Wer die Verkehrsleitzentrale der Polizei Hamburg betritt, bemerkt sofort die eindrucksvolle Bildschirmwand am Ende des Raumes. Dutzende Videos von Kreuzungen, Straßenzügen und Tunneln sind hier gleichzeitig zu sehen. Auf den großen Schreibtischen stehen mehrere Bildschirme nebeneinander aufgereiht, im Hintergrund läuft leise Musik. Der graue Teppichboden dämmt die leisen Gespräche, die nebenbei geführt werden.
Insgesamt arbeiten hier 23 Beamt*innen, wobei die Zentrale zu jeder Tages- und Nachtzeit mit mindestens drei Personen besetzt ist. Sie sorgen für einen möglichst ungestörten Verkehrsfluss und sind natürlich auch für die Sicherheit auf Hamburgs Straßen zuständig. Die Arbeitsplätze sind auf die große Bildschirmwand ausgerichtet – so haben alle die Hauptverkehrsstraßen jederzeit im Blick.

Passiert ein Unfall, wird es in der Zentrale sehr ruhig, erzählt Polizeioberkommissar Jürgen Otten. Das ganze Team arbeitet dann hochkonzentriert zusammen. Es ist wichtig, dass Rettungskräfte und Polizei möglichst schnell am Unfallort eintreffen. Gleichzeitig gilt es lange Staus zu vermeiden. Falls nötig, sorgt die Verkehrsleitzentrale deshalb dafür, dass der Verkehr umgeleitet wird oder die Ampelschaltungen angepasst werden. Außerdem werden Verkehrsstörungen elektronisch an die Radiosender übermittelt, damit diese die Verkehrsteilnehmenden informieren.
Maßnahmen auf der Autobahn und in der Stadt
Auf Ottens Schreibtisch stehen sechs Bildschirme nebeneinander. Die Verkehrskameras kann er nach Belieben bewegen und den Bildausschnitt per Zoom vergrößern oder verkleinern. Auch hier in der Zentrale tragen die Beamt*innen ihre dunkelblauen Uniformen. Alle Mitarbeitenden in der Zentrale haben vorher schon viele Jahre im Streifendienst gearbeitet.
Die Störungs- und Unfallmeldungen bekommen die Beamt*innen über das Polizeieinsatzsystem zugespielt. Mit etwas Glück kann die Zentrale dann die Örtlichkeit mit einer der über hundert Verkehrskameras einsehen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Ist es beispielsweise erforderlich eine Autobahnspur zu sperren, kann die Zentrale innerhalb weniger Sekunden die elektronischen Anzeigen auf den Schilderbrücken ändern.
Über die Verkehrskameras kann auch festgestellt werden, ob die Feuerwehr ausrücken muss, beispielsweise wenn nach einem Unfall größere Mengen Öl auslaufen. Auch wie viele Einsatzkräfte vermutlich vor Ort gebraucht werden, kann so schnell eingeschätzt werden. All das passiert schon, bevor die Einsatzkräfte überhaupt am Unfallort eintreffen.
Da die Beamt*innen in der Zentrale auch gebraucht werden, wenn es zum Beispiel zu schweren Unfällen kommt, beobachten sie oftmals auch die Momente kurz danach. Sobald eine Meldung über einen Unfall bei ihnen einläuft, schalten sie sich über die Kameras dazu. Der Unfall ist dann zwar schon passiert, doch auch die darauffolgenden Minuten können fordernd sein, berichtet Otten. Vor allem, wenn Menschen in Panik ausbrechen und das über die Live-Bilder beobachtet werden kann. Otten sagt, es ist in diesen Momenten besonders wichtig ruhig zu bleiben und alle Beteiligten zu schützen so gut es geht.
Unterstützung durch Künstliche Intelligenz
In Hamburg gibt es rund 1800 Knotenpunkte, die besonders wichtig sind. Auf 95 Prozent dieser Punkte kann die Zentrale zugreifen. Das zahlt sich aus: Jährlich werden rund 90.000 Ampelschaltungen aufgrund akuter Störungen manuell angepasst. “Das funktioniert händisch durch die lange Erfahrung besser als mit Künstlicher Intelligenz”, versichert Otten. Anders ist das bei den Tunneln: Hier erkennt eine KI Rauchentwicklung, verirrte Fußgänger*innen und Falschfahrende und schlägt Alarm.
Polizeioberkommissar Otten schätzt an seinem Job besonders die Teamarbeit. “Stressig ist es hier eigentlich nie”, sagt er. In angespannten Situationen würden alle höchst konzentriert zusammenarbeiten. Anders als bei seiner früheren Arbeit im Streifenwagen, würden hier zudem die positiven Erlebnisse überwiegen, einfach weil man in der Zentrale schnell Gutes bewirken kann. Über die Bilder der Videokameras erkennen die Beamt*innen schon nach ein paar Minuten, ob sie die richtige Entscheidung getroffen haben. “In Hamburg ist die Arbeit besonders effektiv, weil es eine hohe Kameradichte und viele Schilderbrücken auf Autobahnen gibt”, erzählt er.
Bei so vielen Kameras in ganz Hamburg stellt sich die Frage, was man neben dem normalen Autoverkehr eigentlich sonst noch zu Gesicht bekommt. Auch wenn die Bilder nicht aufgezeichnet, sondern live übertragen werden, wird manchmal Kurioses beobachtet. Otten erinnert sich an zwei Situationen zurück: Vor ein paar Jahren seien Wildschweine im Hafen umhergelaufen, die sich dann in den Elbtunnel verirrt hätten. Ein anderes Mal wurde ein Überfall auf eine Fast-Food-Filiale beobachtet: “Über die Kameras konnten wir den Fluchtweg des Täters verfolgen und beobachten, wie er sich hinter einer Mülltonne versteckt hat.” So konnte der Täter von den Kolleg*innen vor Ort geschnappt werden.