die überörtlichen Sozialhilfeträger vom 01.03.2004 – Az.: 521. (s. Anlage 11)
10.3 § 132 Abs. 3 SGB XII
Diese Regelung hat im bisher geltenden Recht keine Parallele, stellt auf den Personenkreis des § 1 Bundesentschädigungsgesetz ab und bezweckt, dass Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung auch dann, wenn sie bislang keine Sozialhilfe im Ausland bezogen haben oder nicht die Voraussetzungen des § 132 Abs. 1 oder Abs. 2 Satz 1 oder des § 24 erfüllen, weiterhin in außergewöhnlichen Notlagen Sozialhilfe im Ausland erhalten können, wenn sie vor dem 1. Januar 1950 Deutschland verlassen haben und in dem Aufenthaltsstaat über ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht verfügen. Es gilt jedoch § 24 Abs. 2.
10.4 § 133 SBG XII
10.4.1
Die bisherige Regelung des § 119 Abs. 7 BSHG ist nunmehr in § 133 in das Übergangsrecht übernommen und als besondere Form der Hilfegewährung normiert worden. Es handelt sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Vorschrift, die als Rechtsfolge „besondere Hilfen“ vorsieht, deren Höhe sich nach den im Aufenthaltsstaat in vergleichbaren Lebensumständen üblichen Leistungen bemisst.
10.4.2
Die Auslandsvertretungen in dem im Gesetz genannten Gebiet sind gehalten, die in dieser Vorschrift genannten Deutschen an das Deutsche Rote Kreuz, Generalsekretariat, Suchdienst Hamburg, zu verweisen.
11. In Kraft treten
Diese Konkretisierung tritt mit Wirkung vom 21.12.2005 in Kraft.